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Verschlampt oder vergessen? In den Top 50 der technik-freundlichsten Politiker ist kein einziger Pirat

Verschlampt oder vergessen? In den Top 50 der technik-freundlichsten Politiker ist kein einziger Pirat

Abteilung: Dumm gelaufen! Der IT-Wirtschaftsverband Swico erstellt eine Rangliste der technikfreundlichsten Politiker der Schweiz und «vergisst» die Computer-Freaks der Piratenpartei. 
06.10.2015, 11:3706.10.2015, 12:40
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Was wäre ein Rating der umweltfreundlichsten Politiker ohne Grüne und Grünliberale? Es wäre wertlos.

Was sollen wir also von einem Rating halten, das die technologiefreundlichsten Politiker der Schweiz auflistet – ohne einen einzigen Vertreter der Piraten? Eben.

Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast, mag der geneigte Leser denken. Aber alles der Reihe nach.

Der Schweizer Wirtschaftsverband für die digitale Schweiz (Swico) ist unzufrieden. Er vertritt gegenüber der Politik die Interessen von über 400 Firmen wie Google, Microsoft, Swisscom sowie kleineren Unternehmen aus der Informations- und Kommunikationstechnik. Sein Problem: Während die mächtige Bauernlobby im Parlament seit Jahrzehnten erfolgreich die Pfründe der Bauern sichert, schert sich kaum eine Partei – mal abgesehen von den Piraten – vordringlich um Informatikanliegen.

Das soll sich nun ändern. Darum hat Swico rund 3800 Kandidierenden der eidgenössischen Wahlen einen Fragebogen geschickt. Darin erfragt Swico die Meinung der Politiker zu Themen wie Schnüffelsoftware für Polizisten, Datenschutz, Vorratsdatenspeicherung oder privaten Raubkopien. Eine andere Frage lautet: «Wie wichtig ist, dass das Fach ICT und Medien neu im Lehrplan 21 aufgeführt ist?»

So weit so gut: Der ICT-Verband möchte verständlicherweise wissen, welche Politiker auf der eigenen Linie sind. Das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» hat das Ergebnis vorab publiziert – und die Rangliste erstaunt dann doch: In den Top 15 finden sich Vertreter von GLP, FDP, CVP und BDP. Doch wo sind die Piraten, die sich von allen Parteien am dezidiertesten für IT-Themen einsetzen?

Diese 15 Politiker sind besonders technologiefreundlich

Die IT-freundlichsten Politiker: Seltsamerweise hats kein Pirat auf die Liste geschafft.
Die IT-freundlichsten Politiker: Seltsamerweise hats kein Pirat auf die Liste geschafft.
quelle: swico grafik: bilanz

Tatsächlich. Die Piraten gingen bei der Umfrage «vergessen», weil sie bislang nicht als eigenständige Fraktion im Parlament vertreten sind. Offenbar war es Swico zu aufwändig, die Adressen der Piraten in Erfahrung zu bringen. Auf Anfrage heisst es beim ICT-Verband: «Das Rating wurde via Generalsekretariat der im Nationalrat vertretenen Parteien an die Kandidierenden verschickt.» Auf der Rangliste seien daher nur jene Kandidierenden der Piratenpartei vertreten, die eine Listenverbindung mit den aktuellen Nationalratsparteien eingegangen sind.

Das mag alles zutreffen, allerdings ist auch in der Top 50 (liegt watson vor) der IT-freundlichsten Politiker kein Pirat zu finden.

Hat Swico die Piraten absichtlich «vergessen»? Weil man befürchtete, dass eine Rangliste mit zu vielen Piraten – die politisch kaum Gewicht haben – weniger Beachtung finden würde? Das wäre denkbar, aber eigentlich dürfte der ICT-Verband kein Interesse haben, ausgerechnet die Politiker zu verärgern, die sich für Technologiethemen stark machen.

Vermutlich hat die Tatsache, dass es kein Pirat in die Top 50 geschafft hat, weit banalere Ursachen. Folgende Gründe sind denkbar:

  • Das jeweilige Sekretariat der von Swico angeschriebenen Nationalratsparteien hat die Umfrage nicht an die Piraten mit Listenverbindung weitergeleitet.
  • Einige Piraten mit Listenverbindung haben die Umfrage erhalten, aber nicht ausgefüllt. 
  • Die Piraten liegen wider erwarten doch nicht auf der Linie von Swico, weil sie zu wenig wirtschaftsfreundlich sind.

Diese Parteien sind laut Swico IT-freundlich

Violett = IT-freundlich, türkis = wirtschaftsfreundlich.
Violett = IT-freundlich, türkis = wirtschaftsfreundlich.
grafik: swico

FDP, GLP und SVP haben laut Swico die grösste Nähe zu Technologiethemen. Die Grünen seien sehr technologiefreundlich, aber weniger wirtschaftsfreundlich. Jungpolitiker stehen Informatikthemen am nächsten. Tendenziell wenig IT-Affinität zeigen CVP, BDP und EVP. «Neben aktuellen ICT-Themen wie das Nachrichtendienstgesetz, der Datenschutz oder die Netzneutralität wurden auch allgemeinere wie die Masseneinwanderungsinitiative oder die Energiestrategie 2050 abgefragt», schreibt Swico.

Das Fazit: dumm gelaufen

Bei Swico hat man rasch erkannt, dass ein Politiker-Rating zum Thema Technologie ohne die Piraten nicht optimal ist. Geschäftsführer Jean-Marc Hensch twittert kurz und knapp: «Auch wir lernen.»

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2 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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arpa
06.10.2015 12:39registriert März 2015
So kann man auch dafür sorgen dass die Piraten unbekannt bleiben.. dabei hätten sie sehr viele gute Ideen..
piraten4tw!
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Oberon
06.10.2015 12:06registriert Januar 2014
Wieder ein weiterer Eintrag in das Buch der Peinlichkeiten.
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