Oppo ist drauf und dran mit guten, wenn auch nicht immer günstigen Smartphones Europa und die Schweiz zu erobern. Anders als altbekannte Rivalen wie Nokia liefert der schnell wachsende Herausforderer Smartphones mit modernster Technik, die tatsächlich mit den Klassenbesten mithalten können.
Bestes Beispiel dafür ist das attraktive Find X3 Neo, ein fast durchs Band überzeugendes Oberklasse-Smartphone mit vielen Stärken und natürlich auch ein paar Schwächen, das ich die letzten Monate im Alltag getestet habe. Aktuell erhält man es ab 650 Franken – für das Gebotene ein angemessener Preis, wie wir gleich sehen werden.
Wer es günstiger mag, findet mit dem Find X3 Lite eine solide Mittelklasse-Alternative für unter 400 Franken. Am oberen Ende der Preisskala grüsst das High-End-Modell Find X3 Pro mit einem Preisschild von rund 950 bis 1200 Franken.
Ich habe das Find X3 Neo und das teurere Find X3 Pro gut drei Monate intensiv genutzt. Kommen wir also ohne weitere Umschweife zu den Ergebnissen des Alltagsvergleichs.
Beim Design unterscheiden sich Find X3 Neo und X3 Pro deutlich, das Innenleben wiederum ist sehr ähnlich.
Der Blick auf die Tabelle zeigt's: Wer statt zum rund 1000 Franken teuren Find X3 Pro zum normalen Find X3 Neo greift, kann viel Geld sparen, muss aber mit kleinen Abstrichen beim Display, beim Prozessor und der Kamera leben. Im Alltag sind die Unterschiede weit geringer, als es die mehreren Hundert Franken Preisdifferenz erwarten liessen. Ich bin ziemlich sicher, dass die allermeisten User überhaupt keinen Unterschied bemerken würden und ehrlich gesagt habe ich beim Find X3 Neo nichts vermisst.
Es ist für mich persönlich sogar die bessere Wahl.
Warum?
Klar, einige werden beim Find X3 Neo kabelloses Laden oder eSIM-Unterstützung vermissen, viele können aber auch problemlos darauf verzichten. In meinen Augen viel wichtiger: Bei der Geschwindigkeit und der Kamera liegen Neo und Pro fast gleichauf. Gleiches gilt für das Display. Ich kann so lange darauf starren, wie ich will, ich erkenne keinen wirklichen Unterschied. Die Akkulaufzeit ist beim Neo sogar besser. Persönlich nutze ich das minim kleinere und etwas leichtere Find X3 Neo daher mindestens so gerne.
Optisch dürfte das X3 Neo nicht wenige mehr überzeugen als das X3 Pro mit seinem extravaganten Kamera-Design, und manchmal gefallen mir die mit dem Neo geschossenen Fotos gar besser. Ob Neo oder Pro, beide Handys schiessen sehr gute Fotos und oft kann man die Unterschiede mit der Lupe suchen (siehe Diashow).
Find-X3-Neo-User erhalten von Oppo nur zwei grosse Android-Updates, beim Pro-Modell sind es immerhin deren drei (monatliche Sicherheits-Updates erhalten alle drei Modelle, auch das X3 Lite, während drei Jahren). Bevor ich noch ausführlich über die Update-Politik nörgeln werde, ein paar positive Punkte. Davon gibt es nämlich reichlich.
Das X3 Neo hat ein 6,5 Zoll grosses, fast rahmenloses AMOLED-Display. Trotz seiner Grösse können es auch kleine Hände bequem halten, da es relativ schmal und leicht ist. Ein Hingucker ist die matt-schwarze Glasrückseite, die im Licht dezent schimmert. Sie sieht nicht nur hochwertig aus, sie fühlt sich auch so an. Fingerabdrücke haben darauf keine Chance. Wer es auffälliger mag, greift zum Modell in Galactiv Silver, das je nach Lichteinfall in allen möglichen Farbverläufen glitzert.
Das helle Full-HD-Display liefert kräftige Farben, einen guten Kontrast und ist auch im Sonnenlicht meist mühelos ablesbar, wobei gewisse Spiegelungen nicht vermeidbar sind. Die Farbdarstellung wirkt natürlich und kann in den Einstellungen individuell angepasst werden, wenn man kühlere oder wärmere Farbtöne bevorzugt.
