Die Wissenschaft ist eine feine Sache. Sie erklärt uns die Welt und ermöglicht uns, uns immer weiter zu bilden. Aber es gibt ein paar Dinge, an denen sich die Wissenschaftler mit ihren Erklärungsversuchen bisher die Zähne ausgebissen haben. Hier sind sieben davon:
Schon die alten Griechen kannten das Phänomen: Es gibt Leute, die müssen niesen, wenn sie plötzlich aus einer dunklen Umgebung ins Helle treten. Und zwar – bis auf wenige bedauernswerte Ausnahmen – maximal dreimal. Je nach Ausprägung kennen 17 bis 35 Prozent der Menschen, darunter etwas mehr Frauen, dieses Sonnen-Niesen aus eigener Erfahrung. Für den photischen Niesreflex – im Englischen auch mit dem lautmalerischen Akronym «ACHOO-Syndrome» (von Autosomal Dominant Compelling Helio-Ophthalmic Outbursts of Sneezing) bezeichnet – gibt es bis heute keine klinische Diagnose.
Vermutlich wird das Syndrom, das nichts mit einer Sonnenallergie zu tun hat, vererbt. Bisher ist es der Wissenschaft nicht gelungen, die Ursachen für den photischen Niesreflex restlos zu klären. Immerhin gibt es eine Theorie, die bis jetzt als wahrscheinlichste Erklärung gilt: Bei den Betroffenen liegen demnach der Sehnerv und der Drillingsnerv, der von der Nasenschleimhaut herkommt, zu nahe beieinander. Wenn ein starker Reiz über den Sehnerv geleitet wird, reagiert auch der Drillingsnerv und signalisiert dem Gehirn eine nicht vorhandene Reizung der Nasenschleimhaut.
Möglich ist aber auch, dass der visuelle Kortex im Hirn von «photischen Niesern» empfindlicher auf Lichtreize reagiert, wobei zusätzlich für den Tastsinn zuständige Hirnareale angeregt werden. Das Phänomen wäre in diesem Fall mehr als nur ein Reflex, der allein auf der Ebene des Stammhirns und Rückenmarks auftritt. Niesreflexe gibt es übrigens auch im Zusammenhang mit anderen Reizen – beispielsweise gibt es Menschen, die beim Orgasmus niesen müssen oder nur schon beim Gedanken an Sex.
Wer Velofahren gelernt hat, weiss es: Es ist nicht immer leicht, auf dem Drahtesel das Gleichgewicht zu bewahren. Wenn das Rad fährt, ist das nicht sonderlich schwer, aber bei sehr langsamem Tempo oder gar Stillstand gelingt der Balanceakt nur noch Könnern. Warum ein Fahrrad nicht einfach umfällt, obwohl es nur an zwei Punkten den Boden berührt, ist allerdings gar nicht so einfach zu beantworten. Sofern ein Fahrer involviert ist, lässt sich das Verhalten des Velos damit erklären, dass dieser jeweils zu jener Seite steuert, in die das Velo zu kippen droht. Damit gelangt der Auflagepunkt – wo die Reifen den Boden berühren – wieder unter den Massenschwerpunkt.
Aber auch führerlose Velos, denen man mit einem Stoss Anschub gibt, wackeln zwar kurz hin und her, stabilisieren sich aber und fahren eine gewisse Strecke vorwärts. Lange galt der gyroskopische Effekt – der Widerstand eines drehenden Rades gegen eine Neigung – als Erklärung dafür. Diese Theorie wurde aber 1970 widerlegt.
Die Ersatz-Theorie postulierte, dass der sogenannte «Nachlauf» für die Stabilität sorgt. Das Vorderrad berührt den Boden einige Zentimeter hinter dem sogenannten Spurpunkt, an dem die gedachte verlängerte Lenkerachse auftrifft; dies führt zu einer Art Lenkrollen-Effekt. Doch auch dieser Theorie war kein besseres Schicksal beschieden. 2011 wurde auch sie entkräftet.
Was gibt es Wohligeres als das satte Schnurren einer zufriedenen Katze? Die seltsame Lautäusserung unserer Stubentiger – übrigens schnurren auch Luchse, Servals und sogar Geparden – ist offenbar angeboren, denn schon ganz kleine Kätzchen schnurren beim ersten Säugen. In dieser Situation dient das Schnurren wohl der Kommunikation; es zeigt der Katzenmutter an, dass die Jungen sich wohlfühlen.
