Der Schweizer Franken verliert seit mehr als einem Monat kontinuierlich an Wert und gibt Devisenexperten damit Rätsel auf. Nach dem Kursrutsch von vergangener Woche rückt sogar die wichtige Marke eines Euro-Kurses von 1.20 Franken wieder ins Blickfeld.
Das sind gute Nachrichten für die exportorientierte Wirtschaft – denn Schweizer Waren werden damit im Ausland günstiger. Eigentlich sprächen das unsichere Umfeld mit dem Handelsstreit zwischen den USA und China und der jüngste Militärschlag in Syrien für einen steigenden Franken, sagte Ökonom Arthur Jurus von der Privatbank Mirabaud am Montag. «Doch das Gegenteil ist der Fall.»
Seit einigen Tagen ist der Franken zum Euro so schwach wie seit der Aufgabe des Euro-Mindestkurses vor mehr als drei Jahren nicht mehr. Auch am Montag kostete ein Euro knapp 1.19 Franken. «Über die Schwäche des Franken rätseln wir auch», sagte ein Händler.
Als mögliche Gründe führen Analysten gleich mehrere Punkte ins Feld: Zum einen verliere der Franken mit dem Ende der Euro-Krise zunehmend seine Funktion als «sicherer Hafen» in der Region. Zum anderen könnten auch die US-Sanktionen gegen Russland eine Rolle spielen: Russische Oligarchen könnten auf der Suche nach Liquidität ihre Franken-Positionen abbauen und Bargeld aus der Schweiz abziehen, erklärte Mirabaud-Experte Jurus.
Andere Marktteilnehmer begründeten die Franken-Schwäche mit den weiterhin sehr tiefen Zinsen von minus 0,75 Prozent in der Schweiz – während diese in anderen Währungsräumen wieder steigen. Investitionen in Franken werden damit für Anleger zunehmend unattraktiv. Das zeige sich auch am Anleihenmarkt, wo die Investoren einen Bogen um Franken-Obligationen machen und stattdessen zu deutschen Schuldtiteln greifen, sagten Händler.
Die Zinsdifferenz gewinnt auch nach Ansicht der Commerzbank an Gewicht und wird «wieder zu einem stärkeren Argument für oder gegen eine Währung». Dabei spiele auch eine Rolle, dass die Schweizer Notenbank (SNB) bislang keine Anstalten mache, ihre Negativzinsen aufzugeben.
Das bekräftigte SNB-Präsident Thomas Jordan erst jüngst in einem Interview der Zeitung «La Liberté». Die SNB ist an einem möglichst schwachen Franken interessiert. (cma/sda/reu)