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Das Attentat auf Trump löste bei christlichen Fundis eine Hysterie aus

Republican presidential candidate former President Donald Trump, speaks during the Republican National Convention, Thursday, July 18, 2024, in Milwaukee. (AP Photo/Julia Nikhinson)
Seit dem Attentat hat Donald Trump eine Bandage am Ohr.Bild: keystone
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Das Attentat auf Trump löste bei christlichen Fundis eine Hysterie aus

Am vergangenen Samstag erlebten die frommen Christen in den USA und weit über die Grenzen Amerikas hinaus einen Tag der Offenbarung.
19.07.2024, 16:18
Hugo Stamm
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Ein Tag, an dem Gott in ihren Augen eines der grössten Wunder vollbracht hat. Ein Tag, an dem er einem begnadeten Sünder und Lügner ein zweites Leben schenkte und ihn vor den Augen seiner Fans zum Helden machte.

Ein Tag, an dem der himmlische Vater ein Zeichen setzte und in den Wahlkampf eingriff. Eine Szene, wie aus einem Heldenepos mit Trump als Gladiator und Gott als Regisseur. Ein Tag, an dem Gott sein Füllhorn über dem Präsidentschaftskandidaten ausschüttete und ihn angeblich beauftragte, Amerika wieder gross zu machen.

Heldenstatus für Trump

Auch der Zeitpunkt des himmlischen Zeichens ist für die frommen Christen Teil der göttlichen Regie: Wenige Tage vor dem republikanischen Konvent in Milwaukee liess Gott Trump im Bruchteil einer Sekunde den Kopf drehen, so dass die Kugel des 20-jährigen Schützen nicht seinen Schädel zertrümmerte, sondern nur das Ohr streifte. Muss keiner kommen und behaupten, das sei eine Verkettung glücklicher Zufälle! Nein, da war die Hand Gottes im Spiel, glauben die amerikanischen Freikirchler felsenfest.

Der schwarze Senator Tim Scott aus South Carolina und glühender Trump-Anhänger interpretierte den Mordanschlag am Convent religiös und untermauerte den Heldenstatus von Trump:

«Falls ihr vor diesem Samstag nicht an Wunder geglaubt habt, dann sollt ihr besser jetzt daran glauben.»

Weiter sagt er:

«Dankt dem allmächtigen Gott, dass wir in einem Land leben, das immer noch an den König der Könige glaubt, an den Herrn, an Alpha und Omega. (Grosser Applaus) Denn am Samstag kam der Teufel mit einem Gewehr nach Pennsylvania, doch der amerikanische Löwe stand wieder auf und brüllte. Oh ja, er brüllte». (Tosender Applaus).»
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Mit seinem Auftritt löste Scott in den sozialen Medien Begeisterungsstürme aus. Hier ein paar Stimmen:

  • «Ich liebe Tim Scott. Er ist ein sehr gläubiger Mann.»
  • «Gott segne Präsident Trump.»
  • «Ich bin Zeuge eines Wunders geworden.»
  • «Danke Jesus für deine Wunder, Gnade und Liebe.»
  • «Nichts macht mich glücklicher als die Krieger des Königreichs Gottes zu sehen.»
  • «Willkommen himmlischer Vater. Danke, dass du uns deinen Ruhm gezeigt hast.»

Marjorie Taylor Greene, Mitglied des Repräsentatenhauses, stiess am Konvent ins gleiche Horn: «Vor zwei Tagen kam das Böse für den Mann, den wir so sehr bewundern und lieben. Ich danke Gott, dass er seine Hand über Präsident Trump gehalten hat.»

Nach dem Anschlag auf Trump quoll das Netz über mit ähnlichen Lobeshymnen auf Gott und seinen «treuen Diener» Donald Trump.

Man kann davon ausgehen, dass für viele fromme Amerikaner Gott auch Regie führte, als Joe Biden Anzeichen für Demenz oder Parkinson zeigte. Sie haben deshalb nicht die geringsten Zweifel, dass Trump definitiv in der Gnade Gottes steht und die Wahlen grandios gewinnen wird. So klar, dass selbst Wahlfälschungen den Sieg ihres Helden nicht verhindern können. «God save America, Amen.»

FILE - President Joe Biden speaks at the 115th NAACP National Convention in Las Vegas, July 16, 2024. Democrats at the highest levels are making a critical push for Biden to reconsider his election bi ...
Präsident Joe Biden ist aktuell an Covid erkrankt.Bild: keystone

Senator Scott träumt von einem Gottesstaat: «Wir müssen die Geschichte unserer Verfassung erzählen, dass der Erste Zusatzartikel geschrieben wurde, um die Kirche vor dem Staat zu schützen, nicht den Staat vor der Kirche», sagte er kürzlich.

