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Opposition in Ungarn belagert staatliches Fernsehen

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Oppositionsabgeordnete klettern über einen Zaun und betreten das Grundstück des staatlichen Fernsehens.Bild: EPA/MTI

Gegen «Sklavengesetze»: Opposition in Ungarn belagert staatliches Fernsehen

17.12.2018, 23:2618.12.2018, 08:23
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Die Demonstrationen gegen die Regierung in Budapest lassen nicht nach. Oppositionsabgeordnete verschanzten sich im Fernsehgebäude. Nach fast 24 Stunden verliessen sie es – die Protestierenden feierten sie wie Helden.

13 Oppositionsabgeordnete hatten sich nach der letzten Demonstration der Regierungsgegner am späten Sonntagabend Zutritt zu dem Gebäude des staatlichen Fernsehens (MTV) verschafft und die Nacht und den folgenden Tag dort verbracht.

Am Montagabend versammelte sich erneut eine grosse Menge vor dem MTV-Sitz. Nach fast 24 Stunden verliessen die Abgeordneten das Gebäude. Am Nachmittag hatte die Polizei die Abgeordneten aufgefordert, das Gebäude zu verlassen. Diese weigerten sich jedoch, der Aufforderung Folge zu leisten.

Wie Bilder von Handy-Kameras zeigten, legten sie sich zeitweise auf den Boden, um ein gewaltsames Abführen zu erschweren. Die Beamten sahen jedoch davon ab.

Petition verlesen

Zuvor hatten die Politiker vergebens gefordert, im Fernsehen eine Petition der Demonstranten verlesen zu können. Zwei Abgeordnete waren bereits am Montagmorgen vom privaten Sicherheitsdienst des Fernsehens gewaltsam aus dem Gebäude geworfen worden.

Am Montag kam es vor dem MTV-Sitz zu Rangeleien zwischen Sicherheitsleuten und weiteren Abgeordneten, die als Volksvertreter Zutritt zur öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt verlangten. Auch im Gebäude kam es zu Zusammenstössen. Zwei Abgeordnete wurden leicht verletzt.

Zuvor waren am Sonntagabend mehr als 10'000 Menschen auf die Strasse gegangen, um gegen die Regierung des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban zu demonstrieren. Es war der vierte Protest in fünf Tagen.

Anlass war eine am vergangenen Mittwoch im Parlament beschlossene neue Überstundenregelung. Sie sieht vor, dass Arbeitgeber von ihren Mitarbeitern bis zu 400 Überstunden im Jahr verlangen können. Kritiker sprechen von einem «Sklavengesetz».

«Sklavengesetze» kritisiert

Zu Themen der Proteste wurden aber auch andere Missstände unter der Orban-Regierung, darunter die einseitige regierungsfreundliche Berichterstattung des staatlichen Radios, die Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit und die Korruption rund um hochrangige Regierungsvertreter und ihre Familien.

Die Petition der Demonstranten, die die Abgeordneten im Fernsehen verlesen wollten, umfasst fünf Punkte. Die Forderungen beinhalten die Rücknahme des Überstundengesetzes, die Reduzierung der Überstunden für Polizisten, eine unabhängige Justiz, den – von der Regierung bisher abgelehnten – Beitritt Ungarns zur geplanten Europäischen Staatsanwaltschaft und unabhängige öffentlich-rechtliche Medien.

Der Direktor der staatlichen Medien-Holding MTVA, Daniel Papp, beschuldigte die Abgeordneten, ihre Rechte missbraucht zu haben, um den Sendebetrieb zu stören. Infolgedessen habe das Sicherheitspersonal Gewalt anwenden müssen, behauptete Papp in einer Erklärung, die das regierungsnahe Portal «origo.hu» veröffentlichte.

Die MTVA ist die Dach-Holding für das staatliche Fernsehen, das staatliche Radio und die Nachrichtenagentur MTI. Sie hat ihren Sitz gleichfalls im Fernsehgebäude. Papp hatte sich die ganze Zeit über geweigert, die Abgeordneten zu treffen. (sda/dpa)

Ungarn schottet sich weiter ab

Video: srf
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9 Kommentare
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Juliet Bravo
18.12.2018 00:52registriert November 2016
In den letzten Monaten hat eine neugeschaffene staatliche Medienholding die fast alle verbliebenen unabhängigen Medien zwangsenteignet und einverleibt. 2018 - Tatsache in Mitten Europas in Orbàns illiberaler Demokratie.
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