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Sie überstrahlt alle: Mutter Teresa, der Engel von Kalkutta. Gegen die 1997 im Alter von 87 Jahren verstorbene Nonne aus Mazedonien verblassen selbst Päpste. Ausgerechnet im patriarchalen Männerbund der katholischen Kirche stiehlt eine Frau den klerikalen Würdenträgern die Show.
Nun spricht Papst Franziskus sie am 4. September im Eiltempo heilig, wie er diese Woche verkündet hat. Eine heilige Friedensnobelpreis-Trägerin: Was kann dem gebeutelten Vatikan Besseres passieren!
Die Zeremonie im Heiligen Jahr wird der katholischen Kirche traumhafte Einschaltquoten rund um den Globus bringen. Unbezahlbare Werbung zum Nulltarif.
Doch wie heilig ist die Heilige in spe wirklich? Wenn man von einer Heiligen erwartet, dass sie eine herzliche Persönlichkeit mit grossem Herzen ist und sich uneigennützig für die Armen einsetzt, dürfte sie nie und nimmer heiliggesprochen werden.
Unabhängige Beobachter sind sich nämlich einig: Mutter Teresa war eine kaltherzige Frau ohne Charisma, der es primär um ihren Glauben und die katholische Kirche ging und erst in zweiter Linie um die Armen, denen sie angeblich ihr Leben widmete. Wie ist es deshalb zu erklären, dass Mutter Teresa die wichtigste Frau neben Maria in der katholischen Kirche werden konnte?
Ganz einfach: Die Nonne ist das Kunstprodukt einer raffinierten PR-Strategie ihrer Kirche. Der Vatikan hat es in jahrzehntelanger Öffentlichkeitsarbeit geschafft, aus der kleinen Nonne ein überirdisches Wesen zu machen.
Als die Mythenbildung Mitte des 20. Jahrhunderts begann, steckte der investigative Journalismus noch in den Kinderschuhen. Deshalb konnte die katholische Kirche ihre verehrte Mutter Teresa der Öffentlichkeit und den Medien als Heilige verkaufen.
Die Artikel lösten einen Jö-Effekt aus: Bilder der zerbrechlichen Nonne, die sich rund um die Uhr in ihren Sterbehospizen um arme Inder kümmerte, gingen ans Herz. Die Storys verkauften sich prima, und kein Journalist konnte oder wollte nach Kalkutta reisen, um sich vor Ort ein Bild zu machen.
So wurden die Artikel von der heiligen Mutter Teresa zum Selbstläufer und prägten ihren Mythos. Die katholische Kirche bekam viel Glanz von der kleinen Nonne ab. Das Bild von der barmherzigen Kirche, die sich um todkranke Hindus kümmert, tröstete über viele Unzulänglichkeiten in der korrupten Männerwelt im Vatikan hinweg.
Der Mythos von der aufopfernden Nonne führte zu wahren Spendenfluten. Die gerührten katholischen Schäfchen spendeten Millionen, mit denen Teresa die Armen speisen sollte. Doch mit der Professionalisierung des Journalismus begann der Glanz der Nonne zu verblassen.
Recherchen vor Ort zeigten nämlich, dass die geizige Nonne nicht bereit war, die Armen grosszügig zu betreuen und zu speisen, wie ihr Vorbild Jesus es getan hatte. Mutter Teresa hortete viele Spenden. Eine unrühmliche Rolle spielte auch der Vatikan, der Spendengelder versickern liess.
Dokumentarfilme zeigen auf, dass Mutter Teresa in ihren Hospizen kalt und herzlos agierte. Die Alten und Kranken vegetierten unwürdig dahin und wurden lieblos behandelt. Viele Krankenzimmer waren kahl und trostlos, die Kranken lagen auf primitiven Feldbetten und wurden oft ungenügend ernährt.
Noch schlimmer aber: Medizinische Betreuung war Mutter Teresa nicht wichtig, Medikamente enthielt sie vielen Leidenden vor. Sie bekamen oft nicht einmal Schmerzmittel, obwohl ihre Spitäler – wenn man diesen beschönigenden Begriff verwenden will – über genügend Medikamente verfügten.
Drei angesehene kanadische Wissenschaftler der Universitäten von Montreal und Ottawa kamen nach langen Untersuchungen zu einem vernichtenden Urteil: «Unsere Analyse der Fakten deckt sich in keiner Weise mit dem Heiligenbild, das die Welt von Mutter Teresa hat», erklärt der Leiter der Studie, Serge Larivée, Psychologieprofessor an der Universität von Montreal.
Selbst die Gründe für ihre Seligsprechung im Jahr 2003 seien «konstruiert und das Resultat einer orchestrierten und gut organisierten PR-Kampagne». Der Professor spricht von fragwürdigen, teils unmenschlichen Praktiken.
Ärzte berichten, die Armen und Kranken hätten unter katastrophalen und unhygienischen Bedingungen dahinvegetiert. Ein langer Dokumentarfilm des deutschen Senders ARD dokumentiert es ausserdem eindrücklich.
Wo lag die Motivation von Mutter Teresa, Hunderte Krankenhäuser und Sterbehospize in rund 100 Ländern zu gründen? Serge Larivée und seine beiden Kolleginnen Geneviève Chénard und Carole Sénéchal zitieren Mutter Teresa so: «Zu sehen, wie die Kranken ihr Schicksal ertragen, hat auch etwas ganz Wundervolles. Sie leiden damit so wie Jesus Christus am Kreuz und kommen ihm damit näher.»
Sie scheint sich aus religiösen Gründen am Leiden ergötzt und Hindus auf diese Weise Jesus näher gebracht zu haben. Daraus erklärt sich auch, weshalb sie Pflege und medizinische Behandlung der Sterbenden vernachlässigte. Pikant dabei: Mutter Teresa liess sich vor dem eigenen Tod am 5. September 1997 in den USA behandeln und das eigene Leiden mit modernsten medizinischen Therapien lindern.
In ihrer Studie erklären die drei Psychologieprofessoren, Mutter Teresa habe die Spendengelder auf geheimen Bankkonten aufbewahrt. Professor Larivée fragt in seiner Studie: «Wo sind die Millionen, die sie über die vielen Jahre eingenommen hat?»
Mutter Theresa scheute sich auch nicht, zweifelhafte Gelder anzunehmen. So gab es negative Schlagzeilen, als sie Geld von Haitis Diktator François Duvalier (Papa Doc) angenommen hat. Mit einer weltweiten PR-Kampagne wusch der Vatikan sie wieder rein.
Mutter Teresa hinterliess ihren Ordensschwestern unzählige Briefe. Diese zeigen, dass die Nonne immer wieder von dunklen Gedanken verfolgt wurde, die schlecht zum Image einer barmherzigen Heiligen passen. Ihre Seele sei manchmal «wie ein Eisblock» gewesen, schrieb sie.
Sie zweifelte manchmal selbst an ihrem Glauben und an ihrer Liebe. So schrieb sie von der Dunkelheit in ihrer Seele, von der schrecklichen Leere und der Abwesenheit Gottes.
Davon wird Papst Franziskus nicht reden, wenn er sie heiligsprechen wird. Ihre ehemaligen Patienten, die vergeblich um Schmerzmittel gebettelt hatten, werden sich im Grab umdrehen.