Wieder einmal rückt Tesla vom eigenen Zeitplan ab. Als Konzernchef Elon Musk gerade seinen Aktionären die neuesten Zahlen vorlegte, erfuhren sie beinahe nebenbei: Das Vorhaben eines günstigen Einstiegsmodells werde derzeit nicht mehr verfolgt.
Dabei soll es um einen Kleinwagen gehen, deutlich billiger als die übrigen Modelle der Kalifornier. Auf eine Frage zum Stand der Dinge hin sagte Musk: «Wir arbeiten derzeit nicht an dem 25'000-Dollar-Auto.» Zwar werde das Thema irgendwann auf den Tisch kommen. Im Moment habe man aber genug anderes zu tun. Dabei dürfte Musk vor allem an das Vorhaben denken, die neuen Werke in Austin (US-Bundesstaat Texas) und Grünheide bei Berlin richtig in Gang zu bekommen.
Natürlich geht es dabei um das liebe Geld: Ein grösserer Tesla kann mit höherer Marge verkauft werden. Auch andere Hersteller elektrifizieren daher zuerst ihre Ober- und Mittelklasse-Modelle.
Wirtschaftlich macht es für Tesla wenig Sinn, die beschränkte Produktionskapazität für einen Kleinwagen zu nutzen, solange die teureren Modelle stark nachgefragt werden. Anders gesagt: Der gewaltige Erfolg von Model 3 und Y dürfte einen günstigeren Tesla eher verzögern.
2018 sagte Musk, ein günstiges Einstiegsmodell wäre binnen drei Jahren machbar. Und 2020 kündigte er die Markteinführung binnen drei Jahren an. Rivale VW dürfte die Verzögerung gelegen kommen. Die Deutschen haben unlängst angekündigt, ihren populären Elektro-Kleinwagen VW e-Up, der lange nicht mehr bestellbar war, wieder verfügbar zu machen.
Richtig lukrativ wird ein Kleinwagen für Tesla, wenn man den Kundinnen und Kunden Software-Pakete wie «Full Self-Driving» zusätzlich verkaufen kann. Diese Fahrassistenz-Option wird aber vermutlich eher von Kunden gewünscht, die zu teureren Modellen greifen.
Früher oder später wird ein kleinerer und günstigerer Tesla kommen. Damit ist aber kein 10'000-Franken-Auto gemeint, sondern eher ein Kompaktwagen unter 30'000 Franken. Ab etwa 2026 dürften insbesondere die Akkupreise so stark gefallen sein, dass sich die Produktion kleiner Elektroautos lohnt. Mit einer Welle günstiger E-Autos diverser Hersteller ist somit frühestens ab Mitte des Jahrzehnts zu rechnen.
Und der reichste Mann der Welt (Vermögen: rund 218 Milliarden US-Dollar) bringt einen weiteren Stimmungsdämpfer: Im Jahr 2022 werde es keinerlei neue Modelle von Tesla geben. Demnach wird es der lang erwartete «Cybertruck» auch in diesem Jahr nicht zur Serienreife bringen. Es ergebe keinen Sinn, so Musk mit Blick auf die Chipkrise der Autoindustrie: Tesla könne derzeit kein neues Modell in den Markt einführen, ohne wegen des Mangels an Halbleitern gleichzeitig die Produktion anderer Modelle zurückzufahren. Tatsächlich kann Tesla seit einem Jahr nur das Model 3 und Y in grossen Mengen produzieren, während von den neuen, überarbeiteten Modellen S und X nur sehr geringe Stückzahlen vom Band laufen.
Ursprünglich wurde mit einem Produktionsstart für den Cybertruck im Laufe des Jahres 2022 gerechnet. Hunderttausende Fans haben sich bereits einen der eigenwillig geformten Cybertrucks reserviert.
Tesla wird die Zeit laut Musk nutzen, um den 2019 präsentierten Cybertruck auf den neusten Stand zu bringen. Rivian etwa liefert seinen Elektro-Pick-up R1T mit vier Motoren aus, Tesla will nachziehen. Ebenfalls angekündigt ist eine Allradlenkung, mit der Tesla dem «Krabbenmodus» des elektrischen Hummers nacheifert. Bei GM ist die Produktion des Elektro-Pick-ups bereits angelaufen.
Auch das seit 44 Jahren meistverkaufte Auto in den USA, der Ford F-150, kommt im Frühjahr 2022 als Elektro-Pick-Up. Der Cybertruck wird also 2023 auf starke Konkurrenz treffen.
Anders als in Europa sind in den USA Pick-ups äusserst beliebt. Nebst reinen Elektroauto-Herstellern wie Tesla und Rivian setzen daher auch die grossen US-Hersteller GM und Ford auf Elektro-Pick-ups.
(oli/mab/t-online)
Mit grossen und luxuriösen Elektro-SUVs rennst du dagegen bei einer gutbetuchten Kundschaft die auch mal aus Spass an der Freude ein neues Auto kauft offene Türen ein.