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TV-Gelder: Mehr Investitionen in den Eishockey-Nachwuchs?

Bern gegen Kloten: Wer wird die Partie künftig produzieren? Und wie viel Geld erhalten die Klubs dafür?
Bern gegen Kloten: Wer wird die Partie künftig produzieren? Und wie viel Geld erhalten die Klubs dafür?Bild: Christian Pfander/freshfocus

Mehr Geld für den Nachwuchs – oder wandern die TV-Millionen in die Taschen der NLA-Stars?

35,4 Millionen Franken bekommt unser Hockey ab 2017 pro Jahr für die TV-Rechte. Wir dürfen uns auf ein unterhaltsames Feilschen um diesen Geldsegen freuen.
02.07.2016, 18:3303.07.2016, 11:36
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«Unser Hockey» heisst konkret: Der Verband Swiss Ice Hockey (SIHF) kassiert ab 2017 fünf Jahre lang jährlich 35,4 Millionen Franken aus den TV-Rechten. Dazu werden pro Jahr noch rund 6 Millionen Franken aus der zentralen Vermarktung kommen (siehe Info-Box). Also sind rund 40 Millionen Franken zu verteilen. Das Geld wird an Swiss Ice Hockey überwiesen und dort an die einzelnen Abteilungen verteilt.

Zentrale Vermarktung
Nach dem Verkauf der medialen Rechte geht es nun noch um die zentralen Vermarktungsrechte: Also um die Werbeflächen, welche die Liga verkaufen kann. Diese Rechte halten vor allem die PostFinance (Mittelkreis) und die Zürich Versicherung (Schiedsrichter-Dress). Diese Rechte haben bisher knapp 6 Millionen Franken im Jahr eingebracht und eine Verlängerung um fünf Jahre mit den gleichen Partnern im ähnlichen Rahmen wird erwartet.

Unter dem SIHF-Dach sind die NLA, die NLB, das Amateurhockey und die Nationalmannschaften sowie die zentrale Verwaltung unter Verbandsgeneral Florian Kohler vereint. Das Geld wird nun so verteilt wie beim weltberühmten «Chästeilet» im Justistal: Die Bauern, die ihre Kühe im Justistal gesömmert haben, teilen den im Sommer produzierten Käse im Verhältnis zur Milchleistung der Kühe. Für eine anteilsmässige Aufteilung müssen sie sich selber einigen.

Im Justistal geht's um viel Käse, beim Hockeyverband um die Kohle.
Im Justistal geht's um viel Käse, beim Hockeyverband um die Kohle.Bild: KEYSTONE

Die NLA ist das Filetstück

Genauso ist es im Eishockey. Die verschiedenen Abteilungen müssen nun unter sich das Geld aufteilen, das sie mit ihrem Produkt auf dem TV-Markt erwirtschaftet haben. Dabei dient als Berechnungsgrundlage nicht die Milchleistung, sondern der Wert der einzelnen Abteilungen für diesen neuen TV-Vertrag.

Das Filetstück ist logischerweise die NLA. Ohne deren Spiele wäre der TV-Vertrag wertlos. Also will die Nationalliga auch den grössten Teil des Geldes. Die Nationalmannschaft hat ihren Wert ein wenig gesteigert, weil neu alle Heimspiele vom Schweizer Fernsehen übertragen werden. Auch die NLB hat nun einen gewissen Wert, weil der neue Rechteinhaber UPC auch regelmässig in seinen regionalen Kabelnetzen die Spiele der regionalen NLB-Teams übertragen wird.

Mehr TV-Präsenz für die zweite Garde: Szene aus dem NLB-Spiel zwischen Rapperswil-Jona und den GCK Lions.
Mehr TV-Präsenz für die zweite Garde: Szene aus dem NLB-Spiel zwischen Rapperswil-Jona und den GCK Lions.
Bild: Gonzalo Garcia

Kohler will mehr Kohle für den Nachwuchs

SIHF-Geschäftsführer Florian Kohler sagt, er werde in den nächsten Wochen einen Verteilungsvorschlag aufgrund der Wünsche und Bedürfnisse ausarbeiten und bei den verschiedenen Abteilungen (Liga, Amateurhockey, Nationalmannschaften) in die Vernehmlassung geben.

Kohler sagt, dass der Wert der NLA unbestritten sei. «Aber wenn wir den sportlichen Rückstand auf die Grossen verringern wollen, dann müssen wir in die Ausbildung investieren» betont er auch. «Wir haben jetzt eine einmalige Chance, in diesem Bereich mehr zu tun.» Kohlers Ziel ist es, mehr Geld für Ausbildungsprojekte des Verbandes und für die Junioren-Nationalmannschaften zur Verfügung zu haben.