Im Alltag ist das X3 Neo trotz Prozessor aus dem Vorjahr höchstens einen Wimpernschlag langsamer als das rund 400 Franken teurere X3 Pro. Ich habe beide Modelle teils parallel genutzt und keinen Leistungsunterschied bemerkt. Der Snapdragon 865 im X3 Neo ist nach wie vor ein Top-Prozessor, der 2020 in vielen Spitzenmodellen zu finden war. Dazu kommen wie beim teureren Pro-Modell 12 GB Arbeitsspeicher, 256 GB interner Speicher (nicht erweiterbar) und 5G-Support. Oppo verbaut übrigens sehr schnellen Flash-Speicher (UFS-3.1), was die insgesamt hervorragende Performance miterklärt. Das X3 Neo stemmt mühelos die neusten, anspruchsvollen 3D-Games und für Otto Normalverbraucher wird es auch in einigen Jahren mehr als schnell genug sein.
Bei der Akkulaufzeit gibt sich das X3 Neo keine Blösse. Knapp zwei Tage sollten mit dem 4500 mAh grossen Akku (effektiv sind es zwei 2250 mAh grosse Akkus) drin liegen, wenn man das Display mit der «normalen» Bildwiederholrate von 60Hz betreibt. Erhöht man die Bildwiederholrate auf 90Hz, reduziert sich die Laufzeit spürbar, aber nicht so drastisch wie beim X3 Pro und anderen Smartphones mit 120Hz-Displays. Wie immer gilt: Je höher die Bildwiederholrate, desto flüssiger die Bilddarstellung, desto grösser aber auch der Energieverbrauch.
Oppo-typisch lädt der Akku mit dem mitgelieferten 65W-Schnellladegerät blitzschnell, insbesondere im Vergleich zur Konkurrenz. Von null auf 100% geht es in 38 Minuten. Der Alltagstest zeigt zudem, dass der Akku in zehn Minuten von 20 auf 50% lädt und in 20 Minuten von 20 auf 70% (oft lädt man ja bei etwa 20 Restkapazität). Das sind Spitzenwerte, an denen sich 99% aller anderen Smartphones die Zähne ausbeissen.
Die Schnellladung ist natürlich nur tagsüber wichtig. Um den Akku zu schonen, bzw. seine Lebensdauer zu verlängern, wird während der Nacht im Schongang geladen, sodass der Akku erst gegen Morgen vollständig geladen ist.
Bei der Kamera setzt Oppo etwas andere Schwerpunkte als die Konkurrenz. Samsung trumpft neuerdings beim Zoom auf, Apple beim Nachtmodus. In diesen spezifischen Situationen kann das günstigere X3 Neo (anders als das X3 Pro) nicht ganz mithalten, aber ganz allgemein hat mich die Fotoqualität fast durchs Band überzeugt. Die Kamera tut, was eine Handy-Kamera in einem Oberklasse-Gerät soll: Sie knipst im Alltag im Automatik-Modus fast immer gute bis sehr gute Fotos, egal ob Landschaftsaufnahme, Porträt oder Selfie.
Einige weitere Impressionen und ausführlichere Erklärungen zur Kamera finden sich in der oben stehenden Slideshow.
Die Bilder überzeugen mit guter Schärfe und weitgehend natürlichen Farben, zudem ist die Kamera-App einfach bedienbar. Vor allem die im Alltag von vielen mit Abstand am häufigsten genutzte Hauptkamera für Schnappschüsse im Automatik-Modus sowie die Selfie-Kamera lassen kaum Wünsche offen, aber auch Ultraweitwinkel-Fotos und Zoom-Aufnahmen sind für ein Smartphone sehr ansprechend. Der Zoom beginnt erst ab fünffacher Vergrösserung spürbar zu schwächeln, was für ein Gerät in dieser Preisklasse mehr als respektabel ist.
Kurz gesagt: Wer die weltbeste Handy-Kamera mit allen möglichen Extras will, muss zu einem teureren Gerät greifen, wer einfach eine gute Handy-Kamera wünscht, dürfte vollends zufrieden sein.
