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Immer Ärger mit der Türkei: Seit dem gescheiterten Putschversuch müht sich die Regierung von Präsident Erdogan redlich, nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland «auszuräumen». Und langsam, aber sicher hat die Diplomatie Sandkastenniveau erreicht. Namentlich geht es um einen Disput zwischen Ankara und Wien.
Was ist passiert? Gerade erst hat Brüssel der Türkei 1,4 Milliarden Euro überwiesen, damit dort Migranten versorgt werden können. Das war ja der Deal mit der EU: Ankara bekommt Geld und kümmert sich um die Flüchtlinge. Dafür können die Türken ohne lästigen Papierkram Grenzen überqueren – wenn sie denn die Voraussetzungen für visafreie Reisen schaffen.
Das Problem: Jene Bedingungen für die Visafreiheit in der EU wurden bisher nicht erfüllt. Für Erdogans Politiker ist das aber kein Grund, nicht trotzdem Druck zu machen: Wenn die Visafreiheit bis Oktober nicht kommt, platzt der Flüchtlingspakt, drohte Aussenminister Mevlut Cavusoglu unverhohlen.
Das war am 3. August.
Am 4. August reagierte Wien. Der österreichische Kanzler forderte, die Beitrittsverhandlungen zur EU auszusetzen – weil die demokratischen Standards beim Aspiranten nicht ausreichten. «Ich sehe einen Beitritt der Türkei auf Jahre, wenn nicht auf Jahrzehnte für ein Ding der Unmöglichkeit an», urteilte Christian Kern.
Und nun beginnt ein Schlagabtausch auf höchstem diplomatischem Level – und tiefstem intellektuellen Niveau. Erst meldete sich Ankaras Europaminister Omer Celik zu Wort. «Es ist verstörend, dass seine Kommentare ähnlich wie die der Rechtsaussen klingen», sagte er. Aussenminister Mevlüt Cavusoglu setzte noch einen drauf. Österreich sei ein Hort des «radikalen Rassismus».
Dass sich die türkische Politik nicht über die Äusserungen Kerns freut, ist nur recht und billig. Der Österreicher begründet seine Aussage allerdings: Er bezieht sich auf die extremen Massnahmen, mit denen die Regierung Erdogans seit dem Putschversuch Gesellschaft und Politik umkrempelt. Die Retourkutsche aus Ankara bestätigte beinahe, was der Türkei unterstellt worden ist: Wien wegen dieser Kritik Rassismus zu unterstellen, ist nicht recht und nur billig.
Am 5. August geht der Schaukampf im Kindergarten weiter, weil unsere Nachbarn der Sache nicht den Wind aus den Segeln nehmen, sondern Öl ins Feuer giessen. «Ich weise die Kritik an Österreich scharf zurück», sagte Aussenminister Sebastian Kurz. Und: «Ankara ist dazu aufgerufen, sich in Wortwahl und Vorgehen im Land zu mässigen sowie die Hausaufgaben zu machen.»
Die einen ziehen den plumpen Nazi-Joker, die anderen kontern mit schulmeisterlicher Belehrung. Dass in diesem Kampf der Unkultur nun die dritte Runde folgt, ist so sicher wie das Amen in einer Wiener Kirche (oder der Muezzinruf in einer Moschee in Ankara).
Doch nicht nur mit Österreich legt sich die türkische Politik an, auch im Presse(freiheit)-Zickenkrieg mit Deutschland gibt es Neuigkeiten. Aussenminister Mevlüt Cavusoglu hat deutschen Medien vorgeworfen, fremdgesteuert gegen die Türkei und ihren Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan Stimmung zu machen.
Deutschlands Presseorgane «werden alle vollständig von einem Kontrollmechanismus geleitet», erklärte Cavusoglu am Freitag dem regierungsnahen Sender TGRT. Dass alle «gegen die Türkei und unseren Präsidenten berichten, ist kein Zufall, das wissen wir». Wer da Kontrolle ausübt, verriet er übrigens nicht.
Nachdem Präsident Erdogan einen Rechtsstreit gegen den deutschen Moderator Jan Böhmermann angestrengt hat, im eigenen Land Hunderte wegen Beleidigung verklagt und diverse Journalisten kaltgestellt hat, sind solche Aussagen türkischer Politiker nur noch merkwürdig. Vielleicht soll diese Propaganda innenpolitisch wirken – aussenpolitisch treibt sie Ankara in die Isolation.
Der nächste Zickenkrieg ist übrigens schon vorprogrammiert. Dann legt sich die Türkei mit dem dicksten, stärksten Kind im Sandkasten an: dem kleinen Uncle Sam. Ankara hatte Washington ein Dossier geschickt, das die Auslieferung des Erdogan-Intimfeinds Fethullah Gülen rechtfertigen sollte. Der Präsident selbst tönte mit Blick auf den Putschversuch, man müsse «blind» sein, «um nicht zu verstehen, dass er hinter all dem steckt».
Doch für Washington sind die vorgelegten Beweise aus Ankara offenbar nicht stichhaltig genug: Wie das «Wall Street Journal» erfahren haben will, wird das Aussenministerium das Auslieferungsgesuch ablehnen. Mal sehen, wie der türkische Präsident und seine Mannen damit umgehen werden. Könnte sein, dass jemand aus der Sandkastentruppe wild um sich schlagen wird. Fortsetzung folgt – ganz gewiss.