Wenn das mit den verpatzten Generalproben stimmt, dann dürften die Weltmeisterschaften in Ruanda ein rauschendes Radsport-Fest werden. Schliesslich musste die grösstenteils auf dem WM-Kurs geplante Schlussetappe der Tour of Ruanda am vergangenen Sonntag abgebrochen werden, das Wetter spielte nicht mit. Doch das ist aktuell das geringste Problem, wie ein Hintergrundbericht der deutschen Nachrichtenagentur dpa zeigt.
[WATCH] Tour du Rwanda 2025 ends prematurely due to bad weather following heavy rain causing slippery roads. UCI and organisers made the abrupt decision mid-way the Final Stage 7 which was riding 72km around Kigali. Only previous 6 Stages will be considered for overall ranking. pic.twitter.com/CykacbsNJR
— KT Press Rwanda (@ktpressrwanda) March 2, 2025
Denn um die erste Strassenrad-WM in einem afrikanischen Land ist eine politische Debatte entbrannt. Ruanda unterstützt die M23-Miliz, die im rohstoffreichen Osten des Nachbarlandes Demokratische Republik Kongo seit wenigen Wochen grosse Gebiete kontrolliert. Das EU-Parlament beschloss zahlreiche Sanktionen gegen Ruanda und forderte zudem eine Absage der vom 21. bis 28. September geplanten WM.
David Lappartient, Präsident des Weltverbands UCI, zeigt sich davon unbeeindruckt. «Es gibt keinen Plan B», sagte der Franzose und wischte Alternativen wie eine Verlegung kurzerhand vom Tisch. Zu Beginn der Tour of Ruanda zeigte sich Lappartient freundlich und Fähnchen schwenkend in der Hauptstadt Kigali. Alles ist sicher, alles ist friedlich, sollte die Botschaft lauten.
Das sahen allerdings nicht alle Teams so. Die belgische Equipe Soudal-Quickstep verzichtete darauf, sein Nachwuchsteam nach Ruanda zu schicken. «Die Etappen drei und vier sind nur einen Steinwurf vom Ort der Rebellen entfernt», sagte der Sportliche Leiter Kevin Hulsmans. Das sei für ihn fragwürdig. Tatsächlich fuhr das Peloton zeitweise nur gut zehn Kilometer von der Konfliktzone entfernt. Zu Vorfällen kam es nicht – das EDA (Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten) spricht derzeit keine Reisewarnung aus. Allerdings habe sich die Sicherheitslage aufgrund der zunehmenden Spannungen zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo weiter verschlechtert.
Dass Lappartient am Austragungsort Ruanda festhält, dürfte auch politische Gründe haben. Schliesslich möchte der 51-Jährige im März Nachfolger von IOC-Präsident Thomas Bach werden. Die Chancen des Franzosen werden zwar als gering eingeschätzt, doch zusätzlicher Wirbel um die WM dürfte nicht hilfreich sein. Ausserdem stünde in diesem Jahr seine Wiederwahl zum UCI-Präsidenten an.
Abgesehen von moralischen Bedenken dünnen ganz andere Hürden das Teilnehmerfeld für die WM schon im Vorfeld aus. So verzichten grosse Radsport-Nationen wie Dänemark und die Niederlande darauf, ihren Nachwuchs im Herbst nach Ruanda zu schicken und selbst die Belgier wägen ihr Aufgebot gerade ab – aus Kostengründen. Die Hotel-Preise, so sagt Deutschlands Frauentrainer André Korff, seien sogar höher als in Zürich.
Hinzu kommen umfangreiche Impfungen, etwa gegen Malaria, Hepatitis A und Gelbfieber. «Die Fahrer haben da Bedenken, wie sich das auf ihre Leistungen auswirken könnte», sagte Frederik Broché, Technischer Direktor des belgischen Verbandes.
Ruanda will eine Grösse im Weltsport werden. Zu diesem Zweck investiert das Land Millionen in internationale Sportevents. Der autokratische Präsident Paul Kagame schraubt eifrig am positiven Image, er betreibt Sportswashing. Die FIFA hielt einen Kongress in Kigali ab, Teams wie den FC Bayern, Arsenal und Paris Saint-Germain unterstützt man als Sponsor. Aktuell ist man darum bemüht, eine Formel-1-Strecke Realität werden zu lassen. Die Absage der Rad-WM wäre da ein empfindlicher Rückschlag. (nih/sda/dpa)