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Klimawandel verstärkte extreme Hitzewelle in der Antarktis im März 2022

Dome C in der Ost-Antarktis.
https://de.wikipedia.org/wiki/Dome_C#/media/Datei:Concordia_Station_at_Dome_C.jpg
Die französisch-italienische Forschungsstation Concordia Station am Dome C, einem der höchsten Punkte des antarktischen Eisschildes. Hier wurden die Extremtemperaturen gemessen.Bild: Wikimedia

Die extremste jemals verzeichnete Hitzewelle fand am kühlsten Ort der Welt statt

26.09.2023, 19:52
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Die extremste Hitzewelle, die jemals aufgezeichnet wurde, ereignete sich im März des vergangenen Jahres. In diesem Monat lag die Temperatur in der betroffenen Region knapp 40 Grad über dem Durchschnitt – ein Extremwert, der auch Experten zum Staunen brachte. Und die bisherigen Rekordwerte wurden um fast 20 Grad übertroffen.

Eine Hitzewelle dieses Ausmasses ging nicht unbemerkt vorbei, wie zahlreiche Artikel in den Medien belegen – auch watson berichtete darüber. Dass sie dennoch die Schlagzeilen keineswegs nur annähernd so stark dominierte wie etwa die Hitzewelle dieses Sommers, liegt daran, dass sie in einem unbewohnten Gebiet stattfand: in der Ostantarktis.

Laut einer Studie eines Teams um den Klimaforscher Edward Blanchard-Wrigglesworth von der University of Washington lag die Temperatur in der östlichen Antarktis auf dem Höhepunkt der Hitzewelle bei –15 Grad Celsius, obwohl sie eigentlich bei –54 Grad Celsius hätte liegen müssen. Gemäss den Ergebnissen der Studie, die in der Fachzeitschrift «Geophysical Research Letters» veröffentlicht wurde, führte ein anomales Luftzirkulationsmuster in der Nähe von Australien zu diesem beispiellosen Temperaturanstieg.

(a) Dome C daily temperatures over 1996–2021 (gray), 2022 (blue), and the climatology (black), (b) as in (a), but hourly temperature for mid-March (the x-axis are labeled at 12UTC on the dates shown), ...
A: Temperaturen am Dome C in der Ostantarktis von 1996–2021 (grau) und 2022 (blau). B: wie in A, aber stündliche Temeperatur für Mitte März. C: Dome-C-Radiosondentemperaturen während und vor der Hitzewelle (rot und blau). D + E: die grössten weltweit aufgezeichneten Hitzewellen, quantifiziert anhand von Stationsdaten. Grafik: Geophysical Research Letters

Dieser Befund war im Kern bereits im vergangenen Jahr bekannt: Die Hitzewelle war demnach das Ergebnis einer höchst ungewöhnlichen Wetterlage, die starke Nordwinde erzeugte und warme und feuchte Luftmassen aus Australien einführte. Normalerweise wehen die Winde um die Antarktis von Westen nach Osten und tragen dazu bei, den Kontinent von den wärmeren Regionen weiter nördlich zu isolieren. Obwohl die Hitzewelle kurz nach dem Rekordminimum des Meereises im Februar stattfand, hatten die Anomalien der Meeresoberflächen-Temperatur des Südlichen Ozeans nur einen minimalen Einfluss auf ihr Ausmass.

Die aktuelle Studie kommt nun aufgrund von Modellsimulationen zu einem weiteren Ergebnis: Die Klimaerwärmung hat die Hitzewelle um etwa 2 Grad Celsius verschlimmert. Zudem werden künftige Hitzewellen nach Ansicht des Forschungsteams unter vergangenem und künftigem anthropogenem Einfluss am Ende des Jahrhunderts um 5–6 Grad Celsius wärmer sein. Dies deute darauf hin, dass die Temperaturen über der ostantarktischen Eiskappe während extremer Hitzewellen den Schmelzpunkt von Eis erreichen könnten.

Die Studie bestätigt ferner, was letztes Jahr noch vermutet wurde: Es handelte sich bei der Temperaturanomalie im vergangenen März in der Tat um die stärkste Hitzewelle, die jemals lokal registriert wurde.

Der Meteorologe Jonathan Wille von der ETH Zürich, der selber nicht an der Studie beteiligt war, erklärte gegenüber der «Washington Post», es sei möglich, dass der Klimawandel die atmosphärische Dynamik beeinflusst habe, etwa diese tropischen Konvektionsanomalien, die zu der Hitzewelle geführt hätten. Es sei indes sehr schwierig, diese Dinge zu quantifizieren. (dhr)

Wohl Negativrekord bei Meereisausdehnung in der Antarktis
Die maximale Ausdehnung des Meereises in der Antarktis dürfte in diesem Jahr einen negativen Rekordwert seit Beginn der Aufzeichnungen erreicht haben. Die Meeresausdehnung schwankt stark im Jahresverlauf und erreicht in der Regel ihr Minimum im Februar und ihren Höchstwert im September.
So wurde in diesem Jahr Satellitenaufnahmen zufolge die flächenmässig grösste Eisbedeckung mit 16,96 Millionen km2 vermutlich am 10. September erreicht. Das ist der niedrigste Wert seit 45 Jahren, wie die US-Raumfahrtbehörde Nasa mitteilte. Zum Vergleich: Der Durchschnittswert für die Jahre 1981 bis 2010 liegt bei 18,71 Millionen km2.
Die Ausdehnung liege in diesem Jahr mehr als eine Million km2 unter dem bisherigen Rekordtief von 1986, teilte das amerikanische National Snow and Ice Data Center (NSIDC) mit.
Die aktuellen Messungen seien vorläufig und könnten noch revidiert werden, teilten Nasa und das NSIDC weiter mit. Grund seien anhaltende Winterbedingungen, die die Ausdehnung des Eises noch weiter vergrössern könnten. Anfang Oktober soll demnach die endgültige Analyse veröffentlicht werden. (sda/dpa)
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So schön sieht es in unerforschten Teilen der Antarktis aus

Video: srf
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26 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Aspirin
26.09.2023 21:04registriert Januar 2015
Ob das nun nur Wetter war, oder Klimawandel, werden wir wohl nie hundertprozentig sagen können. Aber die purzelnden Rekorde überall und praktisch jeden Monat so über längere Zeiträume, sind schon höchstverdächtig. Könnte fast schon das Klima sein.
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desarts
26.09.2023 22:10registriert August 2022
"knapp 40 Grad über dem Durchschnitt "

Schon krass wie schnell dass das geht... und bald stehen die Kipppunkte vor der Türe ☝️

Die SVP mag es ja warm 🤗
🙈
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