Wirtschaft
US-Wahlen 2016

Nach Trumps Triumph: Ist die Meinungsfreiheit in Gefahr?

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Was Trump-Fans mit Journalisten am liebsten tun würden: Aufhängen.Bild: JONATHAN ERNST/REUTERS

Nach Trump: Was passiert jetzt mit dem «Bannwald der Demokratie» – den Medien?

Trump beherrscht nun die drei Gewalten in den USA. Die vierte, die Medien, sind stark angeschlagen. Die Meinungsfreiheit ist in Gefahr. 
11.11.2016, 14:2814.11.2016, 14:10
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Trump ist Präsident – so berichteten Zeitungen auf der ganzen Welt

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Trump ist Präsident – so berichteten Zeitungen auf der ganzen Welt
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Leslie Mooves, CEO der TV-Station CBS, brachte es auf den Punkt. «Trump mag nicht gut sein für Amerika, aber uns hat er sehr gut getan», erklärte er freimütig. Eines der vielen bizarren Dinge des US-Wahlkampfes ist die Tatsache, dass die sogenannten Mainstream-Medien Trump vehement bekämpft und gleichzeitig enorm von ihm profitiert haben. Die Rechnung ist für beide Seiten aufgegangen: Die Medien haben einen satten Windfall-Profit eingefahren, Trump hat Werbeausgaben in der Höhe von zwei Milliarden Dollar eingespart.  

Kater bei den Mainstream-Medien

Jetzt ist die Medienparty vorbei, und es herrscht Katerstimmung. Ausser den Demagogen von FoxNews und Breitbart hat sich niemand wirklich Donald Trump ins Weisse Haus gewünscht. Die Journalisten müssen sich eingestehen: Wir haben uns über ihn lustig gemacht, vor ihm gewarnt, seine unzähligen Lügen aufgedeckt, seinen verderbten Charakter aufgezeigt – aber wir hatten ihn nie wirklich im Griff.  

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Auch im Congress haben die Republikaner das Sagen.Bild: JIM LO SCALZO/EPA/KEYSTONE

Donald Trump kontrolliert nun de facto die drei Gewalten in den USA. Er selbst ist Chef der Regierung, seine Partei kontrolliert beide Kammern des Kongresses und den Obersten Gerichtshof kann er mit Kandidaten seiner Wahl bestücken. Dazu wird er wahrscheinlich an die Spitze der Notenbank, der Fed, bald auch eine ihm genehme Person entsenden. Bleibt die vierte Gewalt, die Medien. Was wird mit ihnen in der Ära Trump geschehen?

Selbst die beste Zeitung der Welt steckt in Nöten

Die Vorzeichen sind schlecht, die Medien befinden sich in einer möglicherweise existenziellen Krise. Internet und Gratiszeitungen haben die etablierten Printmedien zu einer aussterbenden Rasse gemacht und setzen auch den traditionellen TV-Stationen zu. Selbst die «New York Times» – oft als beste Zeitung der Welt gerühmt – musste im letzten Quartal massive Werbeeinnahmen- und Leserverluste verkraften.  

Das Gebäude der «New York Times».
Das Gebäude der «New York Times».bild: shutterstock

Die wirtschaftlichen Aussichten sind noch schlechter, die Werbeeinnahmen werden noch spärlicher fliessen. Das bedeutet, dass erneut Redaktionen ausgedünnt und Journalisten entlassen werden. Dabei war der Aderlass in den letzten 15 Jahren schon gewaltig. Rund die Hälfte aller Printjournalisten hat seit der Jahrhundertwende den Job verloren.

Kurz: Der Triumph von Trump macht unmissverständlich klar: Die angeschlagenen Medien sind nicht mehr, dessen sie sich lange selbst gerühmt haben: der «Bannwald der Demokratie».  

Neue Spielregeln in der Null-Grenzkosten-Wirtschaft

Dank hohen Eintrittsbarrieren haben die Medien, vor allem die Tageszeitungen, diese Funktion jahrzehntelang ausüben können. Weil Druck und Vertrieb von Zeitungen und der Betrieb einer TV-Station sehr viel Geld verschlingen, mussten Verleger keine Konkurrenz fürchten, und weil sich damit bis vor kurzem sehr viel Geld verdienen liess, konnte auch der Staat keinen Einfluss auf die Medien ausüben.

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Traditionelle Druckereien sind ein Auslaufmodell.Bild: JOSE LUIS GONZALEZ/REUTERS

Im Zeitalter der Null-Grenzkosten-Wirtschaft gelten andere Spielregeln. Heute kann jeder ein Medienunternehmer oder Journalist sein, er braucht weder eine Druckerei noch eine TV-Station. Ein Laptop und ein Internetanschluss genügen. Das hat zu einer völlig veränderten Konkurrenzsituation geführt und lässt die bisherigen Geschäftsmodelle obsolet erscheinen. In der digitalen Welt wird höchstens ein Bruchteil so viel verdient wie einst in der analogen.  

