Hans Ormund Bringolfs Vater, ein reicher Unternehmer und Oberst bei der Schweizer Kavallerie, war ein gefragter Mann, aber auch ein Zyniker, der voller Verachtung auf die Welt blickte. Seine russischstämmige Mutter hatte ein leidenschaftliches und angriffslustiges Temperament – vielleicht aufgrund ihrer engen Verwandtschaft mit zwei Generälen. Die Eltern hassten einander und in ihrem Haus in Schaffhausen herrschte stets Feindseligkeit. «Von meiner Mutter habe ich nichts; von meinem Vater den absoluten Amoralismus», bemerkt Bringolf. Sich selbst beschreibt er so: «Ungezügelte Fantasie, Anführertyp, Unfähigkeit zum Gehorsam» mit einer «übermässigen Liebe zum Geld, nur um es auszugeben».
Beim Tod des Vaters im Jahr 1892 erbt Hans ein Vermögen. Er beginnt ein Jurastudium in Heidelberg, wo er einer Studentenverbindung beitritt. Es folgen zahlreiche Mensuren, Saufgelage und schliesslich eine sehr dürftige Doktorarbeit, bei der bis heute nicht sicher ist, ob er sie selbst verfasst hat. Für Frauen interessiert er sich wenig. Stattdessen sucht er Freunde aus dem Hochadel, die er mit seiner Freigiebigkeit beeindrucken will. Da kulinarische Genüsse für ihn einen äusserst hohen Stellenwert haben, lädt er zu prunkvollen Banketten mit unzähligen Gästen ein. Einmal lässt er 25 Tischgästen eine Suppe servieren, in der Goldplättchen schwimmen.
Im Alter von 19 Jahren leistet Hans Ormund Bringolf seinen Militärdienst bei der Kavallerie in Zürich, wo er zum Leutnant befördert wird. Seine Kameraden nennen ihn «Leutnant B. selig», weil er bei Manövern nicht davor zurückschreckt, sein Leben zu riskieren. Bald darauf wird er als Schweizer Militärattaché in Berlin eingesetzt. Der Plan, seine inzwischen maroden Finanzen durch eine Heirat aufzustocken, scheitert. Auch nach seiner Versetzung nach Wien bleibt die Brautsuche erfolglos. Die Zeit drängt. «Mir geht das Geld aus. Ich sitze auf glühenden Kohlen, bin gefangen in einem Teufelskreis.»
Endlich findet er ein reiches junges Mädchen, deren Eltern der Heirat zustimmen. Doch schon nach der rauschenden Hochzeitsfeier kommt ans Licht, dass Bringolf enorme Schulden hat. Es kommt zur Auflösung der Ehe, zur Entlassung aus dem diplomatischen Dienst und zum Rauswurf aus der Studentenverbindung. Für die Presse ist die Affäre ein gefundenes Fressen. Man kann Bringolf Urkundenfälschung nachweisen und die Gläubiger sitzen ihm im Nacken. So bleibt ihm nichts anderes übrig, als zu fliehen: nach Spanien, dann nach Mexiko, wo er ein elendes Dasein führt.
Schliesslich verpflichtet er sich für drei Jahre in der US-amerikanischen Armee. Beim Militär fängt er sich wieder: Er wird Unteroffizier und arbeitet als US-Polizist auf den Philippinen, muss seinen Posten jedoch verlassen, weil man mit seinen Ermittlungsmethoden nicht einverstanden ist. Und weiter geht es rund um den Globus: Nach einer Zeit als Anwalt in Manila sucht er sich Arbeit in China, Japan und Australien. Von Neuseeland aus zieht es den Abenteurer nach Lateinamerika. Nachdem er aber in Paraguay in einen Putschversuch verwickelt wird, muss er das Land überstürzt verlassen.
Er schlägt sich als Tellerwäscher und Schuhputzer durch. Der Versuch, sich mit gefälschten Dokumenten als Schweizer Diplomat auszugeben, fliegt auf und er muss erneut untertauchen. Vergebens – man spürt ihn sogar in seinem Versteck im Amazonas-Dschungel auf und verhaftet ihn. Die drei Jahre im Gefängnis von Lima sind eine regelrechte Vorhölle. Ausgerechnet hier konvertiert der Betrüger zum Katholizismus. Nach dem Absitzen seiner Strafe führt ihn sein Weg nach Deutschland, wo er als Heizer auf einem Frachtschiff anheuert.
Zurück in Heidelberg macht er sich abermals der Hochstapelei schuldig, was ihm eine erneute Haftstrafe von zweieinhalb Jahren einbringt. Als nach seiner Freilassung der Krieg ausbricht, wittert er seine Chance. Er geht zur Fremdenlegion und bewährt sich in der Schlacht an der Somme, was ihm eine Beförderung zum Offizier einbringt. Wenig später wird er an die bulgarische Front versetzt. Als Hauptmann führt er dort eine Truppe aus bosnischen und serbischen Freiwilligen an. Sein Mut und seine Geschicklichkeit bescheren ihm den Beinamen der «Löwe von Monastir», mehrere Militärorden, zahlreiche Auszeichnungen und 1923 sogar die Aufnahme in die Ehrenlegion.
Das Glück ist ihm nochmals hold. Im Saarland leitet er ein Konsortium und später verschiedene Handelsunternehmen. Doch die Vergangenheit holt ihn, trotz der Unterstützung treuer Freunde, immer wieder ein. Hinzu kommt der Fluch des Geldes: Sobald er welches hat, gibt er es mit vollen Händen aus. Demoralisiert und erschöpft findet er Zuflucht im Pflegeheim von Hallau, seiner Heimatgemeinde. Hier schreibt er seine Memoiren, die in französischer Sprache von Blaise Cendrars veröffentlicht werden.