Die Zeitschrift «Wired» formulierte es so: «Scott, ein Mann, der einst die Zehn Gebote buchstäblich an die Wand eines Regierungsgebäudes gehämmert hat, ist einer von Dutzenden, wenn nicht Hunderten von Gesetzgebern, religiösen Führern und Influencern, die den ehemaligen Präsidenten Donald Trump als eine Art göttliche Figur dargestellt haben.»

Tatsächlich streben viele Pastoren und Freikirchen einen Gottesstaat an und hoffen auf die Unterstützung von Trump. Ein Ansinnen, das durchaus auf der Linie des Präsidentschaftskandidaten liegt. Dann wäre Trump ein Präsident von Gottes Gnaden und würde möglicherweise auf Lebzeiten gewählt.

Allerdings müsste dann die Verfassung gründlich umgekrempelt werden. Zum Stolperstein würde dabei exakt jener Verfassungsartikel, den die Freikirchen einst mit aller Kraft durchgepeitscht hatten: Die Religionsfreiheit.

Das hat folgenden Zusammenhang: Die Täufer und Menoniten wurden im 18. und 19. Jahrhundert in weiten Teilen Westeuropas und der Schweiz verfolgt, weil sie sich separiert und in Freikirchen organisiert hatten. Sie flohen in die USA und befürchteten, dort ebenfalls nicht willkommen zu sein. Um sich rechtlich abzusichern, waren die erzkonservativen und gläubigen Einwanderer politische Vorreiter und kämpften erfolgreich für die Glaubensfreiheit.

In ihrem Machtrausch ist heute ausgerechnet den freikirchlichen Pastoren und Ältesten dieser fortschrittliche Verfassungsartikel ein Dorn im Auge, den sie umformulieren oder abschaffen möchten. Dann könnten sie Abtreibungen überall verbieten, die Schulen christlich gestalten, die Evolutionslehre kippen, gegen Homosexuelle vorgehen, Pornographie verbieten, die Waffenpolitik noch mehr liberalisieren, Gerichte und Gesetze umbauen und bei allen politischen Entscheiden biblische Grundsätze und die zehn Gebote Gottes berücksichtigen.

Viele amerikanische Christen sind nach dem Attentat auf Trump in eine Hysterie verfallen. Der Personenkult erinnert an Teenies, die zu kreischen beginnen, wenn ihr Musikstar auftritt. Oder Sektenanhänger, die ihren Führer verehren. Erklären lässt sich das verstörende Phänomen vermutlich damit, dass viele Freikirchler in Trump den neuen Heiland erkennen oder zumindest als Gesandten Gottes vergöttern. Deshalb ist ihnen die Trennung von Kirche und Staat in der aktuellen politischen Situation ein Graus, streben sie doch die politische Macht an.

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Hugo Stamm, Sektenblog
Bild: zvg
Hugo Stamm
Glaube, Gott oder Gesundbeter – nichts ist ihm heilig: Religions-Blogger und Sekten-Kenner Hugo Stamm befasst sich seit den Siebzigerjahren mit neureligiösen Bewegungen, Sekten, Esoterik, Okkultismus und Scharlatanerie. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und berät Betroffene.
Mit seinem Blog bedient Hugo Stamm seit Jahren eine treue Leserschaft mit seinen kritischen Gedanken zu Religion und Seelenfängerei.

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693 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Thomas Melone
20.07.2024 09:09registriert Mai 2014
Laut der Washington Post hat Trump während seiner Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten insgesamt 30.573 falsche oder irreführende Behauptungen gemacht. Dies entspricht im Durchschnitt etwa 21 Unwahrheiten pro Tag​. Ist das wirklich im Einklang mit Christlichen Werten?
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Ghosttrack
20.07.2024 09:30registriert Mai 2023
Dass dabei ein Familienvater ums Leben kam, scheint also Kollateralschaden zu sein? Der Teufel hat sich ein Opfer geholt, halleluja, nicht aber den neuen Heilsbringer, Amen...
Kann man so bescheuert sein?
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mrmikech
20.07.2024 09:14registriert Juni 2016
Naja, wenn Gott allmächtig wäre (was er sein soll), hat er auch den Schützen schiessen lassen. Oder er hat den Schützen schiessen lassen und Satan hat Trump gerettet. Tja, Christ sein ist nicht so einfach. Trump lügt, betrügt, treibt es mit Prostituierten, klaut von den Armen und gibt es den Reichen. Gemäss den Christen ist Satan unter den Menschen, ich würde also noch einmal darüber nachdenken, ob Trump wirklich von Gott gesendet wurde.
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