Knapp elf Monate nach den G20-Krawallen in Hamburg ist im Kanton Aargau ein Schweizer von den Behörden befragt und danach wieder auf freien Fuss gesetzt worden. In der Schweiz und drei weiteren EU-Staaten fanden am Dienstagmorgen Razzien statt.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg habe ein Rechtshilfeersuchen gestellt, teilte eine Sprecherin der Aargauer Staatsanwaltschaft nach der Befragung mit. Der Beschuldigte sei in Anwesenheit von zwei Polizeibeamten von der Staatsanwaltschaft Aargau befragt worden. Zum Aussageverhalten des Mannes gab die Sprecherin keine Auskunft.
Die Hamburger Polizei machte auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda keine Angaben zu den Vorwürfen an die Adresse des Befragten. Die Pressestelle verwies auf die noch laufenden Ermittlungen, bestätigte aber, dass sich in der Schweiz im Zusammenhang mit den Razzien niemand mehr in Polizeigewahrsam befinde.
Im Rahmen der geleisteten Rechtshilfe liess die Aargauer Staatsanwaltschaft in Bremgarten zudem zwei Liegenschaften durchsuchen. Nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Italien, Frankreich und Spanien gab es am Dienstagmorgen Razzien, wie Staatsanwaltschaft und Polizei in Hamburg mitteilten.
Dabei geht es vor allem um Ausschreitungen in der Hamburger Elbchaussee, bei denen Randalierer am 7. Juli 2017 schwere Verwüstungen angerichtet hatten. Verdächtige seien befragt sowie Wohnungen und linke Szenetreffs durchsucht worden, teilte die Hamburger Polizei mit.
Polizeipräsident Ralf Meyer sprach von einem «ersten wichtigen Schritt zur Ermittlung von Personen, die während des G20-Gipfels schwere Straftaten begingen».
In Madrid durchsuchten Fahnder nach Angaben des Innenministeriums drei Gebäude, darunter zwei besetzte Häuser. Bei den Ermittlungen seien drei spanische Männer identifiziert worden, die am Rande des G20-Gipfels in Hamburg «beträchtliche Sachschäden» verursacht hätten und an «gewaltsamen Aktionen gegen Polizisten» beteiligt gewesen seien, erklärte das Ministerium.
In Frankreich fahndeten Ermittler nach Angaben der Hamburger Polizei nach einem Tatverdächtigen, der an den Ausschreitungen auf der Elbchaussee beteiligt gewesen soll. Dort waren unter anderem zahlreiche Autos in Brand gesteckt worden.
In Italien durchsuchte die Polizei nach NDR-Informationen mehrere Objekte - unter ihnen die Wohnung eines Mannes, der bereits in Hamburg wegen eines Angriffs auf Polizeibeamte verurteilt worden war. Inzwischen gingen die Ermittler auch davon aus, dass er auch an den Krawallen auf der Elbchaussee beteiligt war.
Das Gipfeltreffen der wichtigsten Wirtschaftsmächte der Welt im Juli 2017 war von massiven Ausschreitungen überschattet. In der Hamburger Elbchaussee hatten rund 220 Randalierer in kürzester Zeit zahlreiche Autos angezündet und mehrere Polizeiautos angegriffen.
51 Verdächtige wurden nach den Krawallen in Untersuchungshaft gesetzt, darunter mindestens ein Schweizer. Insgesamt waren 186 Menschen vorläufig festgenommen und 225 Menschen in Gewahrsam genommen worden. Die Polizei richtete eine Sonderkommission ein, um Gewalttäter und Hintermänner zur Rechenschaft zu ziehen.
Die Polizei hatte bereits am 13. April eine europaweite Fahndung nach 24 mutmasslichen Randalierern eingeleitet. Das Bundeskriminalamt (BKA) leitete eine Fahndungsliste mit Bildern von zwei Dutzend bisher unbekannten Personen «an die durch das LKA Hamburg ausgewählten europäischen Staaten» weiter.
Das stand in der Antwort des Bundesinnenministeriums an die Linksfraktion, aus der die Zeitungen der Funke Mediengruppe vor zwei Wochen zitierten. (sda/dpa/afp)