Digital
Tesla

Darum ist Tesla der wertvollste Autohersteller der Welt

A truck loaded with Tesla cars departs the Tesla plant Tuesday, May 12, 2020, in Fremont, Calif. Tesla CEO Elon Musk has emerged as a champion of defying stay-home orders intended to stop the coronavi ...
Trotz Corona-Krise: Bei Tesla läuft's rund.Bild: AP

Von wegen Hype – darum ist Tesla der wertvollste Autohersteller der Welt

13.07.2020, 09:1213.07.2020, 12:47
Mehr «Digital»

Als wertvollster Autohersteller der Welt ist Tesla ein Star der Finanzwelt. Aber auch technologisch bekommt das Unternehmen von Elon Musk ein immer grösseres Gewicht. Etablierte Anbieter wie Volkswagen, BMW & Co. müssen jetzt wirklich Acht geben, nicht den Anschluss zu verpassen.

Der Rummel um den E-Auto-Pionier Tesla war immer schon gross – doch was derzeit mit der Firma des schillernden Tech-Milliardärs Elon Musk passiert, sucht seinesgleichen. Seit Ende Juni ist der Börsenwert des Unternehmens um mehr als 85 Milliarden auf zuletzt gut 286 Milliarden Dollar nach oben geschossen. Damit ist Tesla mit weitem Abstand der am höchsten gehandelte Autohersteller der Welt.

Tesla ist im Vergleich zu Toyota und VW ein Zwerg, aber die Zukunft spricht für den E-Autopionier.
Tesla ist im Vergleich zu Toyota und VW ein Zwerg, aber die Zukunft spricht für den E-Autopionier.Bild: statista

Zum Vergleich: Die drei nach Absatz und Produktion grössten US-Rivalen General Motors, Ford und Fiat Chrysler bringen es auf knapp 80 Milliarden Dollar – zusammengerechnet. Und auch das deutsche Trio Volkswagen, Daimler und BMW ist meilenweit abgeschlagen.

Erwartungen übertroffen

Für Musk ist es ein Triumph. Der 49-jährige Star-Unternehmer, der nebenher die Raketenfirma SpaceX und viele andere Projekte betreibt, hat mit Tesla alle Erwartungen übertroffen. Vor einem Jahr kämpfte er mit tiefroten Zahlen, die Mittel waren knapp, die Zweifel an der Zukunft von Tesla gross. Dann drehte der E-Autobauer auf: drei Quartale schwarzer Zahlen in Serie. Plötzlich scheint der bislang chronisch verlustreiche Konzern profitabel und hebt an der Börse ab. In der Schweiz etwa gehört Teslas Model 3 seit 2019 zu den meistverkauften Autos.

Zuletzt kam es noch besser: Während der globale Automarkt stark von der Coronakrise ausgebremst wird, trotzt Tesla dem Abwärtstrend und macht sich im Massenmarkt breit. Im zweiten Quartal wurde Musks Firma deutlich mehr Autos los als erwartet. Anders als die Konkurrenz, die mit geschlossenen Autohäusern und zuhause festsitzenden Kunden zu kämpfen hat, setzt Tesla auf Online-Verkäufe und kommt wegen der vielen Vorbestellungen kaum mit Produktion und Lieferung nach.

Fan-Artikel im Onlineshop vergriffen

Musk geniesst seinen Erfolg in vollen Zügen. Bei Twitter, wo ihm 36,7 Millionen Accounts folgen, verspottet er Anleger, die es wagen, gegen Tesla zu spekulieren. Um «Shortseller» zu verhöhnen, die auf Kursverluste wetten, brachte er die «Tesla Short Shorts» heraus: Die kurzen Satin-Hosen mit goldenem Firmenlogo waren in limitierter Auflage in Teslas Onlineshop erhältlich – und trotz eines stolzen Preises von 69.42 Dollar sofort vergriffen. «Verdammt, wir haben die Website kaputtgemacht!», twitterte er angesichts des grossen Andrangs.

Warum ist ein Unternehmen, das bisher kaum Geld verdient und relativ kleine Stückzahlen fertigt, mehr wert als alle grossen deutschen und US-Autobauer zusammen? Finanzmarkt-Erwartungen sind ein Spiel mit der Zukunft, sie müssen keineswegs die tatsächliche Substanz einer Firma widerspiegeln. Der Rummel um Tesla zeigt auch, wie abgekoppelt der Börsenhandel von den realwirtschaftlichen Grundlagen sein kann.

Software-Architekturen sind das Wertvolle

Doch es mehren sich die Stimmen derer, die glauben, dass Teslas Vorsprung vor allem bei Software und Digitalisierung nur noch schwer einzuholen sein könnte. «Die Kernkompetenz, die Tesla so wertvoll macht, liegt weniger im Feld E-Mobilität», sagte der Konzernchef des zweitgrössten Autozulieferers Continental, Elmar Degenhart. Entscheidend in der Beurteilung sei vielmehr das Know-how bei neuen «Elektronik-Architekturen, deren Programmierung, drahtlosen Updates, den damit verbundenen Sicherheitsanforderungen und der Vernetzung des Autos mit der Cloud».

Gerade dort tun sich Volumenanbieter wie Volkswagen, wo sowohl der neue Golf als auch der Elektro-Hoffnungsträger ID.3 mit IT-Problemen zu kämpfen haben, aktuell noch schwer. Doch das ist keineswegs verwunderlich. Auch Tesla kämpfte jahrelang mit der Technologie und Lieferverzögerungen gehörten zum Alltag.