Generell scheint das Schnurren als Signal der Friedfertigkeit zu dienen. Allerdings schnurren Katzen, die allein sind, ebenfalls. Und sie tun es auch in Stresssituationen, beispielsweise wenn sie hungrig, erschrocken oder verletzt sind – womöglich zur eigenen Beruhigung.
Ungeklärt ist nicht nur die Frage, warum Katzen schnurren, sondern auch, wie sie es tun. Es gibt mehrere Hypothesen, wie Katzen die Vibrationen im Bereich von 20 bis maximal 150 Hertz erzeugen. So sollen es rhythmische Schwingungen der Stimmbänder sein, die von Resonanzräumen verstärkt werden.
Es könnten jedoch auch die sogenannten falschen Stimmbänder – zwei Hautfalten, die hinter den eigentlichen Stimmbändern liegen – für das Schnurren verantwortlich sein. Oder Katzenlaute könnten durch das Zungenbein, die Hauptschlagader oder durch den Blutfluss in der Lunge zum Schnurren moduliert werden. Derzeit gilt die These als am plausibelsten, dass ein schnelles Zucken der Kehlkopfmuskeln und des Zwerchfells das Schnurren verursachen.
Wir gähnen in den verschiedensten Situationen – nicht nur dann, wenn wir müde sind, sondern auch bei Langeweile oder Stress. Obwohl Gähnen ein alltäglicher und häufiger Vorgang ist, hat die Wissenschaft immer noch keine stringente Erklärung, warum wir es überhaupt tun. Gähnen ist offenbar in hohem Masse ansteckend – es kann nicht nur durch die Beobachtung ausgelöst werden, sondern nur schon durch den Gedanken daran.
Es gibt auch Hinweise, die allerdings nicht unumstritten sind, dass einfühlsame Menschen sich schneller anstecken lassen als andere. Aus diesem Grund vermuten viele Wissenschaftler, dass Gähnen etwas mit Einfühlungsvermögen zu tun hat – zumal es scheint, dass emotionale Nähe die Ansteckung erleichtert. Dies gilt offenbar sogar für Hunde, die sich von menschlichem Gähnen anstecken lassen, und zwar umso mehr, je besser sie den Menschen kennen.
Die früher populäre These, dass Gähnen etwas mit der Sauerstoffversorgung des Hirns zu tun hat, ist seit längerem widerlegt. Auch die oft vorgebrachte Annahme, dass es wach macht, liess sich wissenschaftlich nicht erhärten. Die Gehirnaktivität verändert sich durch das Gähnen nicht. Möglicherweise könnte es aber mit der Regulierung der Temperatur im Gehirn zu tun haben. So gähnen Ratten dann, wenn die Temperatur in ihrem Gehirn ansteigt. Tatsächlich fällt sie danach wieder durch das tiefe Einatmen kühlerer Luft. Auch dieser Ansatz ist aber erst eine Hypothese – nach wie vor bleibt das Gähnen ein Rätsel.
Wer schon eine mittelalterliche Burg besucht und dort eine Wendeltreppe im Bergfried hinaufgestiegen ist, der hat vielleicht bemerkt, dass sie sich rechtsherum windet. Der Grund dafür ist, dass bei einem Angriff der oben stehende Verteidiger mit der schwertführenden rechten Hand besser ausholen kann. Diese Bevorzugung der Rechtshänder ist nachvollziehbar, denn die deutliche Mehrheit der Menschen ist rechtshändig.
Zwar ist der Anteil der Linkshänder unter den Männern leicht höher als bei Frauen, doch insgesamt dürften nur 10 bis 15 Prozent die linke Hand bevorzugen – genaue Zahlen gibt es nicht. Sicher ist hingegen, dass der Anteil der Linkshänder in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat. Das dürfte vornehmlich daran liegen, dass Linkshänder heute nicht mehr umerzogen werden.
Die Gründe für die Dominanz der Rechtshänder sind nicht geklärt. Sicher ist, dass die Gene dabei eine Rolle spielen: Während rein rechtshändige Eltern nur in 2 Prozent aller Fälle ein linkshändiges Kind bekommen, steigt die Wahrscheinlichkeit auf 17 Prozent, wenn ein Elternteil linkshändig ist. Und bei zwei Linkshändern als Eltern liegt sie bei fast 50 Prozent. Bis jetzt ist aber unklar, ob ein einzelnes Gen für die Händigkeit verantwortlich ist, und welches es ist.