Mit Wi-Fi 6, 5G, NFC und Bluetooth 5.2 ist alles vorhanden, was man von einem aktuellen Top-Gerät erwarten würde. Positiv hervorzuheben ist der im Display integrierte Fingerabdruck-Sensor, der tadellos funktioniert (sofern man keine nassen Finger hat). Noch flinker und genauso zuverlässig funktioniert das Entsperren per Gesichtserkennung und dies auch in völliger Dunkelheit.
Was die Software betrifft, hat Oppo wie Samsung oder Huawei eine eigene Android-Benutzeroberfläche namens ColorOS, die Googles-Android mit ein paar Funktionen ergänzt. ColorOS ist in der neusten Version optisch sehr ansprechend und lässt sich wahlweise wie Android oder im Stil von Apples iOS bedienen.
Insgesamt ist ColorOS sehr durchdacht, aber nichts Revolutionäres. Wer ein Handy von Samsung, Huawei oder Apple hat, kommt auch mit Oppo rasch klar.
Ein Markenzeichen von ColorOS sind die zahlreichen Personalisierungsoptionen: Das beginnt beim Layout der Home-Screens und endet bei der Wahl der Akzentfarben sowie der Form und Grösse der Icons oder der Schwärze des Dunkel-Modus. Fast alles lässt sich konfigurieren, beispielsweise das Always-on-Display und sogar die Lichtanimation bei neuen Benachrichtigungen oder für den Fingerabdruck-Sensor im Display.
Also alles perfekt? Natürlich nicht.
Nach über drei Monaten mit dem Find X3 Neo im Alltag offenbaren sich auch die Schwächen:
Der offensichtlichste Nachteil gegenüber dem Find X3 Pro und anderen Spitzenmodellen ist die fehlende Unterstützung für kabelloses Laden. Mir persönlich spielt das keine Rolle, aber klar, viele nutzen induktives Laden gerne, sei es im Auto, Büro oder zu Hause auf dem Nachttisch. Apple und Samsung bieten das auch bei ihren jeweils günstigeren Modellen.
Manche dürften sich ärgern, dass sich zwar zwei SIM-Karten nutzen lassen, aber eSIM nicht unterstützt wird. Diese beiden Features hat Oppo offenbar weggelassen, um anspruchsvolle User zum Kauf des Pro-Modells zu bewegen.
Das X3 Neo ist zudem laut Zertifizierung nur gegen Regen geschützt, sprich nicht vollständig wasserdicht – lange untertauchen sollte es also nicht. Wer nicht gerade Unterwasseraufnahmen plant, kann trotzdem bedenkenlos zugreifen.
Schlimmer finde ich, dass der abgerundete Metallrahmen und die matte Rückseite aus Glas rutschiger sind, als mir lieb ist. Ohne Schutzhülle lebe ich in ständiger Furcht, dass mir das nicht ganz günstige Testgerät jede Sekunde aus der Hand gleitet. Gut also, dass Oppo eine transparente Schutzhülle mitliefert, die deutlich mehr Grip bietet.
Wie leider bei den meisten Premium-Smartphones üblich lässt sich der Speicher nicht erweitern und die separate Kopfhörerbuchse wurde ebenso gestrichen.
Gespart wurde auch beim USB-C-Anschluss. Der unterstützt zwar ultraschnelles Laden, die Datenübertragung ist aber relativ gemächlich (USB-2.0-Standard). Wer regelmässig grosse Mengen an Fotos oder Videos kopiert, sollte zu einem Gerät mit USB-3.1-Port greifen (und ja, das teurere Find X3 Pro hat USB 3.1).
Kleine Dinge nerven wohl früher oder später bei jedem Handy. Hier ist es die automatische Helligkeitsregulierung, die das Display teils unvermittelt viel zu stark abdunkelt, sodass quasi nichts mehr zu erkennen ist. Das passiert nicht ständig, aber hin und wieder. Bei einem zweiten Testgerät trat dies nicht auf, darum erwähne ich es nur am Rande.
Was mir erst aufgefallen ist, als ich das Smartphone ausnahmsweise ohne Schutzhülle nutzte: Wegen des nicht mittig positionierten Kamerabuckels auf der Rückseite wackelt das X3 Neo auffallend stark, wenn es auf dem Tisch liegt. Mit einer Hülle erledigt sich dieses Mini-Problem natürlich.
