Mit diesem neuen Instrument sollen Skigebiete die Zukunft bewältigen
Die Schweiz und das Skifahren, das ist eine emotionale Sache – nicht nur, wenn Marco Odermatt, Lara Gut-Behrami oder Wendy Holdener und Loïc Meillard um Weltcuppunkte fahren. Nein, Skiferien und Skifahren, das gehört bei vielen Schweizerinnen und Schweizern zu einem perfekten Winter einfach dazu.
Denn die Lust ist ungebrochen: «Winterferien und Pistensport sind weiterhin hochbegehrt. Die Schweizer würden die Nähe zum Schnee verlieren? Solange man die Schneeberge auch in Städten wie Zürich sieht, ist das nicht so», erklärt Berno Stoffel, Geschäftsführer Seilbahnen Schweiz.
Mit Fakten gegen Meinungen
Gesagt hat er dies am Montagmittag beim Mediengespräch zur «Zukunft des Wintertourismus» vor einer Journalistenrunde. Seilbahnen Schweiz und Schweiz Tourismus haben mit dem SLF, der ETH und MeteoSchweiz den Kompass Schnee entwickelt, der die Schneesituation in der vom Klimawandel geprägten Zukunft aufzeigt und daran angepasste Strategien für den Wintertourismus vorschlägt.
Denn bisher war das Spektrum gross. Von Klimaleugnern bis Winter-Endzeitszenario-Skizzierern gehen die Meinungen diametral auseinander. Der Kompass Schnee soll hier mit Fakten entgegentreten. Wichtig sei gewesen, ein Tool zu bauen, damit die Skigebiete aufgrund von Daten entscheiden können. Es geht auch um Validierung von informellem Wissen.
Oder wie es Schweiz-Tourismus-Direktor Martin Nydegger beschreibt: «Mit dem Kompass Schnee kommen wir von einer meinungs- und hoffnungsbasierten Herangehensweise auf eine datenbasierte.»
«Dies ist kein Rezept»
Entstanden ist ein «strategisches Organisationsinstrument auf der Grundlage wissenschaftlicher Daten, mit denen sich die Auswirkungen des Klimawandels gezielt bewerten und die notwendigen Anpassungen planen lassen». Der Kompass setzt sich aus sechs Modulen zusammen, etwa natürliche Schneedecke, Beschneiung oder Schneeabhängigkeit. Eines der Module umfasst die Anpassungsstrategien.
Festhalten will Stoffel jedoch: «Dies ist kein Rezept. Es gibt auch keine Ampel, welche für jedes Skigebiet Rot, Orange oder Grün zeigt.» Es gibt drei verschiedene Strategien – A, B und C. Je nachdem, in welchem Bereich ein heutiges Skigebiet liegt. Jede Strategie wird dann nochmals verfeinert. Jedoch können sich diese Strategien auch mischen.
- Strategie A: Weiter mit Schneesport
Die Klimadaten zeigen hier, dass man auch in Zukunft mit dem Schneesport erfolgreich sein kann. - Strategie B: Mit unsicheren Schneeverhältnissen leben
Aufgrund der Klimaerwärmung wird es vermehrt Wintersaisons mit ungenügenden Schneeverhältnissen geben. Es braucht einen Ausbau für schneeunabhängiges Winterangebot. - Strategie C: Übrige Saisons als Kompensation
Der Klimawandel dürfte das Wintergeschäft deutlich verschlechtern. Man sollte sich grundsätzlich neu positionieren und das Geschäft von Frühling bis Herbst stärken.
Höhenlage nicht alleine entscheidend
Die Verantwortlichen des «Kompass Schnee» hüten sich denn auch, Skigebiete zu klassifizieren oder zu sagen, wie viele Schweizer Skigebiete sie ungefähr in welcher Strategie sehen. Es gibt aber einige Beispiele.
Für Strategie A ist dies Flumserberg, das die Erschliessung neuer Geländekammern in der Höhe zeigt. Strategie B wäre die Rigi, welche mit Winterwanderwegen, Panoramarestaurants und Wellnesshotels einen Blick über das Nebelmeer bietet. Strategie C hat Sattel-Hochstuckli praktisch schon umgesetzt und «einen geordneten Wechsel auf die Sommersaison» vollzogen.
Wo sich welches Skigebiet platziert, kann mit dem Kompass Schnee eruiert werden. Die Schweiz wurde hierfür in 23 Regionen und 10 verschiedene Höhenstufen unterteilt. Denn die Höhenlage alleine entscheidet nicht darüber. So liegen das Glarnerland und die Vispertäler beide auf rund 1400 Metern, aber weil das Glarnerland niederschlagsreich ist, fällt dort mehr Schnee als in der niederschlagsarmen Walliser Region.
«Solange es geht, werden Skigebiete in den Schnee investieren»
Was aber auch klar ist: Im Winter lässt sich mehr verdienen als im Sommer. Berno Stoffel sagt darum: «Die Investition in den Schnee ist stark – weil die Wertschöpfung da sehr hoch ist. Darum: Solange es geht, werden Skigebiete in den Schnee investieren.» Bei Seilbahnen Schweiz gab es bei den Frequenzen aber in den letzten Jahren im Sommer eine Zunahme von rund 70 Prozent. Die Anpassungen seien im Gang.
Die vor einem Monat im Rahmen des Projekts «Kompass Schnee» eingeführten Modelle seien von den Destinationen «sehr positiv» aufgenommen worden, sagte Stoffel am Montag. Vielerorts stünden grosse Bauprojekte an. «Für diese Leistungsträger sind die von uns zur Verfügung gestellten Modelle auch eine Bestätigung und helfen dabei, um die dazu notwendigen Bewilligungen einfacher und datenbasiert einholen zu können.»
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