«Unter 1500 Höhenmetern wird es für die Skigebiete schwierig.» Das sagte Klimaforscher Reto Knutti im November während eines Mediengesprächs des Verbands der Schweizer Seilbahnen und Schweiz Tourismus zum Thema «Skifahren in der Schweiz bis 2050». Die Nullgradgrenze wird gemäss Berechnungen bis dann um weitere 300 Meter ansteigen.
So zumindest die eingemittete Schätzung bei einem Temperaturanstieg von einem Grad. Das liegt unter den ehrgeizigen Zielen vieler Länder, es gibt aber auch deutlich pessimistischere Prognosen.
Wichtig: Es ging bei der Aussage um natürlichen Schneefall. Mit künstlicher Beschneiung könnte allenfalls schon weiter gefahren werden, allerdings würden auch die Anzahl Frosttage in tiefer Höhe deutlich abnehmen. Wie viel Schnee fällt und wie lange er liegen bleibt, hängt auch noch an weiteren Faktoren. Beispielsweise an der geografischen Lage: Schattenhänge sind bekanntlich schneesicherer.
Die Höhenlage alleine ist also nicht entscheidend, aber sicher ein wichtiger Punkt. Wie weit die jeweiligen Anlagen in den Skigebieten über 1500 Metern – und damit über der «kritischen Grenze» – liegen, siehst du für ausgewählte Skigebiete hier (beachte auch die Infobox, damit du dein Lieblingsskigebiet findest):
In Amden stehen fünf Anlagen. Das Skigebiet auf der herrlichen Sonnenterrasse reicht von 910 bis 1650 Meter. Die Pisten des Teilskigebiets Mattstock sind aktuell bereits geschlossen, die Sessellifte sind aber für (Winter-)Wanderer in Betrieb. Wie du auf der Karte siehst, knackt in Amden nur die höchstgelegene Anlage im obersten Drittel die 1500 Meter. Der ganze Rest des Skigebiets liegt unterhalb der «kritischen Grenze»:
In Braunwald befinden sich die Anlagen zwischen 1250 und 1900 Metern. Die blauen Pisten im familienfreundlichen Skigebiet starten bei knapp über 1500 Metern vom Grotzenbüel. Die Zukunft des Skigebiets hing nach zwei verlustreichen Saisons von einem guten Winter 2024/25 ab, wie die Südostschweiz im Oktober 2024 schrieb. Das dürfte der Fall gewesen sein.
Im Toggenburger Skigebiet Chäserrugg liegen die Zubringen von Alt St.Johan und Unterwasser unterhalb 1500 Metern. Die Talstationen starten bei 900 Metern, der höchste Punkt des Gebiets liegt auf 2200 Metern. Auch das direkt nebenan liegende Skigebiet Wildhaus befindet sich mit einer Höhe von rund 1000 bis knapp über 2000 Metern in ähnlicher Ausgangslage.
Engelbergs Skigebiet führt auf über 3000 Meter. Die unteren Bereiche beginnen aber schon bei 1000 Metern. Die Gerschnialp liegt deutlich unter 1500 Metern, der Hauptteil des Skigebiets beginnt ab Trübsee (1800 m) und liegt, wie auf der Karte gut erkennbar, deutlich über der kritischen Höhe.
Zum Skigebiet Flumserberg hat es eine Zubringergondel vom Walensee auf rund 400 Metern. Auch wenn es hier eine Talabfahrt gäbe, beginnt das Skigebiet eigentlich erst auf 1200 Metern und reicht bis 2200 Meter. Die unteren Bereiche (meist die einzigen blauen Pisten) beim Tannenboden und Tannenheim befinden sich unterhalb der kritischen Grenze, das Hauptskigebiet auch hier aber deutlich drüber.
In Gstaad verteilen sich die fünf Hauptskigebiete zwischen 1000 und fast 3000 Metern über Meer. In vier der fünf grösseren Skigebiete starten die Anlagen deutlich unter der kritischen Grenze. Ausnahme bildet hier der Glacier 3000, wo nur die unterste Zubringergondel bei Reusch auf 1350 Metern startet.
Wie die Karte zeigt, liegen in Saanenmöser-Schönried – dem grössten Teilskigebiet – sechs Anlagen unterhalb der 1500-Meter-Linie:
Von 1050 bis 1820 Meter erstreckt sich das Skigebiet Hoch-Ybrig. Die beiden Zubringer von Laucheren und Weglosen haben auch Bergstationen knapp unter 1500 Metern. Oben warten dann diverse blaue Pisten auch im obersten Bereich auf die Wintersportlerinnen und Wintersportler.
Das verbundene Skigebiet Klewenalp-Stockhütte startet – mit Ausnahme der Zubringerbahnen – bei rund 1200 Metern und reicht bis 1930 Meter über Meer. Der Teil Stockhütte befindet sich gesamthaft unter 1500 Metern, die Klewenalp-Bergstation der Zubringergondel liegt auf fast 1600 Metern.