Die neuen wirtschaftlichen Spielregeln haben zu einer babylonischen Medienverwirrung geführt – und sind zu einer Gefahr für die Demokratie geworden. So hat der Zürcher Publizistikprofessor Otfried Jarren kürzlich in einer watson-Kolumne geschrieben: «Die Social Media erlauben weder Diskussion noch Debatte – allenfalls ein Nebeneinander an Behauptungsströmen. Und auf die wird wiederum stromförmig geantwortet, so auch in Form von Verächtlichungsmachung und sogar Hass.»  

Mäzene sind keine Lösung

Derweil wird sich ein unabhängiger Journalismus vielleicht bald nicht mehr finanzieren lassen. Eine Lösung sind Mäzene. So leistet sich der Amazon-Chef Jeff Bezos die «Washington Post». Doch das Mäzenen-Modell ist heikel. Bei uns leistet sich Christoph Blocher die «Weltwoche» und die «Basler Zeitung» – beides nicht wirklich Perlen eines unabhängigen Journalismus.  

epa04421429 Jeff Bezos, Founder and Chief Executive Officer of Amazon.com, waves for a photograph in Bangalore, India, 28 September 2014. Bezos is promoting Amazon's investment in kitty for India ...
Amazon-Chef Jeff Bezos als Heilsbringer für die Printmedien? Bild: JAGADEESH NV/EPA/KEYSTONE

Um den «Bannwald der Demokratie» wieder aufzuforsten, müssen wir deshalb alte Vorurteile über Bord werfen. Im Vordergrund steht dabei die Rolle des Staates. Das heisst keineswegs, dass wir subventionierte Staatsmedien brauchen, «Neues Deutschland» war zu DDR-Zeiten ebenfalls keine Perle des Journalismus. Es bedeutet, dass private Verleger und die öffentliche Hand neue Partnerschaften eingehen müssen.  

Die Schweizer Uhrenindustrie als Vorbild

Ein Vorbild könnte dabei die Uhrenindustrie in den Zwischenkriegsjahren sein. Bruno Bohlhalter zeigt in seinem Buch «Unruh» auf, dass sie in einer ähnlichen Strukturkrise steckte wie heute die Medien. Sie hatte kaum Eintrittsbarrieren – jeder talentierte Handwerker konnte Uhrenmacher werden – und es bestand die Gefahr, dass die Uhrenindustrie sich buchstäblich zu Tode konkurrenzierte. Zusammen mit den Staat wurde deshalb ein Modell entwickelt. Die Eintrittsbarrieren wurden künstlich erhöht, damit konnte die Verelendungsspirale gestoppt werden. Dieses Vorgehen entspricht zwar nicht den Idealen der freien Marktwirtschaft, aber es hat die Schweizer Uhrenindustrie überleben lassen.  

Auch die Medien müssen überleben, der «Bannwald der Demokratie» ist mehr als ein Schlagwort. Das zeigt sich derzeit in Russland. (Ja, das muss sein, und übrigens: Schaut euch das BBC-Video diesmal wirklich an. Ich habe es extra nochmals eingebunden.)

Bitte anschauen!Video: YouTube/Glen Coco

Putin hat nach seiner Amtsübernahme die Medien sehr rasch an die staatliche Leine gelegt. Das Resultat ist eine Medienwelt, die nur noch entfernte Ähnlichkeit mit der Realität hat, und Menschen, die sich widerstandslos einer «gelenkten Demokratie» unterwerfen.  

Berechtigte Sorgen

Donald Trump hegt Bewunderung für Wladimir Putin und verachtet Journalisten. Es wird sich weisen, wie er nach seinem Amtsantritt mit der vierten Gewalt verfahren wird. Sorgen sind durchaus berechtigt. Im Hinblick auf die zu erwartenden populistischen Stürme sollten wir uns ernsthaft Gedanken machen, wie wir unseren «Bannwald der direkten Demokratie» nachhaltig schützen können.

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61 Kommentare
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dwight_schrute
11.11.2016 14:49registriert April 2016
"Wir haben uns über ihn lustig gemacht, vor ihm gewarnt, seine unzähligen Lügen aufgedeckt, seinen verderbten Charakter aufgezeigt – aber wir hatten ihn nie wirklich im Griff."

Qualitäts-Medien sollten sich meiner Meinung nach nicht lustig machen über Politiker und Präsidentschaftskandidaten. Überlasst diese Aufgabe doch den Facebookern und Twitterer. Im Griff haben müssen die Medien auch niemanden. Sie müssen nur sachlich berichten.
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moedesty
11.11.2016 15:28registriert Oktober 2016
meine güte die heutigen "journalisten" sind echt nicht mehr viel wert.

90% der US medien gehören 6 firmen und ihr macht euch erst jetzt sorgen um die medien? indem ihr nicht über solche tatsachen berichtet seid ihr genau die gleiche "gefahr" wie trump, nämlich in dem ihr die leute für dumm verkauft.
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Oberlehrer
11.11.2016 15:37registriert Juli 2016
Hanns Joachim Friedrichs: "Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache - auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört."
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