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Panama Papers: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Gewitter über Panama City: Die Enthüllungen erschüttern den lateinamerikanischen Finanzplatz.
Gewitter über Panama City: Die Enthüllungen erschüttern den lateinamerikanischen Finanzplatz.
Bild: EPA/EFE

Warum gerade Panama? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Mega-Datenleck

Geleakte Dokumente aus einer Anwaltskanzlei in Panama geben Einblick in das verschwiegene Offshore-Geschäft. Was steckt hinter den Panama Papers? Und wie ist die Schweiz involviert?
04.04.2016, 18:2004.04.2016, 18:21
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Die Bombe platzte am Sonntag um 20 Uhr MESZ: Weltweit veröffentlichten diverse Medien ihre Enthüllungen zu den so genannten Panama Papers. Völlig überraschend kam der Scoop nicht. Bereits vor einem Jahr machte die «Süddeutsche Zeitung» (SZ) publik, dass ihr Unterlagen der Kanzlei Mossack Fonseca zugespielt worden waren.

Die Daten belegen, wie die globale Offshore-Industrie im Verbund mit Banken, Anwaltskanzleien und Vermögensverwaltern die Besitztümer von Politikern, Funktionären, Drogenschmugglern, aber auch von Milliardären, Prominenten oder Sportstars verwaltet. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Enthüllungen:

Was sind die Panama Papers?

Es soll sich um das grösste Datenleck der Geschichte handeln, mit einer Dimension von 2,6 Terabyte und rund 11,5 Millionen Dokumenten, darunter E-Mails, Urkunden, Kontoauszüge und Passkopien. Die «Süddeutsche Zeitung» erhielt sie von einer anonymen Quelle, deren Identität offenbar unbekannt ist. Sie teilte die Daten mit dem Internationalen Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ). Etwa 370 Journalisten aus 78 Ländern waren an der Auswertung beteiligt. In der Schweiz war das Rechercheteam von «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche» involviert.

Was ist Mossack Fonseca?

Die Anwaltskanzlei wurde 1977 in Panama City vom gebürtigen Deutschen Jürgen Mossack gegründet, dessen Eltern nach Panama ausgewandert waren. Sein Partner ist der einheimische Anwalt Ramón Fonseca, der bis vor kurzem als Berater von Staatspräsident Juan Carlos Varela tätig war.

Die Büros von Mossack Fonseca in Panama City.
Die Büros von Mossack Fonseca in Panama City.
Bild: EPA/EFE

Mossack Fonseca ist laut dem «Guardian» der weltweit viertgrösste Anbieter von Offshore-Dienstleistungen, in erster Linie so genannten Briefkastenfirmen. Die Panama Papers beziehen sich auf 214'000 Gesellschaften, die Mossack Fonseca auf diversen Offshore-Finanzplätzen gegründet hat, vor allem in Panama und auf den Britischen Jungferninseln.

Warum ist Panama betroffen?

Der mittelamerikanische Staat ist einer der bedeutendsten Finanzplätze Lateinamerikas. Dazu beigetragen haben ein liberales Bankengesetz und tiefe Unternehmenssteuern. In der Vergangenheit geriet der panamaische Finanzplatz immer wieder in Verruf. In den 1980er Jahren war er das Finanzzentrum der kolumbianischen Drogenmafia. In letzter Zeit bemühte sich Panama verstärkt um ein «sauberes» Image. Mit überschaubarem Erfolg. Noch letztes Jahr setzte die Europäische Union Panama gemäss der NZZ auf die Liste der unkooperativen Länder.

Was sind Offshore-Konstrukte?

Briefkastenfirmen sind beliebte Vehikel, um Gelder offshore zu platzieren.
Briefkastenfirmen sind beliebte Vehikel, um Gelder offshore zu platzieren.
Bild: EPA/DPA

Sie werden vorab von Firmen und vermögenden Privatpersonen genutzt, um Geld in ein Land zu verschieben, in dem sie weder den Wohn- noch den Steuersitz haben. Offshore-Dienstleistungen werden weltweit angeboten. Wichtigster Standort ist nach wie vor die Schweiz, obwohl das Bankgeheimnis zumindest für ausländische Anleger weitgehend abgeschafft wurde. Auch Panama und diverse Karibikinseln spielen in diesem Geschäft eine wichtige Rolle.

Sind solche Konstrukte illegal?

Grundsätzlich nicht, so lange das Geld ordentlich versteuert wird. In der Praxis ist das häufig nicht der Fall. Offshore-Konstrukte wie Briefkastenfirmen werden verwendet, um Geld vor dem Fiskus zu verstecken oder seine Herkunft zu verschleiern. Motive sind Steuerhinterziehung, Geldwäscherei, die Umgehung von Sanktionen oder die Finanzierung terroristischer Aktivitäten.

