Donald Trump hat nie behauptet, er sei arm. Im Gegenteil: Protzen und Angeben gehören zu ihm wie seine eigenwillige Frisur. Trotzdem konnte er bei den einfachen Amerikanern punkten. Sie sehen in ihm einen der ihren und gaben ihm den liebevollen Übernamen: «Der Milliardär im Blaumann».
Das könnte sich als Irrtum erweisen. Je mehr der Namen bekannt werden, die bald in Washington den Ton angeben werden, desto deutlicher wird: Trump umgibt sich mit Seinesgleichen, will heissen, mit Reichen und Mächtigen.
Es beginnt schon bei seinem Chefstrategen Steve Bannon. Er mag zwar aussehen wie ein Clochard, doch der Mann hat ein Elitestudium (Harvard) hinter sich, bei einer Elite-Bank (Goldman Sachs) gearbeitet und dann als Banker in der Unterhaltungsindustrie ein Vermögen verdient, ironischerweise mit der Vermarktung der linken Kultserie «Seinfeld».
Bannon muss sich jedoch im Weissen Haus wie ein armer Schlucker vorkommen. Das Magazin «Politico» hat die Vermögen der Männer und Frauen aufgezählt, die in Trumps Regierung eine wichtige Rolle spielen werden. Einer davon ist der Öl-Tycoon Harold Hamm, sein Vermögen beträgt 15.3 Milliarden Dollar. Ein weiterer ist der Investor Wilbur Ross, 2.9 Milliarden Dollar.
Betsy DeVos ist als künftige Erziehungsministerin vorgesehen. Das Vermögen ihrer Familie wird auf 5.1 Milliarden Dollar geschätzt und es stammt aus dubiosen Quellen, nämlich dem umstrittenen Amway-Konzern. Dieser musste sich einst wegen Verdachts auf ein Schneeballsystem vor Gericht verantworten, konnte sich aber mit einer Millionensumme freikaufen.
Rudy Giuliani kann ebenfalls auf einen einflussreichen Posten hoffen. Der ehemalige Bürgermeister von New York hat die Rolle des Mannes für das Grobe im Wahlkampf gespielt. Seine Vermögensverhältnisse sind wie diejenigen von Trump: undurchsichtig, aber auf jeden Fall im zweistelligen Millionenbereich.
Mitt Romney, der wie Giuliani als möglicher Aussenminister gehandelt wird, soll rund 250 Millionen Franken Vermögen haben. Todd Ricketts, als Vize-Handelsminister im Gespräch, kommt aus einer Milliardärs-Familie.
Politico kommt zum vorläufigen Schluss, der wie folgt lautet: «Zusammengezählt könnte das Vermögen des Kabinetts und der Verwaltung von Trump rund 35 Milliarden Dollar betragen. Das ist eine unglaubliche Akkumulation von Reichtum und einmalig in der amerikanischen Geschichte.»
Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass Trump nicht eben das Musterbeispiel eines über jeden Tadel erhobenen Geschäftsmannes ist. Im Wahlkampf hat er sich geweigert, seine Steuererklärung offen zu legen. Jetzt weigert er sich, sein Geschäfte und seine Rolle im Weissen Haus zu trennen und sein Unternehmen in einen «blind trust» zu überführen. Dann hätte er während seiner Amtszeit keinen Einfluss mehr auf sein Business. Stattdessen will sein Unternehmen in die Hände seiner Kinder übergeben.
Dass dies zwangsläufig zu Interessenkonflikten führen muss, liegt auf der Hand. «Die Gefahr, dass das Weisse Haus eine Filiale der Trump Organisation wird, ist real», warnt der «Economist».
Die Warnung ist nicht grundlos. So hat Trump beispielsweise Nigel Farage aufgefordert, Opposition gegen Windmühlen in Schottland zu machen, die seine Golfplätze in der Gegend stören könnten. Farage war einer der Architekten des Brexit und bis vor kurzem Chef der nationalistischen UKIP. Der britischen Regierung hat Trump sogar nahe gelegt, Farage als Botschafter nach Washington zu entsenden.
Trump Towers gibt es mittlerweile nicht nur in New York. Weitere Hochhäuser sind unter anderem auch in Istanbul, Mumbai oder Manila geplant. Dort hat der umstrittene Premierminister Rodrigo Duerte soeben einen Trump-Partner zum Sonderbotschaft für die Vereinigten Staaten ernannt. Der gewählte Präsident zeigte sich hoch erfreut.
Der «Economist» hingegen ist alarmiert: «Es scheint wahrscheinlich, dass Präsident Trump die Grenze zwischen Business und Politik auf eine beunruhigende Art und Weise verwischen wird – erwartet zweifelhafte Deals und heimliche Meetings.» Auch die Familie macht mit. Ehefrau Melania wirbt für exklusive Faltencreme und Tochter Ivanka nutzte einen Auftritt in der TV –Sendung «60 minutes», um auf Schmuck aus ihrer Kollektion aufmerksam zu machen.
Für Paul Krugman, Nobelpreisträger und Kolumnist in der «New York Times», sind dies lediglich Peanuts. Er will bereits die Gefahr einer Oligarchie à la Putin erkannt haben und belegt diese Befürchtung mit der Art und Weise, wie Trump die Investitionen in die Infrastruktur finanzieren will. Das geht wie folgt:
Angenommen, ein privates Konsortium verpflichtet sich, eine gebührenpflichtige Autobahn für eine Milliarde Dollar zu bauen. Gemäss Trump kann dieses Konsortium 800 Millionen Dollar Schulden aufnehmen und 200 Millionen Dollar Eigenkapital einbringen.
Für die 200 Millionen Dollar Eigenkapital erhält es umgehend eine Steuervergütung von 82 Prozent. Letztlich muss das Konsortium also lediglich 36 Milionen Dollar aufbringen, um danach die Autobahngebühren einzukassieren. Ein blendendes Geschäft, für das die Investoren lediglich 18 Cents pro Dollar einzahlen müssen.
Krugman geht davon aus, dass Trump Geschäfte dieser Art an seine Kumpels, die er im Weissen Haus um sich geschart hat, vergeben wird. Allmählich entsteht so ein System, wie es in Russland bereits besteht. Eine superreiche OIigarchie thront über einem Staatskapitalismus und sahnt ab. Für den Mittestand bleiben höchstens ein paar Krümel des Wohlstandskuchens übrig.
«Sich selbst zu bedienen wird zur Norm der neuen Regierung werden», warnt Krugman. «In Amerika hat soeben eine bisher einmalige Ära der Korruption an der Spitze begonnen.»