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Der Wechsel von Granit Xhaka zu Arsenal ist in trockenen Tüchern. Der Schweizer Nationalspieler wechselt für die Rekordsumme von 45 Millionen Euro in die englische Premier League. Dass die «Gunners» so viel hinblättern, erstaunt nicht: In seiner Preisklasse bewegten sich nur einige wenige zentrale Mittelfeldspieler seines Alters, welche nicht schon bereits bei Topvereinen agieren. Der Wechsel zu Arsenal passt ausserdem wie die Faust aufs Auge. Für die «Gunners» war er fast schon ein Pflichtkauf.
Seit Jahren fordern die Fans Arsenals einen Abräumer im zentralen Mittelfeld. Mathieu Flamini oder Francis Coquelin kamen diesem Spielertyp schon sehr nahe, doch Wenger baut grundsätzlich auf andere Akteure im Mittelfeld. Die Sechs gilt defensiv häufig als Schwachstelle des englischen Vizemeisters, aber für Wengers Spielphilosophie ist ein anderer Typus vonnöten.
Will Arsenal's new signing turn them into title contenders? Well if anyone can, Xhaka can....
— Gary Lineker (@GaryLineker) 25. Mai 2016
Nicht umsonst waren es in den letzten Jahren vornehmlich Mikel Arteta, Santi Cazorla, Aaron Ramsey und Jack Wilshere, welche die Doppelsechs im 4-2-3-1 bildeten. Sogar in den Spielen mit einem 4-1-4-1 wurde meist auf Arteta gesetzt. Ausserdem holte man sich mit Mohamed Elneny vom FC Basel einen weiteren spielstarken Akteur für die Sechs – und keinen Abräumer.
Xhaka verbindet diese beiden Welten jedoch. Am ehesten ist der 23-Jährige mit Spielern wie Xabi Alonso zu vergleichen. Dieser hatte bekanntlich in England beim FC Liverpool grosse Erfolge gefeiert. Wie Alonso ist Xhaka prinzipiell ein tiefer Spielmacher im zentralen Mittelfeld, der sich durch enorme Präsenz und seine langen Bälle auszeichnet. Doch beide können im Spiel gegen den Ball weite Räume kontrollieren, sich aus der Mittelfeldposition herausbewegen und den Zweikampf suchen oder gegnerische Pässe im Zentrum abfangen.
Bisweilen steht Xhaka sogar unter Verdacht, etwas zu aggressiv und ungestüm gegen den Ball zu arbeiten. 25 gelbe Karten, vier gelb-rote Karten und ein direkter Platzverweis in 86 Spielen in der Bundesliga bezeugen dies. In England sollte dies weniger zum Problem werden. Seine Spielweise passt auch sehr gut ins Kader Arsenals.
Was den Gunners bisher fehlte, war ein weiträumiger Spielmacher aus der Tiefe. Ob Cazorla, Wilshere, Ramsey, Arteta oder Elneny: Sie alle stellen einen Spielertypen dar, der sich in eher kleineren Räumen wohlfühlt, dort die Bälle verteilt oder – wie Wilshere – oft Vorstösse durch das Dribbling sucht. Flamini und Coquelin sind wie erwähnt schlichtweg nicht so spielstark.
Xhaka bringt somit eine andere Dimension ins Aufbauspiel, welche auch in Anbetracht der eher simpel aufbauenden Innenverteidiger benötigt wird. Gleichzeitig ist Xhaka defensiv über den spielstärkeren Optionen im Zentrum anzusiedeln. Das ermöglicht Arsenal nun mehr Flexibilität. Wenger wechselt meist zwischen einem 4-2-3-1 und einem 4-1-4-1. Beide Systeme profitieren von einer Verpflichtung Xhakas.
Im 4-2-3-1 würde Xhaka die Rolle des tieferen Sechsers übernehmen, allerdings immer wieder mit nach vorne stossen können, wenn sein Partner ihn absichert. Primär würde Xhaka jedoch Ramsey, Cazorla oder Wilshere den Rücken freihalten. Sie zeichnen sich durch ihre seltenen Eigenheiten im Spiel nach vorne aus, wie beispielsweise Torgefahr (Ramsey), Dribbelstärke (Wilshere) und Kreativität (Cazorla).
Noch interessanter ist Xhaka im 4-1-4-1. Als tiefer Sechser vor der Abwehr könnte er die Bälle verteilen und mit zwei weiteren spielstarken Akteuren – ob Cazorla, Ramsey, Wilshere oder sogar Özil – für eine präsente Spielfeldmitte sorgen. Defensiv wäre man schwieriger zu knacken und würde sogar an offensiver Durchschlagskraft gewinnen.
Natürlich ist bei Transfers in die englische Liga immer die Frage, ob sich der jeweilige Spieler zurechtfinden wird. Prinzipiell sollte Xhaka sehr gut in diese Liga passen. Gelegentlich ist er unter Druck anfällig für Ballverluste, das dafür benötigte Pressing spielen jedoch nur einige wenige Mannschaften in England auf dem Niveau der Bundesliga oder Primera Division. Spielertypen wie Xhaka gibt es nur selten, doch von seinem Fähigkeitenprofil her müsste er eigentlich ein Topeinkauf sein.
Die Frage ist, wie Xhaka als Mensch mit der Umstellung umgehen wird. Gewöhnt er sich schnell ans Klima, die Infrastruktur, Mit- und Gegenspieler, sollte es bei passender Einbindung und körperlich fitem Zustand keine Probleme geben. Diese kommen erst auf höherem Niveau.
Eine Mannschaft wie Arsenal hat – insbesondere bei solch kostspieligen Transfers – den maximalen Erfolg im Kopf. Welcher Spieler hebt die Mannschaft auf ein solches Niveau, dass es eine reelle Chance auf einen nationalen oder europäischen Titel gibt? Xhaka ist diesen Beweis noch ausständig geblieben. Zwar kann er gegen viele Gegner dank seines Passspiels und seiner Raumkontrolle ohne Ball den Unterschied ausmachen, gegen gleichstarke oder bessere Gegner könnte seine Spielweise jedoch zu einem Bumerang werden.
Wird Xhaka zu sehr im Aufbauspiel forciert und von starken, kompakt verteidigenden Gegnern richtig gepresst, wird aus dem herausragenden Spielgestalter plötzlich ein Akteur, der seine Stärken nur punktuell einbringen kann und mit einigen Ballverlusten Spiele verlieren kann. Zwei Punkte sind allerdings anzumerken.
Mit Özil, Ramsey, Wilshere und Co. kann man sich solchen Spielen simpel anpassen und Xhaka sehr gut unterstützen. Besonders bei einer Ausrichtung auf weniger Ballbesitzund mehr Konter in Topspielen würde sich Xhaka hier wieder lohnen. Ausserdem ist Xhaka noch sehr jung. Entwickelt er sich passend und beseitigt diese Schwächen, wird er sicherlich zu einer Stütze der Gunners.