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Darf ich die Therapeutin auch mal was persönliches fragen?

Ein paar der Mitarbeiter aus meiner Praxis. 
Ein paar der Mitarbeiter aus meiner Praxiskafi freitag
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Darf ich die Therapeutin auch mal was Persönliches fragen?

Liebe Kafi. Ich bin in einer psychotherapeutischen Behandlung und gehe so eine therapeutische Beziehung ein. Ich frage mich dabei immer wieder, wo die Grenzen sind. Wenn meine Therapeutin z.B. in die Ferien fährt, dann würde ich sie gerne fragen, wohin oder ob sie sich erholen konnte. Darf ich sie solches fragen oder ist das bereits übergriffig? Sie muss sich ja auch abgrenzen können ... Wie siehst du das als Therapeutin? Wie viel kannst/darfst du deinen Klienten preisgeben? Was ist dir zuviel? Amelie, 30
26.03.2017, 20:2827.03.2017, 06:40
Kafi Freitag
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Liebe Amelie

Da ist eine mega spannende Thematik, mit der ich mich natürlich auch schon oft beschäftigt habe. Dennoch kann ich Ihnen nicht sagen, wie es Therapeuten an sich handhaben. Ich bin ja keine Therapeutin und mache keine Therapien, sondern gebe Coachings und das ist nicht das Gleiche.

Für mich persönlich ist Augenhöhe im Coaching etwas enorm wichtiges und darum sind meine Kunden keine Patienten, die von mir abhängig sind, sondern eben Klienten, die meine Dienstleistung in Anspruch nehmen. Das mag vielleicht selbstverständlich klingen, aber ich mag das Gefälle zwischen Menschen per se nicht. Ein Arzt, der auf mich hinunterschaut, weil er einen weissen Kittel trägt und ich nicht, ist bei mir unten durch. Und bei einem Therapeuten oder Coach habe ich diese Ansprüche auch.

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Ich kenne viele Coaches, die ihre Klienten ausschliesslich siezen und niemals berühren würden, weil ihnen diese Abgrenzung enorm wichtig ist. Das muss jeder für sich selber herausfinden, ich bin da eher unorthodox unterwegs. Bei mir im Coaching duzt man sich und ich erzähle auch mal von meiner Erfahrung und plaudere auch mal aus meinem eigenen Nähkästchen. Wenn eine Frau bei mir ist und weint, weil sie sich von ihrem Mann getrennt hat und ihre Kinder vermisst, die nun nicht mehr immer um sie herum sind, dann sage ich ihr selbstverständlich, dass ich diese Situation auch kenne und darum weiss, wie schmerzhaft das sein kann. Manchmal kann es schon sehr heilend sein, wenn man merkt, dass man nicht der einzige Mensch auf der ganzen Welt mit dieser Thematik ist. Und es kann sogar vorkommen, dass ich mal jemanden in den Arm nehme und drücke. Dieses Sharing kann ich machen, weil ich keine Angst vor Nähe habe und mich gleichzeitig wahnsinnig gut abgrenzen kann. Um so arbeiten zu können, muss ich mir meiner Sache absolut sicher und mir über die Thematik Nähe/Distanz sehr bewusst sein.

Für mich sind meine hohe Empathiefähigkeit und mein Mut, mich als Mensch und nicht nur als Coach in die Sitzung einzubringen, der Schlüssel für meinen Erfolg und der Grund, warum mir meine Arbeit so wahnsinnig Freude macht. Diese Art der Zusammenarbeit entspricht meinem Wesen und ich bin in dieser Beziehung kompromisslos authentisch. Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass das nicht zu jedem passt und es Menschen gibt, denen die Arbeitsweise eines Therapeuten mehr entspricht. Insofern ist weder das eine richtig noch das andere. Es gilt herauszufinden, was für einen stimmig ist und wo man sich einfacher auf seinen Prozess einlassen kann.

Mir ist bewusst, dass ich mit meiner Ausführung Ihre Frage nicht wirklich beantwortet habe. Aber das kann ich tatsächlich nicht, da man Äpfel auch nicht mit Birnen vergleichen kann und es müssig ist darüber zu diskutieren, welche Frucht nun besser schmeckt. Das ist schlussendlich eine Sache des Geschmacks und das muss jeder für sich selber beantworten. Trotzdem bin ich der Meinung, dass es in einer Therapie möglich sein müsste, genau diese Frage zu klären. Fragen Sie die Therapeutin doch, wie sie zu diesem Thema steht. Das können Sie in niederschwelliger Art und Weise tun, indem Sie nach dem Urlaub sagen, dass Sie jetzt eigentlich am liebsten fragen würden, ob die Ferien erholsam gewesen sind, Sie sich aber nicht sicher sind, ob für diese Frage Raum besteht.

Wie offener Sie mit solchen Themen umgehen, umso mehr können Sie von der Therapie profitieren. Stellen Sie all die Fragen, die sich Ihnen stellen. Denn dann können Sie damit beginnen, an den wirklichen Themen zu arbeiten und müssen sich nicht mehr mit solchen Nebenschauplätzen herumschlagen.

Mit herzlichem Gruss. Ihre Kafi

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Kafi Freitag (41!) beantwortet auf ihrem Blog Frag Frau Freitag Alltagsfragen ihrer Leserschaft. Daneben ist sie Mitbegründerin einer neuen Plattform für Frauen: Tribute.

Im analogen Leben führt sie eine Praxis für prozessorientiertes Coaching (Freitag Coaching) und fotografiert leidenschaftlich gern. Sie lebt mit ihrem 12-jährigen Sohn in Zürich.

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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Maya Eldorado
26.03.2017 21:22registriert Januar 2014
Ja, liebe Amalie, die Therapeutin muss sich abgrenzen können. Das musst Du nicht für sie machen.
Also frag sie ruhig, wenn Dir danach ist. Sie wird Dir schon sagen, wenn sie über etwas mit Dir nicht sprechen will. Oder Du merkst an der Antwort, wenn diese eher ausweichend ausfällt.
Du darfst sie auch ruhig fragen, ob ihr diese Frage von Dir unangenehm ist.
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Bruno Wüthrich
27.03.2017 01:05registriert August 2014
Zitat Frau Freitag: «Für mich persönlich ist Augenhöhe im Coaching etwas enorm wichtiges und darum sind meine Kunden keine Patienten...»

Ich halte diese Angabe für falsch (vor allem das Wort «darum»). Es suggeriert, dass es Frau Freitags Entscheidung ist, ob sie Kunden oder Patienten hat.

Ärzte, Zahnärzte, Spitäler, Therapeuten etc. haben Patienten. Coachs haben keine Patienten. Nie!

Wir glauben Frau Freitag selbstverständlich trotzdem, dass ihr Augenhöhe im Coaching wichtig ist.
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