Studien mit eineiigen Zwillingen zeigen zudem, dass nicht nur die Gene die Händigkeit beeinflussen – sondern auch die Umwelt. Neben der Erziehung könnten dies auch Einflüsse während der embryonalen Entwicklung sein, beispielsweise ein erhöhter Testosteronspiegel, der zu einer Dominanz der rechten Hirnhälfte und damit zur Linkshändigkeit führt.
Wir alle träumen – aber keiner weiss, warum genau. Das liegt vor allen Dingen an einem methodologischen Problem: Nur Wache können Auskunft über ihre Traumerlebnisse geben; aber wenn sie wach sind, träumen sie nicht. So filtert und interpretiert stets das wache Ich das Traumgeschehen. Das Land der Träume ist eine mitunter bizarre Parallelwelt – der man in der Esoterik eine Art höhere Realität zuschreibt –, zu der Logik und begriffliches Denken nur beschränkt Zutritt haben.
Dagegen können jedoch die physiologischen Vorgänge im träumenden Hirn untersucht werden. So zeigt sich beispielsweise, dass Hirnareale im für Bewegungen zuständigen Motorkortex aktiv sind, wenn wir uns im Traum bewegen. Die Impulse, die dabei aus diesen Arealen zu den Muskelzellen ausgehen, werden aber blockiert, so dass der Körper die Bewegung nicht ausführt.
Umstritten ist vor allem die Funktion des Träumens. Es gibt eine Vielzahl von Theorien, die einander zum Teil ausschliessen: So gibt es Wissenschaftler, die Träume als sinnloses Produkt eines Neuronengewitters in bestimmten Hirnregionen sehen. Andere sehen die Funktion des Traums darin, dass das Gehirn beim Träumen jene Dinge verarbeitet und verfestigt, die wir tagsüber gelernt haben – indem es neue mit alten Informationen mischt und abspeichert. Möglicherweise dienen Träume aber auch im Gegenteil dazu, Dinge zu vergessen, nachdem sie im Traum bereinigt worden sind.
Eine ähnliche Theorie besagt, dass wir im Traum den Umgang mit Angstsituationen trainieren, besonders bei Albträumen. Das Gehirn verarbeitet dann angstbesetzte Inhalte. Wieder eine andere Hypothese nimmt an, dass wir träumend kreativere Ansätze für die Lösung von Problemen finden. Tatsächlich gibt es Beispiele von Künstlern, die im Traum kreative Ideen hatten – wie Paul McCartney, der sagt, er habe die Melodie von «Yesterday» geträumt.
Die gesamte Uferlänge der Schweizer Seen beträgt rund 2000 Kilometer, können wir hier lesen. Und Grossbritannien glänzt mit 12'500 Kilometer Küste. Solche Angaben eignen sich prima für mühsame Schätzfragen in einem Geografie-Quiz – aber stimmen sie auch? Nun, das kommt darauf an. Das Küstenlinien-Paradox besagt nämlich, dass feinere Messungen zu einer grösseren Länge führen. Man kann sich das anhand einer Messlatte vorstellen: Je kürzer sie ist, desto genauer bildet sie die unregelmässige Küstenlinie ab – bis am Schluss theoretisch jedes Molekül gemessen wird. Und die Länge dabei ins Unendliche geht.
Gebilde mit einer begrenzten Fläche, aber unendlichem Umfang erinnern an fraktale Kurven in der Mathematik wie die kochsche Schneeflocke. Fraktale sind allerdings oft selbstähnlich, d. h., ihre Struktur wiederholt sich bei zunehmender Vergrösserung immer wieder. Dies tritt bei Küstenlinien nur annäherungsweise auf – hier kommt die Selbstähnlichkeit von Strukturen lediglich begrenzt vor und geht nicht bis ins unendlich Kleine weiter. Ohnehin hat die Messung von Küstenlinien nur bis zu einem bestimmten Massstab überhaupt einen praktischen Sinn.
2%? Jetzt fühle ich mich besonders! 🤩
Kein Physiker hier? Ich mein ein echter.