Update: Ist der angebliche Bitcoin-Erfinder ein Hochstapler? Im Internet werden die Skeptiker immer lauter. Wir haben die Story entsprechend ergänzt.
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Der schlaue Kopf hinter der Krypto-Währung Bitcoin ist angeblich ein australischer Informatiker und Unternehmer namens Craig Wright. Dies berichtete die BBC am Montagmorgen. Damit hätten die jahrelangen Spekulationen um das Pseudonym Satoshi Nakamoto ein Ende.
Australian Craig Wright identifies himself as #Bitcoin creator, ending years of speculation https://t.co/j0oyKzVVgk https://t.co/e6pRRIpCCy
— BBC Breaking News (@BBCBreaking) 2. Mai 2016
Gemäss Bericht hat Wright seine Rolle als Bitcoin-Vater gegenüber Journalisten der drei englischsprachigen Medien BBC, «Economist» und dem «GQ Magazine» offengelegt – und angeblich durch technische Schritte glaubhaft bewiesen.
Bei einem Treffen habe Wright Codes vorgelegt, die eindeutig auf den Bitcoin-Erfinder unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto zurückzuverfolgen seien. Der Identitäts-Nachweis soll sich um die ersten 10 Bitcoins drehen, die Wright im Januar 2009 an den Crypto-Experten Hal Finney (2014 ✝) schickte. Der Kalifornier war einer der Entwickler, die halfen, das Bitcoin-Protokoll ins Leben zu rufen.
Weiss die Welt nun, wer wirklich der mysteriöse Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto ist? «Satoshi ist tot. Aber es ist erst der Anfang«, schrieb Wright am Montag in einem Blogeintrag, in dem er sich selbst als Erfinder der Digital-Währung Bitcoin enttarnte.
Er brachte es damit auf den Punkt: Heute spielt es keine Rolle mehr, ob Wright seinerzeit wirklich hinter der Maske des Bitcoin-Schöpfers »Satoshi Nakamoto« steckte oder je wieder in die Rolle schlüpfen wird. Das Bitcoin-System hat längst ein Eigenleben entwickelt.
In Internetforen äussern immer mehr Nutzer Zweifel daran, dass Craig Steven Wright tatsächlich «Satoshi Nakamoto» sei. Unter den Skeptikern befindet sich laut Spiegel Online auch der IT-Sicherheitsexperte Nik Cubriolovic: «Ich glaube das keine Sekunde», schreibt er und begründet sein Misstrauen unter anderem mit Beobachtungen zur Vergangenheit von Wright.
Auf Reddit wird derweil vor allem kritisiert, dass Wright in keinen für andere Nutzer nachvollziehbaren Beweis dafür liefere, dass er tatsächlich Nakamotos Krypto-Schlüssel besitze. seinem Blog-Post
Das Wirtschafts-Magazin «Economist» argumentiert jedenfalls im Vergleich mit der BBC ziemlich vorsichtig: «Unsere Schlussfolgerung ist, dass Herr Wright sehr gut Herr Nakamoto sein könnte.» Es blieben aber wichtige Fragen offen. Und weiter: «Es könnte sein, dass niemals zweifelsfrei geklärt wird, wer Bitcoin geschaffen hat.»
Wright sagt im BBC-Interview, er wolle weder Ruhm, noch Geld, sondern einfach nur wieder in Ruhe gelassen werden.
Mit dem Gang an die Öffentlichkeit hoffe er, die weltweiten Spekulationen zu beenden, damit insbesondere seine Mitarbeiter nicht mehr durch Recherchen gestört würden.
Selber wird der gemäss Wikipedia-Eintrag 46-jährige Australier wohl nicht so schnell zur Ruhe kommen. Zurzeit dürfte seine Mailbox wegen neuer Interview-Anfragen explodieren.
Von »Satoshi Nakamoto« stammte das neunseitige »White Paper«, in dem die Grundlagen des Bitcoin-Systems erläutert wurden, sowie eine erste Version der entsprechenden Software. Seine E-Mail-Adresse lief beim deutschen Anbieter GMX. Er habe die Führungsrolle gehabt, andere Menschen hätten ihm geholfen, sagte Wright.
Am Anfang hatten einige Bitcoin-Entwickler noch Kontakt mit dem Gründervater – aber nur auf elektronischen Wegen. »Satoshi« persönlich zu identifizieren, kann man also vergessen. Wright kann aber digitale Beweise präsentieren – Bitcoins und Krypto-Schlüssel, die eigentlich nur der wahre Bitcoin-Erfinder besitzen kann.
Wright war schon früher als Mr. Bitcoin verdächtigt, respektive vor wenigen Monaten gegen seinen Willen «geoutet» worden. Ende 2015 berichteten Wired und Gizmodo, dass die australischen Steuerbehörden bei ihm eine Hausdurchsuchung durchgeführt hätten. Daraufhin hefteten sich noch mehr Leute an seine Fersen.
Im BBC-Interview sagt Wright, der «Besuch» der Steuerermittler habe nicht direkt mit Bitcoin zu tun gehabt, sondern mit seinen anderen Unternehmungen. Seine Anwälte seien noch am Verhandeln.
Interessant: Der Mann mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto soll über rund eine Million Bitcoins verfügen, das entspricht aktuell einem Gegenwert von gut 430 Millionen Franken.
Im Interview wollte Wright die Zahl nicht bestätigen. Er erklärte, dass er auf sein (vermutlich) riesiges Bitcoin-Vermögen erst Steuern bezahlen werde, wenn er es in eine normale Währung umtausche. Er habe nicht vor, in nächster Zeit grössere Bitcoin-Beträge einzulösen.
Nicht egal könnte ihm sein, dass er sich mit seinem Bekenntnis zu einem begehrten Ziel von Hackern machen dürfte. Kriminelle werden versuchen, an die entsprechenden Daten zu gelangen.
Laut BBC-Bericht sind zurzeit 15,5 Millionen Bitcoins im Umlauf. Eine Münze der digitalen Währung war am Montag 434 Franken wert.
Bitcoin hat sich seit der Lancierung 2009 als Quasi-Standard bei digitalen Währungen etabliert, der Ruf wird aber immer wieder durch Skandale und Hackerangriffe auf die Infrastruktur erschüttert.
Bitcoins können im Internet mit etablierten Währungen wie Dollar oder Franken gekauft werden. Weil die digitale Währung häufig bei Darknet-Deals verwendet wird, etwa um online Drogen zu kaufen, ist sie mit dem Aufkommen von Silk Road und Co. in Verruf geraten.
Die Bitcoins werden nicht nur im Internet akzeptiert und gehandelt, sondern selbst in manchen Mode-Boutiquen im Berliner Szeneviertel Prenzlauer Berg. Die Blockchain-Technologie, die alle Bitcoin-Transaktionen absichert, wird auch in der klassischen Finanzbranche ausprobiert. Und der Bitcoin überstand das Platzen einer Spekulationsblase mit dem Zusammenbruch der grössten spezialisierten Online-Börse Mt.Gox.
Mit Material der Nachrichtenagentur SDA
(dsc)