Bis hierhin sind das alles Mankos, die mich persönlich nicht (gross) stören. Nun müssen wir aber noch ein Problem ansprechen, das ich bei jedem Oppo-Review durchkaue: Oppo hat den Anspruch, Smartphones in der von Samsung und Apple gewohnten Qualität zu produzieren – und das gelingt auch. Bei den Software-Updates hinkt man aber weiterhin hinterher.
Das Find X3 Neo kommt mit Android 11 und Oppo garantiert lediglich zwei grosse Betriebssystem-Updates bis Android 13. Nur das teurere Find X3 Pro erhält drei grosse Android-Updates bis Android 14.
Diese Update-Politik ist in der Android-Welt zwar Standard, aber Marktführer Samsung garantiert inzwischen auch für Geräte aus der Mittel- und Budgetklasse drei grosse Android-Updates und mindestens vier Jahre Sicherheits-Updates für Privatkunden, bzw. fünf Jahre für Firmenkunden. Das ist der richtige Weg, denn Smartphones halten problemlos länger als drei Jahre, werden von vielen auch immer länger genutzt und angesichts der stolzen Preise wären längere Update-Garantien auch bei Oppo angemessen.
Fairerweise sei gesagt, dass auch Oppo bei der Update-Versorgung besser wird. Monatliche Sicherheits-Updates während drei Jahren sind für viele Android-Geräte keine Selbstverständlichkeit. Oppos Update-Garantie reicht aber noch nicht, um mit Samsung oder gar Apple mitzuhalten.
Oppo liefert mit dem Trio Find X3 Pro, Neo und Lite für fast jeden Anspruch und Geldbeutel das passende Smartphone und beweist einmal mehr, dass sich die Marke zu einer guten Alternative zu den bei uns noch bekannteren Herstellern gemausert hat.
Das X3 Neo wird zwar weder einen Preis für das beste, noch für das innovativste Smartphone des Jahres gewinnen. Was aber viel wichtiger ist: Oppo liefert ein optisch gelungenes, technisch überzeugendes und preislich nicht vollends abgehobenes Smartphone ab. Wer ein schnelles Handy mit guter Kamera und langer Akkulaufzeit sucht, dürfte damit viel Spass haben.
Käuferinnen und Käufer müssen sich bewusst sein, dass der Update-Support weder mit Apple noch Samsung mithalten kann. Wer drei grosse Android-Updates will, muss zwingend zum teuren Pro-Moll greifen – das ist alles andere als konsumentenfreundlich. Immerhin erhalten auch die beiden günstigeren Modelle X3 Neo und X3 Lite drei Jahre Sicherheits-Updates. Ansonsten hat Oppo beim X3 Neo sehr klug gespart: Der Prozessor ist zwar aus dem Vorjahr, im Alltag aber merke ich im direkten Vergleich mit dem Pro-Modell keinen spürbaren Unterschied.
Auch beim Display halten sich die Abstriche in engen Grenzen: Beim Neo sind Auflösung (2400 x 1080) und Bildwiederholrate (90Hz) etwas geringer als beim Pro (3216 x 1440; 120 Hz), aber in der Praxis ist das wohl für viele vernachlässigbar, respektive eher ein Vorteil. Das Neo hat genau wegen dieses Downgrades eine deutlich bessere Akkulaufzeit.
Auch die Kamera wäre für mich kein Grund, ein teureres Modell zu wählen. Sie ist ganz einfach gut genug. Das minim grössere und etwas schwerere Pro-Modell macht nur Sinn, wenn man kabelloses Laden und/oder eSIM-Unterstützung wünscht – oder das Design bevorzugt und bereit ist, dafür mindestens 950 Franken (aktuell günstigster Online-Preis) springen zu lassen. Das Find X3 Neo gibt es ab zirka 650 Franken.
Das Lite-Modell (ab rund 350 Franken) habe ich nicht getestet, würde aber jede Wette eingehen, dass viele auch damit vollkommen zufrieden sind. Der Prozessor im Find X3 Lite steckt übrigens auch im Oppo Reno 4 Pro von Ende 2020 – und das ist alles andere als eine lahme Ente.
Erstens wegen der Updates und zweites weil die Bedienung herstellerunabhängig bleibt und drittens weil ich moglichst wenig unnötigen Herstellerquatsch darauf haben will.
Interessanterweise sind diese Geräte auch günstiger in der Anschaffung.
Wenn Oppo AndroidOne verwenden würde, wäre ich dabei.