Bei einem Fährunglück auf dem Victoriasee im Herzen Afrikas sind mehr als hundert Menschen ums Leben gekommen. Helfer aus Tansania suchten am Freitag mit allen Kräften nach Überlebenden, doch die Chancen auf Rettung schwanden nach der Tragödie vom Vortag.
Der Gouverneur der Region Mwanza, John Mongella, gab die Zahl der Überlebenden mit 40 an. Nach Angaben des tansanischen Polizeichefs Simon Sirro starben bei dem Unglück im südlichen Teil des Sees mehr als hundert Menschen, wie der staatliche Radiosender TBC Taifa berichtete. Es war zunächst unklar, wie viele Menschen sich an Bord der Fähre Nyerere befanden
Die Unglücksursache war zunächst unklar. Augenzeugen zufolge war das Schiff jedoch heillos überladen, als es nur rund 50 Meter vom Anleger in Ukara kenterte. Rumpf und Schiffsschrauben ragten noch aus dem Wasser. Augenzeugen sagten, die Passagiere hätten an Deck zu einer Seite gedrängt, als sich das Boot dem Anleger näherte.
Das Unglück ereignete sich am Donnerstag. Über Nacht wurden die Rettungsarbeiten, an denen Polizei- und Marinetaucher beteiligt waren, unterbrochen. Am Freitag stieg die Zahl der geborgenen Toten dann sehr schnell.
Der Chef des Distrikts Ukerewe, George Nyamaha, sagte, an Bord seien mehr als hundert Menschen gewesen. Augenzeugen sprachen dagegen von mehr als 200 Menschen, die in Bugolora an Bord der Fähre gegangen seien – damit wäre das Fassungsvermögen des Schiffes um mehr als das Doppelte überschritten gewesen.
Die Betreiber, die Elektrik-, Mechanik- und Serviceagentur, konnten keine genauen Angaben zur Zahl der Passagiere machen. Zudem hatte die MV Nyerere Säcke mit Mais, Bananen und Zement geladen.
«Ich habe weder von meinem Vater noch von meinen jüngeren Brüdern etwas gehört, die auf der Fähre waren», sagte Domina Maua, die ihre Angehörigen vermisste. «Sie waren zum Markt in Bugolora gefahren, um eine Schuluniform und andere Sachen für das neue Schuljahr zu kaufen.»
Eine andere Frau hatte bereits eine Todesnachricht erhalten: «Mein Sohn ist unter den geborgenen Leichen. Er war mit seiner Frau unterwegs, aber sie ist bis jetzt nicht gefunden worden.»
Tansanias Präsident John Magufuli äusserte sich «tief betroffen». Er rief seine Landsleute auf, «in diesen schwierigen Zeiten Ruhe zu bewahren», wie sein Sprecher Gerson Msigwa sagte. Die Opposition warf der Regierung «Nachlässigkeit» vor.
Auf dem Victoriasee ereigneten sich bereits mehrere schwere Schiffsunglücke. Überladung ist dabei immer wieder eine der Ursachen. Im Jahr 1996 etwa waren beim Untergang einer Fähre im tansanischen Teil des Sees schätzungsweise tausend Menschen ertrunken.
Mit einer Fläche von rund 68'800 Quadratkilometern ist der Victoria-See einer der grössten Seen der Erde. Er liegt zwischen Tansania, Kenia und Uganda. (whr/sda/afp)