Mit dem Turniersieg in Abu Dhabi Anfang Februar hat Belinda Bencic ihrem Comeback auf der WTA-Tour als Mutter eigentlich schon die Krone aufgesetzt. «Ich habe das wirklich nicht erwartet», sagte die 27-jährige Schweizerin im Podcast «Tennis Insider Club» der französischen Profispielerin Caroline Garcia. Sie sei einfach sehr entspannt gewesen und habe im Turnierverlauf nicht zu viel nachgedacht. «Ich konnte mich darauf konzentrieren, was ich machen muss, um gut zu spielen.»
Es sei witzig gewesen zu beobachten, wie sich die Meinungen im Verlauf dieses Turniers verändert hätten, sagt Bencic. «Vorher haben viele gesagt, es ist unmöglich, nach der Geburt nochmals dieses Niveau zu erreichen. Jetzt sagen sie, ich könne doch noch einen Grand-Slam-Titel gewinnen.» Sie sei aber nicht auf die WTA-Tour zurückgekehrt, um jemandem etwas zu beweisen, sondern weil sie als Tennisspielerin glücklich sei. Bencic sagt aber auch klar: «Die Priorität wird immer bei meiner Tochter Bella liegen. Wenn ich das Gefühl habe, Tennis und Familie lassen sich nicht mehr vereinen, dann höre ich auf.»
Solange diese Möglichkeit aber noch besteht, werde sie es geniessen. Die Olympiasiegerin von 2021 ist sich sicher, dass die Mutterschaft ihr auch auf dem Platz hilft. «Früher ging es für mich auf dem Platz um Leben und Tod. Jetzt empfinde ich das überhaupt nicht mehr so», sagt Bencic.
Als konkretes Beispiel nennt die Schweizerin den United Cup zum Saisonstart in Australien. Dort verlor sie gegen die Italienerin Jasmine Paolini klar und deutlich mit 1:6 und 1:6. «Früher wäre ich am Tag danach am Boden zerstört in meinem Zimmer gesessen und hätte analysiert, was ich besser hätte machen können», erzählt Bencic. Nun hätten sie stattdessen einen wunderbaren Familientag am Strand verbracht. Das bedeute nicht, dass ihr Tennis nicht mehr wichtig sei, aber: «Es gelingt mir besser, den Sport als Arbeit zu sehen und das mit dem Privatleben zu balancieren.»
Dadurch sei sie auch auf dem Platz ruhiger geworden. Tennis sei ein extrem emotionaler Sport und durch diese neue Ausgeglichenheit spare sie auch Energie. «Tennis macht uns zu Psychopathen. Aber ich versuche, keine Rackets mehr rumzuwerfen, weil ich nicht will, dass Bella das sieht», erklärt Bencic mit einem Lachen.
Sie sei schon vor der Geburt ihrer Tochter glücklich gewesen mit ihrem Leben als Tennisspielerin und sie bereue nichts. Auch weil sie durch den Sport Erlebnisse gehabt und Orte gesehen habe, von denen andere Menschen im gleichen Alter nur träumen können. Aber natürlich habe es immer auch negative Dinge gegeben. «Ich war vor den Spielen beispielsweise oft so nervös, dass ich mich beinahe übergeben habe. Ich habe dieses Gefühl gehasst», erzählt die aktuelle Nummer 58 der Welt. Jetzt sei die Nervosität eine andere: «Ich hoffe, immer mein bestes Tennis zu zeigen. Aber ich habe keine Angst mehr vor Niederlagen.»
Ob Töchterchen Bella irgendwann auch Tennisspielerin wird? «Darüber denke ich jeden Tag nach», sagt Bencic. Vermutlich lasse es sich nicht verhindern, dass sie irgendwann auch mal einen Schläger in die Hand nehme, wenn sie die ersten Jahre ihres Lebens mit ihnen auf der Tour verbringe. «Wenn sie Profi werden möchte, werde ich alles dafür tun, um ihr das zu ermöglichen. Aber meinetwegen muss sie das nicht, ich weiss, wie schwer dieser Weg ist.» Bencic hofft einfach darauf, dass ihre Tochter irgendeine Sportart betreibt: «Sport ist eine gute Lebensschule. Man lernt Disziplin, Durchhaltewillen und Widerstandsfähigkeit.»
Gemeinsam mit Garcia blickt die Schweizerin auch auf die Zeit zurück, als sie von ihrem Vater Ivan Bencic trainiert wurde. «Mittlerweile weiss ich, dass mein Vater immer mein Bestes im Sinn gehabt hat. Als Teenager mit 17 oder 18 Jahren habe ich nicht immer so gedacht und ich war auch nicht immer besonders nett zu ihm», sagt Bencic.
Mittlerweile dominiere die Dankbarkeit gegenüber ihren Eltern. Sie hätten beide sehr viel geopfert, um ihr und ihrem Bruder Brian alle Träume zu ermöglichen. «Jetzt, wo ich selbst Mutter bin, verstehe ich das noch mehr», sagt Bencic. Heute sei das Verhältnis zu Vater Ivan wieder sehr gut: «Er ist immer dabei, und ich kann ihn immer um Rat fragen, wenn ich es brauche.»
Bencic und ihr Mann Martin Hromkovic wollen es auch nicht bei Bella belassen. Die Schweizerin sagt mit einem Lachen: «Wir wollen sicher noch mehr Kinder haben, aber dafür haben wir jetzt noch einige Jahre Zeit.»