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Verstrickter als der beste Krimi – so lief der Fall um Spion Daniel M.

Spion (Symbolbild)
Daniel M. verdient mit dem Verkauf von Bankdaten viel Geld.Bild: nordwestschweiz

Operation «Eiswürfel» – wie die Geheimdienste Daniel M. versenkten

Der Fall Daniel M. gleicht einem Kriminalroman erster Güteklasse. Ein kompliziertes Beziehungsnetz, geheime Filmaufnahmen, Steuerhinterziehung und der Verkauf von Steuerdaten – alles ist dabei.
10.05.2017, 23:0511.05.2017, 07:45
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Die SRF-Sendung «Rundschau» zeigt in einer aufwändigen Recherche, wie es um den in die Schlagzeilen geratenen und derzeit in deutscher Haft sitzenden Schweizer Spion Daniel M. im Detail steht.

Am Ursprung ist der Auftrag, nach welchem der Privatdetektiv Daniel M. agiert. Der frühere Zürcher Polizist und Sicherheitsbeauftragte der Grossbank UBS soll für den Schweizer Geheimdienst deutsche Steuerfahnder ausspionieren. Das Ziel: In Erfahrung bringen, woher die Steuer-CDs mit Schweizer Bankdaten kommen, heisst es im Bericht der «Rundschau».

Mehrere 10'000 Euro in Bar

Sein Anwalt Valentin Landmann lässt sich in der SRF-Sendung folgendermassen zitieren: «Daniel M. ist für mich ein blitzgescheiter Typ. Er weiss, wo Verbindungen zu schaffen sind und wie man diese benutzt. Informationen zu erhalten, das ist sein Business.» 

«Er ist im Gefängnis in Mannheim, aber er ist aufgestellt, guter Dinge, ready for fight. Er wirft nicht einfach die Flinte ins Korn.»
Valentin Landmann verteidigt Daniel M.

Allerdings bleibt es nicht bei den ursprünglich geplanten Tätigkeiten. Daniel M. beginnt nämlich selber, Kundendaten zu verkaufen. Zwar stellen sich die vom Schweizer Spion gelieferten Bankauszüge später als gefälscht heraus, dennoch kassiert Daniel M. dafür mehrere 10'000 Euro bar auf die Hand.

Dummerweise wird Daniel M. bei einem seiner Verkäufe von einer versteckten Kamera gefilmt. Diese installiert hat Wilhelm Dietl, ein ehemaliger Mitarbeiter des deutschen Nachrichtendienstes, heute ist er bekannt als Geheimdienstexperte und Buchautor, er führt im Bayerischen Bad Kötzting einen eigenen Laden. Die «Rundschau» versucht Dietl dort zu kontaktieren, scheitert aber bei diesem Vorhaben.

«Eine hochinteressante Person»

Folgt man der Spur von Wilhelm Dietl, erreicht man Werner Mauss. Ein deutscher Meisterspion, der in den 80er-Jahren im grossen Stil mit zweifelhaften bis illegalen Mitteln auch in Zürich operiert hat und Ende April dieses Jahres wegen Steuerhinterziehung in der Höhe von 15 Millionen Euro vor Gericht stand. Er hat die Treffen zwischen Dietl und Daniel M. organisiert.

Auch zu Mauss äussert sich Valentin Landmann, der Anwalt von Daniel M.: «Werner Mauss ist eine hochinteressante aber völlig undurchsichtige geheimdienstnahe Gestalt in Deutschland. Man weiss, dass er früher viele Geheimdienstaufträge durchgeführt hatte. Er fährt nie einfach, bei ihm muss man immer mit Doppelspurigkeit rechnen. Mindestens.»

epa05556486 Former agent Werner Mauss stands in the courtroom at the start of his trial in the district court in Bochum, Germany, 26 September 2016. The district attorney's office is charging the ...
Werner Mauss vor Gericht.Bild: EPA/DPA

Werner Mauss weiss also Bescheid über Daniel M.s Verkäufe von Bankdaten und gibt die von Wilhelm Dietl aufgezeichneten Informationen wiederum weiter an Oliver Bartholet, den Chefjuristen der UBS. Gemäss der «Rundschau» verbindet diese beiden eine enge Beziehung, dies gab Mauss den Schweizer Behörden zu Protokoll.

Operation «Eiswürfel»

Mauss weist ein mögliches Fehlverhalten in seinem Vorgehen von sich, er wird in der SRF-Sendung folgendermassen zitiert: «Nach jedem Treffen habe ich mich mit dem Rechtsdienst der UBS getroffen und mit ihm abgestimmt.»

Fakt ist, dass die UBS im Januar 2015 gegen Daniel M. Anzeige bei der Schweizer Bundesanwaltschaft erstattet – wegen wirtschaftlichen Nachrichtendienstes. Staatsschutzleiter Carlo Bulletti höchstpersönlich übernimmt den Fall und startet eine Operation unter dem Namen «Eiswürfel». Im Februar 2015 wird Daniel M. unter einem Vorwand in ein Zürcher Restaurant gelockt, auf frischer Tat ertappt und festgenommen.

Etwas mehr als zwei Jahre später geht Daniel M. auch den deutschen Behörden ins Netz. Valentin Landmann sagt diesbezüglich: «Wir gehen davon aus, dass es eine Racheaktion gewesen ist für das Aufdecken der deutschen Spione. Man wusste nämlich, dass Daniel M. da mitgewirkt hat, hatte aber keinerlei Beweise. Was macht man da im Geheimdienst? Man versenkt jemanden.»

Dass Daniel M. nicht nur selbstlos gehandelt hat, gibt auch Landmann zu: «Er hat zweifellos den Köder geschluckt. Das hat schliesslich zum Verfahren geführt. Dass es aber eine reine Versenkungsaktion gegenüber einem unliebsamen Agenten ist, das zeigt sich in den Akten überdeutlich.»

Daniel M. ist derzeit in der Justizvollzugsanstalt Mannheim inhaftiert. (rst)

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