Wenn Rafael Nadal in Paris den Platz betritt, gehört es zu den Klassikern, dass der Ansager alle Jahre aufzählt, in denen der Spanier die Coupe des Mousquetaires gewonnen hat. Vierzehn sind es an der Zahl. Und alleine dieses Ritual dürfte dem einen oder anderen Antipoden den Angstschweiss ins Gesicht getrieben haben, bevor der erste Ballwechsel gespielt war.
Nicht Alexander Zverev. Im dritten Anlauf bezwingt der Deutsche Nadal erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier. Und das nicht irgendwo, sondern in Roland Garros, wo Nadal seit 2005 nur drei Mal verloren hat: 2009 gegen den Schweden Robin Söderling, 2015 und 2021 gegen den Serben Novak Djokovic.
Im ersten Satz gelangen Zverev zwei Breaks. Im zweiten konnte Nadal beim Stand von 5:4 zum Satzausgleich servieren, musste aber das Rebreak hinnehmen und verlor danach auch das Tiebreak. Auch im dritten Satz lag der Spanier, der am Freitag seinen 38. Geburtstag feiert, mit einem Break vorne.
Am Ende aber setzte sich Alexander Zverev 6:3, 7:6, 6:3 durch. In 67 Grand-Slam-Turnieren hatte Nadal 65 Mal die Startrunde überstanden. Nur 2013 bei den Australian Open in Melbourne gegen Landsmann Fernando Verdasco und drei Jahre später in Wimbledon gegen den Belgier Steve Darcis war er so früh gescheitert, aber nie in Paris.
2022 hatte Nadal in Roland Garros zum 14. Mal gewonnen. Nun deutet vieles darauf hin, dass er zum letzten Mal in Paris gespielt hat. Zumindest gingen alle davon aus. Auch er, als er Ende des letzten Jahres ankündigte, 2024 werde er sich wohl zurückziehen, als er sagte: «Ich möchte mich bei den Turnieren verabschieden, die für meine Karriere wichtig waren.» Und er wolle es geniessen.
Auch deshalb waren sie an diesem Dienstag alle gekommen: Mit Novak Djokovic und Iga Swiatek sassen die Nummern 1 der Männer und Frauen im Publikum. Mit Carlos Alcaraz sein um 17 Jahre jüngerer Landsmann, der schon die US Open und in Wimbledon gewonnen hat.
Als die Partie sich dem Ende zuneigte, als klar war, dass Nadal verlieren würde, da sass auch sein 18 Monate alter Sohn Rafa Junior auf dem Schoss seiner Mutter Xisca in der Box. Es ist ein Moment, an den er sich wohl nicht erinnern wird, aber einer, bei dem es seinem Vater wichtig war, dass er dabei ist. Weil es vielleicht doch ein Abschied für immer war.
Sicher ist: In wenigen Wochen will Rafael Nadal noch einmal in Paris antreten, auf der Anlage der French Open, wo die Olympischen Spiele ausgetragen werden. 2008 hatte der Spanier in Peking Gold im Einzel gewonnen, acht Jahre später in Rio de Janeiro liess er Gold im Doppel folgen.
Noch einmal für Spanien anzutreten, das bleibt das Ziel des 22-fachen Grand-Slam-Siegers, der derzeit nur noch im 247. Rang der Weltrangliste geführt wird.
Nur: Hört Rafael Nadal wirklich auf? Spielte er tatsächlich ein letztes Mal in Paris? «Es ist sehr wahrscheinlich. Aber ich kann es nicht zu hundert Prozent sagen. Ich möchte die Türe nicht ganz schliessen», hatte er vor dem Turnier gesagt. Und Turnierdirektorin Amélie Mauresmo mitgeteilt, dass er keine Zeremonie wünsche, falls er verlieren sollte.
Und dabei blieb er auch, als er doch ein Mikrofon in die Hand gedrückt bekam. Also sagte Nadal, überwältigt von den Emotionen, für einmal auf Französisch: «Falls es mein letztes Spiel hier war, kann ich nur Merci sagen. Die Unterstützung in dieser Woche war grossartig.» Und dann sagte er, was alle hören wollten: «Ich hoffe, wir sehen uns im nächsten Jahr.»
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— Roland-Garros (@rolandgarros) May 27, 2024
Ob seine Karriere weitergehe, ob er noch einmal in Paris spielen werde, hänge nicht alleine vom Ausgang dieses Turniers ab, stellte Nadal schon im Vorfeld klar. «Es geht um mein persönliches Gefühl.» Nicht nur um Sieg oder Niederlage.
Noch sagt Rafael Nadal nicht Adieu. Noch ist es ein Au revoir.