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Vor ein paar Tagen konnte CS-Chef Tidjane Thiam eine Art halben Befreiungsschlag verkünden. Im zweiten Quartal hat seine Bank wieder einen bescheidenen Gewinn erzielt, und was noch wichtiger ist: Die CS scheint das Vertrauen der Superreichen wieder gefunden zu haben. Das Wealth Management erzielte einen Zufluss von Neugeld in der Höhe von 11 Milliarden Franken.
Davon kann der Chef der Deutschen Bank, John Cryan, nur träumen. Der ehemalige UBS-Banker hat den derzeit übelsten Job in der internationalen Bankenszene. Er muss die Deutsche wieder auf Kurs bringen. Im Vergleich dazu ist Thiams Neupositionierung der CS ein Kindergeburtstag.
Beide Chefs haben das gleiche Problem: Sie müssen ein aufgeblähtes und nicht mehr rentables Investmentbanking zurückstutzen. Nur ist bei der Deutschen das Ausmass viel grösser. 2014 fällten die damaligen Chefs, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, einen Grundsatzentscheid. Während im Nachgang der Finanzkrise rund um den Globus das Investmentbanking abgebaut wurde, setzten die beiden damaligen Chefs auf das Gegenteil: Sie wollten die Deutsche zur grössten Investmentbank Europas ausbauen und so ein Gegenwicht zu den Titanen der Wall Street bilden.
Es war eine fatale Fehlentscheidung: Das Umfeld für das Investmentbanking war in den letzten Jahren – milde ausgedrückt – nicht vorteilhaft. Nach dem Debakel von 2008 wurde das Finanzkasino entweder geschlossen oder zumindest der Zutritt massiv erschwert, will heissen: Viele der einst so lukrativen Geschäfte mit hochkomplexen Finanzinstrumenten sind verpönt.
Gleichzeitig werden die Banken gezwungen, ihr Eigenkapitalpolster zu erhöhen. Beides lässt die Gewinne schrumpfen. Selbst der langjährige Musterschüler Goldman Sachs muss sich derzeit mit einer einstelligen Eigenkapitalrendite begnügen. Zum Vergleich: Josef Ackermann forderte einst als Chef der Deutschen eine minimale Eigenkapitalrendite von 25 Prozent.
Für die Deutsche kam es noch viel schlimmer: Im letzten Jahr erzielte sie einen Verlust von 6,8 Milliarden Euro, und auch im laufenden Jahr wird ein Verlust von gegen eine Milliarde Euro erwartet. Um die schlimmsten Löcher zu stopfen, muss John Cryan einen Teil seines Tafelsilbers verhökern, will heissen: verkaufen, was sich verkaufen lässt.
Liebend gerne würde er die Tochter Postbank abstossen, denn im deutschen Retailgeschäft ist der Wettbewerb mörderisch und im Zeitalter der negativen Zinsen verdient dort niemand Geld. Deshalb hat sich bisher auch kein Käufer gemeldet. Cryan braucht jedoch dringend frisches Kapital. Von allen grossen Banken hat die Deutsche derzeit das dünnste Eigenkapitalpolster.
Was aber sollte potentielle Inverstoren locken? Der Kurs der Aktie nähert sich der ominösen 10-Euro-Grenze und ist tiefer als auf dem tiefsten Punkt nach der Finanzkrise. Zudem gibt es noch beträchtliche Altlasten. Anders als die UBS und die CS hat die Deutsche ihre Probleme mit den USA noch nicht bereinigt. Insgesamt 7000 Rechtsfälle müssen noch erledigt werden. Dafür sind Reserven in der Höhe von 5,5 Milliarden Euro gebildet worden.
Kommt dazu, dass die Deutsche ein Brexit-Opfer ist. Als Investmentbank hat sie eine grosse Präsenz auf dem Finanzplatz London. Wie es dort weitergehen wird, ist derzeit noch völlig unklar. Nach dem Brexit ist der Kurs der Deutschen um einen Viertel eingebrochen.
UBS und CS haben ihre Strategie über Bord geworfen und stellen neuerdings das Investmentbanking in den Dienst des Wealth Managements. Diese Option hat die Deutsche nicht, denn sie hat gar kein nennenswertes Wealth Management. Sie hat auch kein nennenswertes Retailbanking, und sie ist, wie der «Economist» schreibt, «zu gross, um nur die Hausbank der deutschen Wirtschaftselite» zu sein.
In dieser Funktion hat es die Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg zu Ruhm und Ehre gebracht. Ihre Chefs wie Hermann Josef Abs, Alfred Herrhausen oder Hilmar Kopper gehörten zu den mächtigsten Vertretern der deutschen Wirtschaft. Weder bei Mercedes noch bei Siemens wurden wichtige Entscheide ohne ihre Zustimmung gefällt.
Heute ist die Deutsche am Boden. John Cryan hat bereits 9000 Mitarbeiter entlassen, weitere werden folgen, die Moral ist im Keller. Das ist nicht nur für die Mitarbeiter und Aktionäre ein Problem. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat kürzlich erklärt, von allen global wichtigen Banken scheine die Deutsche «am meisten zu den Systemrisiken beizutragen». Dazu ergänzt die «Financial Times» besorgt: «Niemand kann ein Interesse daran haben, dass der IWF Recht bekommt.»