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Klima

Siebte Belastungsgrenze der Erde überschritten – Wissenschaftler warnen

Künstlerische Darstellung der Raumsonde Osiris-Rex über der Erde.
Sieben von neun kritischen Belastungsgrenzen des Erdsystems sind überschritten.Bild: Keystone

Weitere Belastungsgrenze der Erde überschritten – Wissenschaftler warnen

24.09.2025, 18:00

Die Mehrheit der lebenswichtigen Funktionen unseres Planeten ist nach einem neuen Bericht von Klimawissenschaftlern in Gefahr. Sieben von neun kritischen Belastungsgrenzen des Erdsystems sind überschritten – eine mehr als im Vorjahr.

Neu liegt laut dem «Planetary Health Check» des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) im Gefahrenbereich: Die Ozean-Versauerung – also wenn der sogenannte pH-Wert des Meerwassers sinkt.

Der «Planetary Health Check»-Bericht liefert eine Einschätzung zum Zustand des Erdsystems. Er basiert auf planetaren Belastungsgrenzen – neun Prozessen, die Stabilität, Widerstandsfähigkeit und lebenserhaltende Funktionen des Planeten regulieren, wie das PIK im Report schreibt.

Zustand der Erde verschlechtert sich

«Mehr als drei Viertel der lebenswichtigen Erdsystem-Funktionen befinden sich nicht mehr im sicheren Bereich. Die Menschheit verlässt ihren sicheren Handlungsraum und erhöht so das Risiko, den Planeten zu destabilisieren», sagte PIK-Direktor Johan Rockström, Co-Autor des Berichts. Der Zustand der Erde verschlechtere sich massiv.

Die sieben überschrittenen Grenzen sind laut Bericht: Klimawandel, Integrität der Biosphäre, Veränderung der Landnutzung, Veränderung der Süsswassersysteme, Veränderungen im Stickstoff- und im Phosphorkreislauf, Eintrag menschengemachter Substanzen sowie auch die Ozean-Versauerung.

Luftverschmutzung und Ozonschicht im sicheren Bereich

Zwei der ausgewiesenen Belastungsgrenzen liegen laut Forschern noch im sicheren Bereich: die Belastung durch Aerosole (Luftverschmutzung) und die Ozonschicht. Sobald eine Grenze überschritten wird, steigt laut Forschern das Risiko, die wichtigen Funktionen der Erde dauerhaft zu schädigen, und die Wahrscheinlichkeit, dass Kipppunkte überschritten werden, die Veränderungen unumkehrbar machen. Die Wissenschaftler beobachtet diese Grenzen anhand zentraler Indikatoren.

Hauptursache für die Ozean-Versauerung ist laut «Planetary Health Check» die Verbrennung fossiler Energieträger, verstärkt durch Abholzung und Landnutzungswandel. Ozeane nehmen etwa grosse Mengen des menschengemachten Kohlendioxids aus der Atmosphäre auf, wodurch ihr Wasser saurer wird. Durch diese Faktoren verlieren die Meere zunehmend ihre stabilisierende Rolle im Erdsystem, wie das Forscherteam mitteilte. Die Folgen seien spürbar: Kaltwasserkorallen, tropische Riffe und arktische Ökosysteme gerieten unter Druck. Zudem ergeben sich demnach negative Folgen für ganze Nahrungsketten und die Ernährungssicherheit auch des Menschen.

So zeigen laut PIK winzige Meeresschnecken, sogenannte Flügelschnecken, bereits Schädigungen an ihren Schalen. Sie seien eine wichtige Nahrungsquelle für Fische und Wale.

Wissenschaft sieht Ozean-Versauerung als «Warnsignal»

«Die Entwicklung geht eindeutig in die falsche Richtung. Die Ozeane versauern, Sauerstoffwerte sinken, und marine Hitzewellen nehmen zu. Damit wächst der Druck auf ein System, das für stabile Lebensbedingungen auf unserem Planeten unverzichtbar ist», so die Co-Leiterin des «Planetary Boundaries Science Lab» und Leitautorin des Berichts, Levke Caesar. Die Versauerung sei ein unübersehbares Warnsignal, dass die Stabilität der Erde in Gefahr sei, sagte die US-amerikanische Ozeanografin und Mitglied der Initiative «Planetary Guardians», Sylvia Earle.

Forscher: Entwicklung umkehrbar

Der Bericht der Forscher ist auch ein Appell an Politiker, Wirtschaft und Gesellschaft, die Lebensgrundlagen besser zu schützen. «Beispiele wie der Rückgang der Luftverschmutzung durch Aerosole und die Erholung der Ozonschicht zeigen, dass wir die globale Entwicklung umsteuern können. Auch wenn die Diagnose ernst ist, besteht weiterhin die Chance diese Entwicklung umzukehren», sagte PIK-Direktor Rockström. (sda/dpa)

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79 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Blue_Fountain (2.0)
24.09.2025 19:43registriert Januar 2025
so schaufeln wir uns unser eigenes Grab immer weiter. Und diejenigen, die dagegen vorgehen werden als naive Idealisten beschimpft - ein Trauerspiel!
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John H.
24.09.2025 19:47registriert April 2019
Wenn die Globalisierung doch nur dazu geführt hätte, dass wir auch global denken - oder daraus entsprungen wäre.
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Aruma
24.09.2025 18:38registriert Januar 2020
Es brennt wirklich und was macht Rösti und seine Wähler?

Von AKWs schwafeln, um von Photovoltaik und Solarthermie auf Dächern und an Fassaden abzulenken, Tempo 30 blockieren, obwohl das die Gefahr schwerer Verletzungen bei Unfällen, Lärm, Luftverschmutzung und unnötig hohen Bezinverbrauch vermindern würde, Pestizide in der Landwirtschaft begünstigen, ohne vernünftigen Plan Wölfe abschiessen, statt Biodiversität fördern.
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