Mossack Fonseca bedauert in einer Stellungnahme den «Missbrauch» ihrer Dienstleistungen und schiebt die Verantwortung auf «Mittelsmänner» ab, für die sie die Briefkastenfirmen eingerichtet hat. Wenn ein Offshore-Standort jedoch bereit war, sich den internationalen Regeln zu fügen, verschob die Kanzlei aus Panama ihre Aktivitäten gemäss den Enthüllungen einfach in andere Gefilde. Das betrifft nicht zuletzt die Jungferninseln, die als besonders verschwiegen bekannt sind.

Welche Persönlichkeiten sind betroffen?

Der neue FIFA-Präsident Gianni Infantino neben Juan Pedro Damiani, dessen Name in den Dokumenten auftaucht.
Der neue FIFA-Präsident Gianni Infantino neben Juan Pedro Damiani, dessen Name in den Dokumenten auftaucht.
Bild: ANDRES STAPFF/REUTERS

In den Panama Papers tauchen die Namen bekannter Persönlichkeiten aus Politik, Sport und Showbusiness auf. Betroffen ist etwa der russische Präsident Wladimir Putin, der allerdings nicht direkt in die Offshore-Geschäfte involviert sein soll. Auch der Fussballer Lionel Messi oder der Regisseur Pedro Almodovar werden genannt. Ausserdem gibt es einen Link zum FIFA-Korruptionsskandal. Der Uruguayer Juan Pedro Damiani pikanterweise ein Mitglied der Ethikkommission, soll Offshore-Firmen für drei Angeklagte eingerichtet haben.

Wie stark ist die Schweiz involviert?

Mossack Fonseca verfügt über einen Ableger in der Schweiz und soll mit rund 1200 hiesigen Finanzintermediären zusammengearbeitet haben, um Briefkastenfirmen, Trusts und ähnliche Einrichtungen für ihre Kunden zu gründen. In den Dokumenten werden auch die Grossbanken CS und UBS erwähnt. Beide betonen die Gesetzmässigkeit dieser Tätigkeit. «Wir haben keinerlei Interesse an Geldern, die nicht versteuert sind oder aus illegaler Herkunft stammen», teilte die UBS mit.

Die Credit Suisse verweist in einer Stellungnahme gegenüber dem Journalistenkonsortium darauf, dass sie sich bei ihren grenzüberschreitenden Bankgeschäften streng an sämtliche geltenden Gesetze, Regeln und Vorschriften halte. Involviert ist auch der Schweiz-Ableger der britischen HSBC. Er war bereits durch die Swissleaks-Enthüllungen des ehemaligen HSBC-Mitarbeiters Hervé Falciani ins Zwielicht geraten.

Wie reagiert die FINMA?

Die Schweizer Finanzmarktaufsicht (FINMA) will sich inhaltlich nicht zu den Enthüllungen äussern. Sie kündigte gegenüber der «Nordwestschweiz» Abklärungen an, «inwiefern auch Schweizer Banken die Dienstleistungen dieser offenbar weltweit vernetzten Anwaltskanzlei benutzt und dabei Schweizer Bestimmungen verletzt haben». Der Chefredaktor von «Tages-Anzeiger» und «SonntagsZeitung» kritisierte die Finma für ihre Passivität gegenüber den Finanzintermediären: «Es wäre an der Zeit, dass sie ihren Auftrag wahrnimmt und die Stimme erhebt, statt wegzuschauen.»

Was ist noch zu erwarten?

Die an den Panama Papers beteiligten Medien haben weitere Enthüllungen angekündigt. Der Aktivist Craig Murray, ein ehemaliger britischer Botschafter, orakelt auf seiner Website, die «schmutzigen Geheimnisse» westlicher Firmen würden unveröffentlicht bleiben, obwohl diese die Hauptkunden von Mossack Fonseca seien. Grund dafür sei der Background der Medien und des ICIJ. Ob seine Skepsis berechtigt ist, werden die nächsten Tage und Wochen zeigen.

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11 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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dommen
04.04.2016 20:39registriert Januar 2016
ich habs gewusst...
Warum gerade Panama? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Mega-Datenleck
ich habs gewusst...
440
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NWO Schwanzus Longus
04.04.2016 19:15registriert November 2015
Wenn man die Bemühungen der Amerikaner sieht Bankgeheimnisse aufzulösen wenn es um US-Bürger geht könnte ich mir vorstellen das es ein Krieg der USA gegen Steuerparadise ist die ihnen Konkurrenz machen könnte. Jetzt ist die USA die grösste Steueroase da sie selbst Offshoredienste anbieten und niemand greift sie deswegen an.
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