Dass Jeff Sessions als Justizminister gefeuert wurde, hat niemanden überrascht. Die Spatzen haben es längst von den Dächern gepfiffen. Dass sein Nachfolger jedoch Matthew Whitaker sein würde, hat hingegen ein kleines Erdbeben ausgelöst.
Mit diesen Sätzen kommentieren zwei prominente Juristen Trumps jüngsten Coup. Einer davon heisst George T. Conway III – und es handelt sich bei ihm um den Gatten von Trumps Beraterin Kellyanne Conway (ja, die mit den «alternativen Fakten»).
Dass das Ehepaar Conway politisch das Heu nicht auf der gleichen Bühne hat, ist bekannt. Die «New York Times» hat darüber eine lange Homestory verfasst, und George Conway hatte sich bereits zuvor mit Trump angelegt.
Zusammen mit Neal Katyal hat er dem konservativen Rechtsprofessor Steven Calabresi widersprochen, der behauptet hatte, die Einsetzung des Sonderermittlers Mueller sei verfassungswidrig erfolgt. Trump hatte Calabresis Artikel begeistert mit einem Tweet kommentiert.
Der Präsident hat grundsätzlich das Recht, seinen Justizminister zu entlassen. Der neue Amtsinhaber muss jedoch vom Senat angehört und bestätigt werden. In Ausnahmesituationen – etwa im Krieg oder bei einem unvorhergesehenen Todesfall – kann der Präsident den Posten während höchstens 210 Tagen auch ohne Bestätigung durch den Senat besetzen.
Weshalb also soll Trump illegal gehandelt haben? Weil er es in korrupter Absicht getan hat. Kann ihm das nachgewiesen werden, dann hat er gegen die Verfassung verstossen.
Im Fall der Ernennung ist die korrupte Absicht so offensichtlich, dass es beinahe weh tut: Trump hat Sessions nach eigenen Worten entlassen, weil er in der Russlandaffäre wegen Befangenheit in den Ausstand getreten war. Es bestand keinerlei Zeitdruck; und er hat den logischen Nachfolger in einer solchen Situation, den stellvertretenden Justizminister, übergangen. Dieser hat den Sonderermittler Robert Mueller eingesetzt und sich bisher auch schützend vor ihn gestellt.
Der Justizminister hat grossen Einfluss auf die Arbeit des Sonderermittlers. «Er kann verlangen, über jeden Schritt der Untersuchung informiert zu werden», schreibt das «Wall Street Journal». Er kann auch entscheiden, was untersucht und wer angeklagt werden soll.
Warum Trump Whitaker als zumindest vorübergehenden Justizminister installiert hat, ist offensichtlich: Er ist ein lautstarker Kritiker des Sonderermittlers und hat schon mehrfach das Ende der Untersuchung gefordert. Bei der Einsetzung des Sonderermittlers sei «etwas faul» gewesen, erklärte er in einem Radio-Interview. Es gebe keinerlei Beweise für eine Zusammenarbeit mit den Russen; und die Entlassung des ehemaligen FBI-Direktors sei ebenfalls rechtens gewesen.
Die Einsetzung Whitakers hat die Journalisten auf den Plan gebracht. Sie haben seine Vergangenheit durchleuchtet und dabei wenig Schmeichelhaftes gefunden: Whitaker war im Aufsichtsrat einer Firma namens World Patent Marketing in Miami. Sie ging pleite. Nach der Pleite wurde sie von einem Gericht in Florida dazu verurteilt, 25 Millionen Dollar Busse zu bezahlen, weil sie Anleger mit falschen Versprechen hinters Licht geführt hatte.
Politisch hat Whitaker keinen Leistungsausweis. Er hat sich 2014 als Senator in seinem Heimatstaat Iowa aufstellen lassen und ist kläglich gescheitert. Sein Geld hat er als Präsident bei einer erzkonservativen Lobby-Gruppe namens FACT verdient.
Als Jurist gilt er als Wirrkopf. So stellt er ein Gesetz aus dem Jahr 1803 in Frage, das festhält, dass der Oberste Gerichtshof in Sachen Verfassung die letzte Instanz sei. Whitaker vertritt die Meinung, dass die Justiz damit zu viel Macht hat, eine Ansicht, die selbst von konservativen Juristen wie Brett Kavanaugh abgelehnt wird.
Wie wird es weitergehen? Trump wird auf seiner Wahl bestehen und Whitaker hat bereits durchblicken lassen, dass er nicht gedenkt, in der Russlandaffäre in den Ausstand zu treten. Damit ist klar: Er hat den Auftrag, den Sonderermittler aus dem Weg zu schaffen.
Ob er diesen Auftrag auch erfüllen kann, ist fraglich. Die Demokraten, die mittlerweile 37 Sitze im Abgeordnetenhaus gewonnen haben, werden sich mit Händen und Füssen wehren. Und Mueller ist nicht jemand, der leicht umfällt. Der ehemalige Marine wird mit dieser Entwicklung gerechnet – und die entsprechenden Antworten darauf vorbereitet haben.