Das Wiesenthal-Zentrum ist mit der Jagd nach Naziverbrechern bekannt geworden. Jedes Jahr brandmarkt die Organisation zudem antisemitische Vorfälle. Auf ihrer Liste für 2018 stehen unter anderen Jeremy Corbyn und die Vermittlungsplattform Airbnb.
Das Wiesenthal-Zentrum hat eine Liste der nach eigenen Angaben zehn weltweit schlimmsten antisemitischen Vorfälle von 2018 veröffentlicht.
Auf Platz eins steht der US-Attentäter Robert Bowers, der im Oktober bei einem Anschlag auf eine Synagoge in Pittsburgh elf Menschen getötet hat.
Die Tat dieses bekennenden Neonazis zeige «die Gefahren einer Gesellschaft, in der es nicht mehr tabu ist, auf sozialen Medien und in der realen Welt Hass und Intoleranz zu verbreiten», hiess es in der Mitteilung des Wiesenthal-Zentrums. Es ist mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern bekannt geworden.
Auf dem zweiten Platz der Liste steht der Führer der Bewegung Nation of Islam, Louis Farrakhan. Er sorgte immer wieder mit antisemitischen Aussagen in den USA für Aufregung. So sagte er zum Beispiel in der Vergangenheit, dass mächtige Juden für 9/11 verantwortlich seien.
Im Oktober verglich er in einer Rede Juden mit Termiten. Das Video der Rede wurde auf Facebook gelöscht. Laut Facebook habe es enthumanisierende Elemente enthalten.
Auf Platz drei sieht das Wiesenthal-Zentrum Campusse von Universitäten in den USA und verweist dabei unter anderem auf Hakenkreuz-Schmierereien.
Auf den Campussen der Stanford University, der Duke University, der University of Illinois, der Cornell University und anderer Universitäten wurden nach dem Anschlag in Pittsburgh Hakenkreuz-Schmierereien gefunden.
Der britische Labour-Chef Jeremy Corbyn erscheint auf Platz vier der Liste. Seit Jahren werden gegen Corbyn und seine Partei Antisemitismus-Vorwürfe erhoben. Kritiker werfen dem Alt-Linken eine einseitige Unterstützung der Palästinenser im Nahostkonflikt vor.
Im vergangenen August räumte Corbyn in einem Video öffentlich ein, dass seine Oppositionspartei ein Problem mit Antisemitismus habe. Disziplinarverfahren gegen antisemitische Parteimitglieder seien zu langsam und zu zaghaft betrieben worden.
Ein Labour-Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur, Corbyn und seine Partei unterstützten die jüdische Gemeinschaft. «Wir handeln gegen Antisemitismus, solidarisieren uns mit jüdischen Gemeinden und bauen wieder Vertrauen auf.»
Auf Platz fünf setzt das Wiesenthal-Zentrum das Palästinenserhilfswerk der Uno (UNRWA). Die Einrichtung habe der im Gazastreifen herrschenden Palästinenserorganisation Hamas «massiven Kindesmissbrauch» ermöglicht, schreibt es. An Uno-Schulen werde Antisemitismus gefördert.
Ein UNRWA-Sprecher wies den Vorwurf zurück. «UNRWA verurteilt Rassismus, einschliesslich Antisemitismus, auf das Schärfste», teilte er mit. UNRWA sei eine neutrale humanitäre Organisation, die einer Bevölkerung von rund fünf Millionen palästinensischen Flüchtlingen Unterstützung und Schutz biete.
Auf Platz sechs liegt Airbnb. Das US-amerikanische Unternehmen hatte im November erklärt, Unterkünfte in israelischen Siedlungen aus dem Angebot zu nehmen, weil diese sich im «Zentrum des Streits zwischen Israelis und Palästinensern» befänden.
Es gebe keinen Hinweis darauf, dass Airbnb auch in anderen umstrittenen Regionen der Welt, wie etwa Zypern, ähnlich vorgehe, hiess es dazu im Bericht.
Auf Platz sieben steht die deutsche Bank für Sozialwirtschaft. Als Begründung hiess es, die Bank arbeite mit der Organisation «Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost» zusammen, die sich für einen Israel-Boykott einsetze.
Die Bank wies den Vorwurf in einer Stellungnahme zurück. Man sei seit rund zwei Jahren mit unsachlichen Antisemitismusvorwürfen aus zwei verschiedenen politischen Lagern konfrontiert, stellte sie fest.
Nach Vorwürfen der «Jerusalem Post» 2016 wegen der Kontoführung für die «Jüdische Stimme» habe man zunächst die Geschäftsbeziehung mit dieser Organisation gekündigt. Dies sei jedoch massiv kritisiert worden, es habe wiederum Antisemitismusvorwürfe gegeben.
Nach intensiven Gesprächen mit der «Jüdischen Stimme» und einer Distanzierung der Organisation von Gewalt gegen Israel und ihrer Anerkennung des Existenzrechts Israels, habe man das Konto im Januar wiedereröffnet, so die Bank. Dies habe neue Vorwürfe ausgelöst.
Auf Platz acht folgt die US-Bischöfin Gayle Harris. Das Wiesenthal-Zentrum wirft ihr vor, sie habe zwei Beispiele für ein hartes Vorgehen der israelischen Armee gegen Palästinenser erfunden. Später habe sie einen Fehler eingestanden.
Auf Platz neun liegt das schwedische Karolinska-Krankenhaus. Der Chef der Neurochirurgie habe drei dort angestellte jüdische Ärzte systematisch diskriminiert, lautet der Vorwurf. Das Spital habe darauf nicht angemessen reagiert.
Klinikleiterin Annika Tibell sagte der schwedischen Zeitung «Dagens Nyheter», es wiege sehr schwer, dass das Spital auf der Liste stehe. Die Klinik teilte mit, sie verfolge eine Null-Toleranz-Politik gegen Diskriminierung, einschliesslich Antisemitismus. Das Spital hat eine Untersuchung der Vorfälle eingeleitet.
Platz zehn schliesslich belegt die Rocklegende Roger Waters. Der 75-Jährige gilt als prominentester Fürsprecher der anti-israelischen Bewegung BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen). Ihm wird vorgeworfen, mit seiner harschen Kritik an Israels Regierung in Antisemitismus abzugleiten. Rogers selbst bestreitet den Vorwurf der antisemitischen Stimmungsmache. (sda/dpa)