Roger Federers Traum von einer Villa am Zürichsee dürfte ihn mittlerweile fast so viele Nerven gekostet haben wie die Duelle mit Rafael Nadal oder Novak Djokovic. Einsprachen, alte Richtpläne und ein Uferweg-Streit schoben den Bau seines Anwesens in Rapperswil-Jona SG seit 2019 immer wieder hinaus. Die Pandemie tat ihr Übriges.
Die vielen Verzögerungen wurden unter den Einheimischen schnell zum Running Gag. Es hiess in Anlehnung an den Klassiker von Autor Samuel Beckett: «Warten auf Federer» (statt auf Godot). Ein Hotel zog an einer viel befahrenen Strasse am Stadtrand gar ein riesiges Plakat hoch mit der Botschaft: «Lieber Roger! Bis dein Haus hier fertig ist, kannst du dich bei uns zurückziehen.»
Das wird wohl nicht mehr nötig sein. Auf der Baustelle ging es in den vergangenen Monaten sichtbar voran. Kräne, Bagger und Container stehen zwar immer noch auf dem Grundstück, doch neue Luftaufnahmen zeigen nun erstmals das ganze Ausmass des Projekts.
Arbeiter stampften in kurzer Zeit quasi eine kleine Stadt aus der Baugrube. Sechs ein- bis zweistöckige Gebäude, eine Tiefgarage und Sportanlagen umfasst das neue Anwesen der Familie: Federer-City direkt am Zürichsee. Selbst der Pool in der Nähe des Ufers ist schon zu erkennen.
Wer neben Roger, Mirka und den vier Kindern einziehen wird, ist nicht bekannt. Platz genug für Eltern, Freunde und Angestellte hätte es auf dem 16'000 bis 18'000 Quadratmeter umfassenden Areal allemal.
Natürlich dürfen in Rogers Welt die Tennisplätze nicht fehlen. Einer soll indoor entstanden sein, berichtet eine am Bau beteiligte Person. Über einen zweiten Court in Nähe der Strasse wird spekuliert. Letztlich ranken sich aber viele Gerüchte um Federers Grundstück.
So auch um den Kaufpreis: Auf zwischen 40 bis 60 Millionen Franken schätzen Experten die Summe, die Federer 2019 einer Erbengemeinschaft für das Areal bezahlt hatte. Die hohen Ausgaben dürfte die Sportikone aber gut verkraften. Gemäss dem Wirtschaftsmagazin «Bilanz» ist Federer rund 750 Millionen Franken schwer. Allein sein Vertrag mit der japanischen Kleidermarke Uniqlo bringt ihm über zehn Jahre hinweg 300 Millionen Franken ein.
Der Tennisstar äussert sich öffentlich nicht zum Bauprojekt, vielmehr geniesst er seit seinem Karriereende die Zeit mit der Familie. Im Interview mit «CH Media» sagte Federer kürzlich: «Mit den Kindern spiele ich viel und gerne, ja. Aber bisher habe ich noch nie einen Platz gemietet, um mit Freunden spielen zu gehen.»
Sein neues Zuhause könnte es ihm da einfacher machen. Mieten muss er dann nichts mehr – und auch Freunde sind ganz in der Nähe. Der schweiz-brasilianische Milliardär und Bierbaron Jorge Paulo Lemann lebt nur wenige hundert Meter entfernt, ebenfalls in einer Villa am Seeufer. Und direkt am Wasser besitzt Lemann eine Seltenheit in der Schweiz: einen Rasenplatz. Federer hat sich hier schon vor Jahren auf Wimbledon vorbereitet.
Wann die Federers in ihre kleine City einziehen, ist nicht klar. Ein Streitpunkt bleibt das Ufer. Eigentlich sieht der kantonale Richtplan einen Seeuferweg auf Federers Grundstück vor. Doch wie und ob dieser tatsächlich realisiert wird, ist fraglich. Die Abklärungen sind seit Monaten in Gang. Die Stadt hält sich auf Anfrage bedeckt: «Wir dürfen zu laufenden Verfahren von Privatpersonen keine Auskunft geben». Auch Federers Anwalt will sich nicht zum Stand äussern.
Gebaut wird an der heiklen Stelle noch nicht, dabei hat Federers südafrikanisches Architekturbüro Saota auch hier Grosses vor: Sie planen ein Bootshaus, einen 20 Meter langen Steg und eine zu grabende Fahrrinne von 140 Quadratmetern. Diese Elemente ragen in den See hinein und befinden sich über der öffentlichen Wasserfläche des Zürichsees. Ein heikler Plan.
Die neuen Bilder zeigen trotz der offenen Frage aber eines: Anders als im Werk «Warten auf Godot» dürfte das grosse Warten auf Federer für die Rapperswiler bald ein Ende haben.
Jedoch bin ich dafür, dass das Seeufer der Öffentlichkeit kostenlos und ohne Anmeldung zugänglich bleibt.