Alex Frei, der zusammen mit Petr Cech bei Stade Rennes spielte, kommt bei dem Tschechen ins Schwärmen: «Er ist der kompletteste Goalie, mit dem ich zusammengespielt habe. Auf der Linie, fussballerisch, wie er den Strafraum beherrscht, seine Grösse: Er ist ein überragender Torhüter.»
Chelsea holt den damals 22-Jährigen im Jahr 2004 für 13 Millionen Euro nach London. Die Defensive der «Blues» wird mit dem neuen Keeper fast unüberwindbar. Petr Cech hält seinen Kasten in der Saison 2004/2005 insgesamt 25 Spiele sauber – dabei bleibt er einmal 1025 Minuten in Folge ohne Gegentor. Chelsea holt sich schliesslich souverän das Double und Cech wird Welttorhüter 2005.
Doch am 14. Oktober 2006 hängt die Karriere des 1,96 Meter grossen linksfüssigen und -händigen Goalie am seidenen Faden. Im Premier-League-Spiel gegen den FC Reading prallt Cech nach 16 Sekunden mit dem ungestümen Stephen Hunt zusammen. Das Knie des Gegenspielers trifft den Tschechen unglücklich am Kopf.
Schiedsrichter Mike Riley erkennt die Schwere der Verletzung nicht und verweigert Cech sogar eine Erstversorgung auf dem Platz. Der Goalie muss auf allen Vieren vom Platz kriechen. Die Chelsea-Ärzte kämpfen hingegen um Cechs Leben. Ein Mediziner meint gegenüber dem «Daily Mirror»: «Die grosse Sorge war, dass sein Gehirn zu sehr anschwillt.»
Beim Schlussmann wird ein Schädelbasisbruch diagnostiziert. Der 24-Jährige wird umgehend ins Krankenhaus gebracht und noch am selben Tag in Oxford erfolgreich operiert. Cech wird für einige Stunden im Koma gehalten.
Zum unglücklichen Tag der Londoner passt, dass Cechs Ersatzmann Carlo Cudicini kurz vor Schluss nach einem Zusammenprall ebenfalls bewusstlos auf der Bahre vom Feld geführt werden muss. Weil das Wechselkontingent bereits erschöpft ist, muss mit John Terry ein Feldspieler ins Tor.
Doch die Hauptsorge gilt natürlich Cech. «Ich hatte Angst um sein Leben», so Chelsea-Coach José Mourinho über die Verletzung seines Goalies. Gegenüber der Presse erhebt der Portugiese schwere Vorwürfe an die Adresse von Täter Hunt: Er unterstellt ihm, dass dieser «die schwere Verletzung fahrlässig in Kauf genommen habe». Readings Trainer Steve Coppell hält dagegen. «Es sah schrecklich aus», sagt er, «aber ich weiss zu hundert Prozent, dass es keine Absicht war.»
Während seiner Reha gibt Cech dem klubeigenen Sender ein erstes Interview. «Ich kann mich noch nicht mal an den Anpfiff erinnern und auch nicht an den Zwischenfall», schildert Cech. «Das letzte, woran ich mich erinnern kann, ist, wie ich aus der Umkleidekabine kam, das Trikot anhatte und Hände (mit Gegenspielern) schüttelte», so Cech. Ihm gehe es «okay», er verspüre aber weiterhin Schmerzen.
Weiter meint der Tscheche: «Manchmal ist es schwer, weil ich aufwache und schreckliche Kopfschmerzen habe.» Allmählich mache seine Gesundung aber Fortschritte. Bei Schmerzen müsse er Medikamente nehmen, «ich versuche damit zu leben und jeden Tag wird's besser».
Seinen Unfall hat er sich zwar einmal im Fernsehen angeschaut, darüber reden will er aber in dieser schwierigen Phase nicht: «Ich konzentriere mich nur darauf, wieder fit zu werden.»
Drei Monate später steigt er wieder ins Training ein. Cech trägt dabei einen massgefertigten, 80 Gramm schweren Helm aus Kunststoff, da der Heilungsprozess einer Schädelverletzung mehrere Jahre dauern kann. Dennoch beteuert Cech auf «11 Freunde» vor seinem ersten Einsatz mit dem Nationalteam: «Ich habe keine Angst. An den Helm habe ich mich gewöhnt. Er behindert und stört mich nicht.»
«Ich habe den schwierigsten Augenblick meines Lebens überstanden, nun geniesse ich das Spiel noch mehr», so Cech weiter. Geholfen hat ihm vielleicht eine Selbsttherapie: Cech hat in seiner Freizeit Psychologie studiert.
Jahrelang ist er nach dem Comeback der grosse Rückhalt Chelseas. Erst im Sommer 2015 verlässt er die Blues, aber nicht London. Seither hütet der mittlerweile 34-jährige Cech das Tor von Arsenal. Natürlich mit dem Helm auf dem Kopf – seinem Markenzeichen.