US-Präsident Donald Trump stösst mit seiner Erklärung eines Nationalen Notstandes an der Grenze zu Mexiko auf grossen Widerstand. Die Anführer der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat, Nancy Pelosi und Chuck Schumer, warfen Trump einen Angriff auf die Verfassung vor. Mehrere Generalstaatsanwälte kündigten Gegenwehr an.
Wenige Stunden später wurde vor einem Bundesgericht in der Hauptstadt von drei texanischen Grundbesitzern und einem Naturpark eine erste Klage gegen die Rechtmässigkeit der Notstands-Verordnung eingereicht, wie die «Washington Post» berichtete.
Aber auch in den Reihen von Trumps Republikanern herrscht Unruhe. Mehrere prominente Parteikollegen Trumps hatten sich vorab kritisch zu so einem Schritt geäussert. Die Taktik des Präsidenten, sich durch die Notstandserklärung auf andere Weise Milliarden für den Bau einer Grenzmauer zu beschaffen, ist rechtlich hoch umstritten. Klagen sind bereits angekündigt.
Trump hatte am Freitag einen Nationalen Notstand an der Südgrenze der USA ausgerufen, um seine Pläne zum Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko voranzutreiben. Er begründete dies mit einer «Invasion» von Drogen, Menschenschmugglern und kriminellen Banden. Durch die Notstandserklärung will er nun Geld aus anderen Töpfen - vor allem aus dem Budget des Verteidigungsressorts - umwidmen und so insgesamt acht Milliarden Dollar für den Bau von Grenzbarrieren zusammentragen.
Der Präsident hatte ursprünglich 5.7 Milliarden Dollar vom US-Kongress verlangt, um eine Grenzmauer errichten zu lassen. Die Demokraten sperrten sich aber gegen die Forderung. Am Ende bewilligte der Kongress nur 1.375 Milliarden Dollar - also etwa ein Viertel der von ihm geforderten Summe. Per Notstandserklärung will sich der Präsident nun die zusätzlichen Milliarden organisieren.
Die Notstandserklärung erlaubt dem Präsidenten, ohne parlamentarische Zustimmung Geld für das Vorhaben zu sammeln. Nach Angaben des Weissen Hauses soll das Gros von mehr als sechs Milliarden Dollar aus dem Verteidigungsressort kommen - aus Mitteln, die eigentlich für Baumassnahmen und zur Drogenbekämpfung gedacht waren. Diese Mittel will Trump nun für seine Baupläne an der Grenze umwidmen. Ausserdem will er in geringerem Umfang (600 Millionen Dollar) Einnahmen aus Beschlagnahmungen des Finanzministeriums dafür nutzen.
Trump räumte ein: «Ich musste das nicht tun.» Aber er wolle die Mauer schneller bauen als auf anderem Weg möglich.
Pelosi schrieb auf Twitter, diese Aussage sei das deutlichste Zeichen dafür, dass Trumps Notstandserklärung unrechtmässig sei. Es gebe keine Krise an der Grenze. Trumps Schritt sei daher ein Verstoss gegen die Verfassung. Pelosi und Schumer warfen Trump vor, er bewege sich ausserhalb der Grenzen des Gesetzes. Sie riefen die Republikaner im Kongress auf, sich gemeinsam gegen Trumps Vorgehen zu stellen.
Tatsächlich gibt es auch in Trumps eigener Partei Unmut darüber, dass er zum Mittel einer Notstandserklärung greift. So sprach die Senatorin Susan Collins vorab von einem Fehler: «Solch eine Erklärung würde die Rolle des Kongresses untergraben.» Der Senator Marco Rubio hatte gemahnt: «Wir haben eine Krise an der Grenze, aber keine Krise rechtfertigt einen Verstoss gegen die Verfassung.»
Nach einem Bericht der «Washington Post» hatte auch der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, Trump intern davon abgeraten, einen Notstand auszurufen, und gewarnt, dies können die eigene Partei spalten. Öffentlich hatte sich McConnell aber am Donnerstag überraschend hinter Trumps Plan einer Notstandserklärung gestellt.
Der Kongress hätte theoretisch die Möglichkeit, eine solche Erklärung mit einer Resolution anzufechten. Diese müsste von beiden Kammern verabschiedet werden. Legt Trump sein Veto dagegen ein, könnte der Kongress dieses noch überstimmen. Dazu bräuchte es aber sowohl im Repräsentantenhaus, in dem die Demokraten die Mehrheit haben, als auch im republikanisch dominierten Senat eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
Einen landesweiten Ausnahmezustand, bei dem Grundrechte ausser Kraft gesetzt werden, bedeutet ein Nationaler Notstand in den USA zwar nicht. Der Schritt gibt Trump aber weitreichende Befugnisse - in diesem Fall eben die Möglichkeit, andere Geldtöpfe anzuzapfen. Dies ist rechtlich allerdings hoch umstritten. Die nächste Etappe des erbitterten Mauerstreits wird damit wohl vor Gericht ausgetragen.
Ein einflussreicher Ausschuss im US-Repräsentantenhaus kündigte Ermittlungen an. In einem Brief an Trump führen die Abgeordneten im Justizausschuss an, der Schritt wecke verfassungsrechtliche Fragen. «Wir glauben, dass die Erklärung des Notstands eine rücksichtslose Missachtung der Gewaltenteilung und Ihrer Verantwortung in unserem Verfassungssystem darstellt», heisst es in dem Schreiben vom Freitag, das unter anderem vom Ausschussvorsitzenden Jerrold Nadler und anderen hochrangigen Demokraten unterzeichnet wurde.
Die Parlamentarier forderten den Präsidenten auf, sich für eine Anhörung bereitzustellen. Zudem setzten sie dem Präsidialamt eine Frist von einer Woche, um Unterlagen vorzulegen, die den Notstand begründeten.
Auch Generalstaatsanwälte aus mehreren Bundesstaaten kündigten Widerstand an. Die Generalstaatsanwältin von New York, Letitia James, rügte, Trump habe den Notstand ohne rechtmässigen Grund ausgerufen, was eine Verfassungskrise auslösen könne. Sie sprach von Machtmissbrauch und kündigte Gegenwehr an - «mit jedem rechtlichen Mittel, das uns zur Verfügung steht». Der Generalstaatsanwalt von Maryland, Brian Frosh, nannte Trumps Notstandserklärung «illegal, unnötig und gefährlich». Auf diese Weise würden Mittel für echte Notstände zweckentfremdet. Man werde die Auswirkungen auf den eigenen Bundesstaat ansehen und alle rechtlichen Optionen prüfen, dagegen vorzugehen. (sda/dpa)