Verbands-CEO Florian Kohler.
Verbands-CEO Florian Kohler.
Bild: KEYSTONE

Damit hat Kohler zweifelsfrei recht. Aber die Klubgeneräle sind halt anderer Meinung. Sie beanspruchen weiterhin den Löwenanteil für sich. Sie haben ein latentes Misstrauen gegen die Verbandsadministration. ZSC-General Peter Zahner sagt es so: «Wenn der Verband mehr Geld will, dann nur für Projekte, die Sinn machen.» Mehr Geld für die Verbandsbürokratie soll es nicht geben.

Klubs haben die Mehrheit

Entscheidend ist nun, wer bei diesem «Chästeilet» das letzte Wort hat. Es ist der sechsköpfige Verwaltungsrat von Swiss Ice Hockey. Dieser kann theoretisch Florian Kohlers Geld-Verteilungsplan auch gegen den Willen der Klubs absegnen. «Wenn das passieren sollte, dann wird der Verwaltungsrat abgewählt», droht jedoch einer der mächtigen Klubpräsidenten. Diese Gefahr scheint ohnehin klein: Die Nationalliga stellt drei von sechs Verwaltungsräten und einer davon, Marc Furrer, ist auch Präsident. Die Klubs haben dadurch die Mehrheit, weil der Präsident bei Stimmengleichheit den Stichentscheid hat.

Ziel ist eine Einigung noch im Sommer

Die Gefahr, dass sich die Klubs tatsächlich auf Kosten nachhaltiger Investitionen in zentrale Ausbildungs- und Nationalmannschaftsprogramme den grössten Teil des Geldes sichern, ist erheblich. Ihr Ziel ist eine Erhöhung der bisherigen jährlichen Zuschüsse von etwas mehr als 700'000 Franken pro NLA-Klub und Saison auf über zwei Millionen. Bei der NLB, die eine grössere TV-Präsenz erhalten wird, sollen die Zuschüsse von jetzt weniger als 100'000 Franken pro Jahr und Klub auf rund 300'000 Franken erhöht werden. Erstmals soll es mit dem neuen Vertrag auch Geld für die Klubs der 1. Liga geben.

Livespiele aus der 1. Liga
Erstmals in der Geschichte werden Spiele der 1. Liga live am Fernsehen gezeigt. Ab der Saison 2017/18 gibt es die neue, zwölf Teams umfassende «Swiss Regio League» aus den besten aktuellen 1. Liga-Teams. Der neue TV-Rechteinhaber UPC wird neben den Partien der NLA und der NLB auch Spiele dieser höchsten Amateurliga redaktionell aufarbeiten und live übertragen.

Die Erfahrung lehrt: Wenn die Klubs mehr Geld erhalten, geben sie dieses Geld für die Löhne aus. Mehr Geld für unser Hockey bedeutet primär höhere Löhne für unsere Spieler. Es ist nun die «heilige Mission» von Verbands-CEO Kohler, dafür zu sorgen, dass mehr Geld in die Ausbildung und damit in die Qualitätsverbesserung unseres Hockeys als in die Klubkassen fliesst.

Kohler strebt einen definitiven Verteilschlüssel noch vor dem Saisonstart an. Wohlwissend, dass es im Sommer viel einfacher ist, eine Lösung zu erzielen, wenn nicht Niederlagen immer wieder die Laune von Sportchefs und Präsidenten verderben.

Der Schweizer Eishockey-Meisterpokal im Wandel der Zeit

Wer produziert die Fernseh-Bilder?

Die TPC Switzerland AG ist verantwortlich für Produktion und Technik von Fernsehen, Radio und Multimedia für SRF (Schweizer Radio und Fernsehen). Bisher hat TPC für Swisscom/Teleclub die Eishockey-Partien produziert. Dieser Grossauftrag (Volumen rund 3 Mio. Fr. pro Saison) ist in Gefahr: Schlauerweise hat Swiss Ice Hockey im Verkauf der medialen Rechte einen Fixbetrag für die TV-Produktion eingerechnet und vergibt den Produktionsauftrag selber. Gelingt es dem Verband, den Produktionsauftrag günstiger hereinzuholen als die Fixsumme, die er dafür vom neuen Rechtehalter UPC erhält, verdient er noch einmal Geld.

Da CEO Kohler früher bei der SRG arbeitete, kennt er die TPC-Zahlen ganz genau. Der Druck auf die TPC ist erheblich: Geht der Auftrag an einen ausländischen Konkurrenten verloren, dann gerät die SRG-Tochterfirma in Not und es droht ein Stellenabbau.

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6 Kommentare
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Töfflifahrer
02.07.2016 20:30registriert August 2015
Was mich etwas verwirrt ist der Schluss des Artikels. Offensichtlich ist man bereit die eigentliche Film-Produktion ins Ausland zu vergeben. Man mag vom SRF bzw. TPC halten was man will, aber a) es ist eine CH-Firma und es geht um CH-Arbeitsplätzel. Eine nationale Liga sollte sich die Auftragsvergabe ganz genau überlegen. Speziell da ja durch den selben Verband auch die Nationalmannschaft und somit das "Schweizergefühl" ver(kauft)mittelt werden soll.
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