Als wertvollster Autohersteller der Welt ist Tesla ein Star der Finanzwelt. Aber auch technologisch bekommt das Unternehmen von Elon Musk ein immer grösseres Gewicht. Etablierte Anbieter wie Volkswagen, BMW & Co. müssen jetzt wirklich Acht geben, nicht den Anschluss zu verpassen.
Der Rummel um den E-Auto-Pionier Tesla war immer schon gross – doch was derzeit mit der Firma des schillernden Tech-Milliardärs Elon Musk passiert, sucht seinesgleichen. Seit Ende Juni ist der Börsenwert des Unternehmens um mehr als 85 Milliarden auf zuletzt gut 286 Milliarden Dollar nach oben geschossen. Damit ist Tesla mit weitem Abstand der am höchsten gehandelte Autohersteller der Welt.
Zum Vergleich: Die drei nach Absatz und Produktion grössten US-Rivalen General Motors, Ford und Fiat Chrysler bringen es auf knapp 80 Milliarden Dollar – zusammengerechnet. Und auch das deutsche Trio Volkswagen, Daimler und BMW ist meilenweit abgeschlagen.
Für Musk ist es ein Triumph. Der 49-jährige Star-Unternehmer, der nebenher die Raketenfirma SpaceX und viele andere Projekte betreibt, hat mit Tesla alle Erwartungen übertroffen. Vor einem Jahr kämpfte er mit tiefroten Zahlen, die Mittel waren knapp, die Zweifel an der Zukunft von Tesla gross. Dann drehte der E-Autobauer auf: drei Quartale schwarzer Zahlen in Serie. Plötzlich scheint der bislang chronisch verlustreiche Konzern profitabel und hebt an der Börse ab. In der Schweiz etwa gehört Teslas Model 3 seit 2019 zu den meistverkauften Autos.
Zuletzt kam es noch besser: Während der globale Automarkt stark von der Coronakrise ausgebremst wird, trotzt Tesla dem Abwärtstrend und macht sich im Massenmarkt breit. Im zweiten Quartal wurde Musks Firma deutlich mehr Autos los als erwartet. Anders als die Konkurrenz, die mit geschlossenen Autohäusern und zuhause festsitzenden Kunden zu kämpfen hat, setzt Tesla auf Online-Verkäufe und kommt wegen der vielen Vorbestellungen kaum mit Produktion und Lieferung nach.
Musk geniesst seinen Erfolg in vollen Zügen. Bei Twitter, wo ihm 36,7 Millionen Accounts folgen, verspottet er Anleger, die es wagen, gegen Tesla zu spekulieren. Um «Shortseller» zu verhöhnen, die auf Kursverluste wetten, brachte er die «Tesla Short Shorts» heraus: Die kurzen Satin-Hosen mit goldenem Firmenlogo waren in limitierter Auflage in Teslas Onlineshop erhältlich – und trotz eines stolzen Preises von 69.42 Dollar sofort vergriffen. «Verdammt, wir haben die Website kaputtgemacht!», twitterte er angesichts des grossen Andrangs.
Warum ist ein Unternehmen, das bisher kaum Geld verdient und relativ kleine Stückzahlen fertigt, mehr wert als alle grossen deutschen und US-Autobauer zusammen? Finanzmarkt-Erwartungen sind ein Spiel mit der Zukunft, sie müssen keineswegs die tatsächliche Substanz einer Firma widerspiegeln. Der Rummel um Tesla zeigt auch, wie abgekoppelt der Börsenhandel von den realwirtschaftlichen Grundlagen sein kann.
Doch es mehren sich die Stimmen derer, die glauben, dass Teslas Vorsprung vor allem bei Software und Digitalisierung nur noch schwer einzuholen sein könnte. «Die Kernkompetenz, die Tesla so wertvoll macht, liegt weniger im Feld E-Mobilität», sagte der Konzernchef des zweitgrössten Autozulieferers Continental, Elmar Degenhart. Entscheidend in der Beurteilung sei vielmehr das Know-how bei neuen «Elektronik-Architekturen, deren Programmierung, drahtlosen Updates, den damit verbundenen Sicherheitsanforderungen und der Vernetzung des Autos mit der Cloud».
Gerade dort tun sich Volumenanbieter wie Volkswagen, wo sowohl der neue Golf als auch der Elektro-Hoffnungsträger ID.3 mit IT-Problemen zu kämpfen haben, aktuell noch schwer. Doch das ist keineswegs verwunderlich. Auch Tesla kämpfte jahrelang mit der Technologie und Lieferverzögerungen gehörten zum Alltag.
Anders gesagt: Auch etablierte Autohersteller können gute E-Autos mit guter Reichweite bauen, aber Teslas Vorsprung bei der Software kann nicht so einfach aufgeholt werden. VW etwa ist erst jetzt daran eine eigene Software-Abteilung aufzubauen, die das eigene Auto-Betriebssystem vw.os entwickelt. Es soll künftig in den Fahrzeugen aller Marken des VW-Konzerns eingesetzt werden.
Indes, so Degenhart, müsse man bedenken, dass Tesla keine annähernd ähnlichen Modellzahlen stemmen muss und «auf der grünen Wiese» gegründet wurde. In der Tat macht Musk bisher kaum nennenswert Masse. Das japanische Schwergewicht Toyota – von Tesla jüngst als wertvollster Autobauer an der Börse überholt – lieferte im jüngsten Quartal mit 398'029 Neuwagen allein in den USA mehr aus als Tesla im gesamten vergangenen Jahr weltweit.
Dennoch: Die altbekannten Marktführer müssen sich sputen, wollen sie in den kommenden Jahren nicht unter die Räder geraten. Der Autobranchen-Experte der NordLB, Frank Schwope, ist überzeugt: «Die Tesla-Produktion entwickelt sich besser als bei der Konkurrenz.» Das werde besonders an der Entwicklung in der heissen Corona-Phase deutlich. Trotz pandemiebedingter Rückschläge fuhr Musk die Fertigung im grössten Automarkt der Welt China weiter hoch. Und in Grünheide bei Berlin investiert Tesla mehr als eine Milliarde Euro in seine erste europäische Fabrik - der Produktionsstart soll in einem Jahr sein. Tesla will in der sogenannten Gigafactory 4 in Deutschland das neue Model Y für den europäischen Markt produzieren.
Die Gesamtbranche blickt derweil düsteren Monaten entgegen. «Wir gehen davon aus, dass Autoproduktion und -absatz 2020 gegenüber dem Jahr 2019 weltweit um 15 bis 25 Prozent einbrechen», so Schwope. «Tesla hingegen könnte die Auslieferungen gegen den Trend um rund 20 bis 35 Prozent steigern», vermutet der NordLB-Analyst. So dürfte Musk auch mittelfristig als Gewinner aus der Viruskrise hervorgehen. (oli/sda/dpa)
Um die Software zu verbessern (Assitenten, Autopilot, etc.) braucht man heute vor allem eines: Daten, Daten und nochmals Daten. Da Teslas immer Online sind UND vor allem die ganze Ausrüstung für Autonomes Fahren immer dabei haben, kann Tesla viel mehr und schneller Daten sammeln als alle anderen zusammen. So konnten sie zB. in Mopsgeschwindigkeit bei ihren Assitenzsystemen aufholen, welche die Konkurrenten schon entwickelt haben als Musk noch zur Schule ging und so wird es jetzt weitergehen.