Bei neuen Protesten gegen eine drohende Diktatur in Venezuela und heftigen Zusammenstössen mit der Polizei sind mehr als 60 Demonstranten verletzt worden. Die Polizei setzte nach Berichten von Augenzeugen Tränengasbomben ein, um den Protestzug zu zerstreuen.
Die Demonstranten wandten sich gegen Pläne des sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro, eine neue Staatsordnung erarbeiten zu lassen. Sie fürchten ein Abrutschen in die Diktatur und die endgültige Ausschaltung des von der Opposition dominierten Parlaments. Nach Angaben der Regierung bat Papst Franziskus die Bischöfe in Venezuela, einen Dialog für ein Ende des Blutvergiessens zu vermitteln.
Seit Ausbruch der Proteste im April starben 37 Menschen, 800 wurden verletzt. Nach über einem Monat ohne Kontakt mit der Aussenwelt hatte sich zuletzt auch der inhaftierte venezolanische Oppositionsführer Leopoldo López mit einem Aufruf an das Militär zurückgemeldet, die Soldaten sollten mit Maduro brechen und nicht die Waffen gegen das eigene Volk erheben. Viele fürchten einen Bürgerkrieg im Land.
«Ich bin drei Jahre in einem Militärgefängnis mit Soldaten und Offizieren. Ich weiss, dass heute die übergrosse Mehrheit von Euch gegen die Diktatur ist», erklärte López über Twitter.
Er rief das Volk zum unermüdlichen Protest gegen Maduro auf: «Wer müde wird verliert.» Warum er wieder mit der Aussenwelt kommunizieren konnte, blieb unklar. Nach 35 Tagen durfte ihn auch seine Frau Lilian Tintori erstmals wieder besuchen. «Leopoldo hält sich standhaft», sagte sie. Er werde aber in Einzelhaft isoliert und schikaniert.
Viele Venezolaner fordern Neuwahlen und die Freilassung von politischen Gefangenen, zu denen sie in erster Linie auch López zählen. Der 46-jährige Chef der Partei Voluntad Popular («Volkswille») verbüsst wegen angeblicher Anstachelung zu Gewalt bei regierungskritischen Protesten eine fast 14-jährige Haftstrafe – 2014 war es ebenfalls zu Toten bei Protesten gegen Maduro gekommen. (sda/dpa)