Anders gesagt: Auch etablierte Autohersteller können gute E-Autos mit guter Reichweite bauen, aber Teslas Vorsprung bei der Software kann nicht so einfach aufgeholt werden. VW etwa ist erst jetzt daran eine eigene Software-Abteilung aufzubauen, die das eigene Auto-Betriebssystem vw.os entwickelt. Es soll künftig in den Fahrzeugen aller Marken des VW-Konzerns eingesetzt werden.

VW bringt den Golf für das Elektrozeitalter – den ID.3

1 / 12
VW ID.3: Der Golf für das Elektrozeitalter
Der VW ID.3 ist seit September 2020 erhältlich. Die Reichweiten variieren je nach Modell von 330 bis zu 550 Kilometern nach WLTP.
quelle: vw
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Indes, so Degenhart, müsse man bedenken, dass Tesla keine annähernd ähnlichen Modellzahlen stemmen muss und «auf der grünen Wiese» gegründet wurde. In der Tat macht Musk bisher kaum nennenswert Masse. Das japanische Schwergewicht Toyota – von Tesla jüngst als wertvollster Autobauer an der Börse überholt – lieferte im jüngsten Quartal mit 398'029 Neuwagen allein in den USA mehr aus als Tesla im gesamten vergangenen Jahr weltweit.

«Besser als bei der Konkurrenz»

Dennoch: Die altbekannten Marktführer müssen sich sputen, wollen sie in den kommenden Jahren nicht unter die Räder geraten. Der Autobranchen-Experte der NordLB, Frank Schwope, ist überzeugt: «Die Tesla-Produktion entwickelt sich besser als bei der Konkurrenz.» Das werde besonders an der Entwicklung in der heissen Corona-Phase deutlich. Trotz pandemiebedingter Rückschläge fuhr Musk die Fertigung im grössten Automarkt der Welt China weiter hoch. Und in Grünheide bei Berlin investiert Tesla mehr als eine Milliarde Euro in seine erste europäische Fabrik - der Produktionsstart soll in einem Jahr sein. Tesla will in der sogenannten Gigafactory 4 in Deutschland das neue Model Y für den europäischen Markt produzieren.

Die Gesamtbranche blickt derweil düsteren Monaten entgegen. «Wir gehen davon aus, dass Autoproduktion und -absatz 2020 gegenüber dem Jahr 2019 weltweit um 15 bis 25 Prozent einbrechen», so Schwope. «Tesla hingegen könnte die Auslieferungen gegen den Trend um rund 20 bis 35 Prozent steigern», vermutet der NordLB-Analyst. So dürfte Musk auch mittelfristig als Gewinner aus der Viruskrise hervorgehen. (oli/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Teslas Model 3 im Test
1 / 9
Teslas Model 3 im Test
Das Model 3 von Tesla ist in der Schweiz ab 40'000 Franken erhältlich. Die Performance-Variante mit Allradantrieb, höherer Leistung und diversen Extras kostet rund 60'000 Franken.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Haben die Milliardär-Bosse ein schlechtes Gewissen?
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
71 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Daniel Heuberger
13.07.2020 09:26registriert Februar 2020
Wieso wird Tesla eigentlich immer "nur" als Autohersteller bezeichnet? Batterien für Hausstromversorgung, Industriegebiete und ganze Landesteile, Batterietechnologieforschung, bald Eigenproduktion, Solarkollektoren... Es scheint als ob das meisstens ignoriert wird.
20426
Melden
Zum Kommentar
avatar
hemster (eidg. dipl. Rechtschreibfehler)
13.07.2020 10:54registriert Januar 2016
aktuell wissen die geier (investoren) einfach nicht wohin mit dem ganzen geld, daher investieren sie in alles was nur annähernd erfolgsversprechend ist, tesla macht aktuell halt vieles richtig bzw. verspricht mögliche gewinne.
ich bin aber schon mal gespannt wenns nciht mehr so gut läuft und diese geier sofort eine zerschlagung/aufspaltung fordern um ihre investitionen zu schützen.
die börse ist und bleibt halt DAS krebsgeschwür unserer zeit.
12432
Melden
Zum Kommentar
avatar
MadeinGDR
13.07.2020 11:35registriert Juli 2020
Man mag ja von Tesla halten was man will, sie haben aber eine Marktlücke gefüllt was die „Autobauer“ nicht geschafft haben. Dass sie dies nicht allein dafür taten die Umwelt zu retten ist klar, aber sie taten wenigstens etwas. Ich wünsche mir mehr Innovationen und ein aufbrechen alter Strukturen.
443
Melden
Zum Kommentar
71
Bericht: Playstation 5 Pro wird dreimal stärker als die aktuelle PS5
Kommt eine Playstation 5 Pro? Angeblich ja, so neue Berichte. Und die Leistung der Konsole soll sogar mit High-End-Hardware aus dem PC-Bereich mithalten können.

Gerüchte über neue Konsolen-Versionen der führenden Hersteller Sony, Microsoft und Nintendo gibt es immer wieder. Die aktuellen Spekulationen drehen sich darum, dass Sony seiner Playstation 5 (PS5) – die am 19. November 2020 an den Start ging – noch in diesem Jahr ein Leistungs-Update verpassen will. Was steckt dahinter?

Zur Story