Hubbles Blick auf ein kosmisches Juwel
Knapp 90 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt befindet sich im Sternbild Löwe eine Spiralgalaxie, die beinahe frontal zu unserer Blickrichtung ausgerichtet ist: NGC 3370, im englischen Sprachraum auch Silverado Galaxy genannt. 1784 vom deutsch-britischen Astronomen Wilhelm Herschel entdeckt, ist NGC 3370 mit unserer Milchstrasse vergleichbar, was Grösse und Masse anbelangt.
Das Hubble-Weltraumteleskop hat diese kosmische Schönheit während mehr als 20 Jahren mehrfach abgelichtet. Die folgende Aufnahme stammt aus dem Jahr 2003:
Das neue Hubble-Bild zeigt die majestätische Spiralgalaxie in atemberaubender Detailgenauigkeit, die Wellenlängen des Lichts einbezieht, die in der vorherigen Version nicht enthalten waren. Wer die Aufnahme in voller Auflösung herunterladen möchte, wird hier fündig. Und hier lässt sich das kosmische Juwel im ESA Sky Browser betrachten.
Kosmischer Massstab
NGC 3370 ist für die Astronomen aber nicht primär aus ästhetischen Gründen interessant – die Galaxie beherbergt nämlich zwei Arten von Objekten, die sehr nützlich sind, um die Entfernung zu weit entfernten Galaxien zu bestimmen: sogenannte Cepheiden (Pulsationsveränderliche) und Supernovae vom Typ Ia.
Cepheiden sind pulsierende Sterne, deren Spektralklasse und Temperatur sich streng periodisch ändern. Deshalb variiert ihre Leuchtkraft über einen Zeitraum von Tagen bis Monaten. Ihre intrinsische Helligkeit lässt sich aus ihrer Pulsationsperiode ableiten: Je langsamer ein Cepheide pulsiert, desto leuchtkräftiger ist er. Vergleicht man nun diese tatsächliche, errechnete Helligkeit mit der Helligkeit, mit der die Cepheiden von der Erde aus gesehen werden, kann man ihre Entfernung – und die ihrer Heimatgalaxie – äusserst genau berechnen.

Bei den Supernovae ist besonders die Supernova SN 1994ae von Bedeutung, die im November 1994 entdeckt wurde. Diese Explosion, die so hell leuchtete wie Milliarden Sterne zusammen, gehörte zur Kategorie Typ Ia. Das Besondere an diesem Supernova-Typ ist, dass sie immer mit ungefähr derselben Spitzenhelligkeit explodieren. Durch den Vergleich dieser bekannten Helligkeit mit der beobachteten Helligkeit konnten Astronomen die Entfernung zu SN 1994ae und damit zu NGC 3370 unabhängig überprüfen. Diese Supernova war eine der nächsten und am besten beobachteten ihrer Art seit dem Aufkommen der heutigen Weltraumteleskope.
Ob es nun um die Kalibrierung von Supernova-Entfernungen mit Cepheiden oder die Untersuchung der Feinstruktur seiner Spiralarme geht: NGC 3370 bleibt ein unverzichtbares Bindeglied in unserem Verständnis des Kosmos. Jeder neue Blick darauf, wie die neue raffinierte Hubble-Aufnahme, liefert nicht nur ein visuelles Spektakel, sondern auch wichtige Daten, um die Geheimnisse der Expansion des Universums und den Lebenszyklus von Galaxien weiter zu entschlüsseln. (dhr)
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