Von 1230 bis 2865 Meter reicht das Skigebiet Arosa-Lenzerheide. Mit Ausnahme der Bahnen ab Churwalden liegt hier alles über der kritischen Grenze. Zu beachten sind hier die Sonnen- und Schattenseiten, was sich auf die Schneemenge auswirken kann.
Kritischer präsentiert sich die Lage am Pizol: Die beiden Zubringerbahnen von Wangs und Bad Ragaz aus starten auf rund 500 Metern und enden knapp über 1500 Metern. Die Pisten liegen praktisch alle über 1500 Metern, dazu kommt die lange Schattenlage für Teile des Gebiets, was die Schneesicherheit erhöht.
In Sörenberg wurden in dieser Saison die Skilifte Ochsenweid, Rischli und Brunnenboden nicht mehr betrieben. Im grössten Luzerner Skigebiet will man den Fokus vermehrt auf den Sommer legen. In den Jahren zuvor lohnte sich der Aufwand für die drei Lifte nicht mehr.
Die noch in Betrieb stehenden Anlagen zwischen 1166 Metern und dem höchsten Punkt auf rund 2300 Metern erreichen nur teilweise knapp die Grenze von 1500 Metern. Ausnahme ist der Skilift Eisee beim Brienzer Rothorn, wo du mit der grossen Gondel hinaufkommst.
Es gibt aber natürlich auch diverse Skigebiete, die deutlich über der kritischen Grenze von 1500 Metern liegen. Gemäss der Aussage von Reto Knutti im November sind Skigebiete ab 1800 Metern in den nächsten Jahren auf der sicheren Seite. Wir zeigen hier stellvertretend eine kleine Auswahl:
Die Talebene im Engadin erstreckt sich zwischen 1600 und 1800 Metern. Skigebiete wie St.Moritz oder Scuol liegen alle deutlich über der kritischen Grenze.
Auch in Saas-Fee startet das Skigebiet auf rund 1800 Metern und führt bis auf rund 3500 Meter über Meer.
Das vor zwei Jahren wiederbelebte Skigebiet Confin in San Bernardino startet auf 1650 Metern und führt bis auf rund 2500 Meter über Meer. Aktuell verzichtet man hier auf künstliche Beschneiung.
Noch ein letztes Beispiel für Skigebiete, die vollständig über 1500 Metern liegen: Zermatt. Hier beginnt der Spass ab 1620 Metern und endet auf 3810 Metern – dem höchsten Punkt in Schweizer Skigebieten.
Die durchschnittliche Höhe der Bergstation in Schweizer Skigebieten liegt bei rund 1600 Höhenmetern. Berno Stoffel, Direktor von Seilbahnen Schweiz, betonte im November allerdings: «Viele Destinationen sind deutlich oberhalb der kritischen Grenze. Da kann auch weiterhin bei guten Bedingungen Ski gefahren werden.»
Martin Nydegger, Direktor Schweiz Tourismus, warnte am gleichen Anlass vor Alarmismus. «Wir wollen Fakten schaffen», sagte er. Das Bild mit der kunstbeschneiten Talabfahrt inmitten von grünen Wiesen verzerre die Realität.
Das «Gespenst Klimawandel» wirke zuweilen etwas schrecklicher, als es tatsächlich sei. Apropos Kunstschnee: In der Schweiz werden rund 54 Prozent der Skigebiete mit technischem Schnee beschneit. Im umliegenden Ausland sind es teilweise deutlich höhere Anteile.
Blicken wir auf den sich seinem Ende entgegenneigenden Winter, stimmt das. Die Wintersaison 2024/25 dürfte bei vielen Skigebieten als gutes Jahr in die Bücher gehen.
Anfangs Februar schrieb Seilbahnen Schweiz in einer Zwischenbilanz-Medienmitteilung: «Die Schweizer Seilbahnbranche blickt auf eine gute erste Hälfte der Wintersaison 2024/25 zurück. Der Januar 2025 ist auf dem gleichen Niveau wie der Januar 2024. Zählt man den aussergewöhnlichen Saisonstart dazu, beträgt das Plus 10 Prozent. Im Vergleich zum Fünfjahresdurchschnitt sind es sogar 22 Prozent mehr Gäste. Auch im Januar konnten sehr viele auch tiefer gelegene Bergbahnen ein hochwertiges Produkt anbieten.»
Schneesport ist also bei Herr und Frau Schweizer im Trend. Das zeigen auch Zahlen von Schul-Skilagern und Skischule-Stunden. Doch für viele Liftanlagen in tieferen Lagen wird es in den nächsten Jahren tendenziell schwieriger, wirtschaftlich zu bleiben.
Danke für den Bericht.
Super, dann machen wir einfach weiter wie bisher.