Drei Frauen bewerben sich um den Sitz der abtretenden SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga: die Berner Regierungsrätin Evi Allemann, die jurassische Ständerätin Elisabeth Baume-Schneider und ihre Ratskollegin Eva Herzog aus Basel-Stadt. Eine weitere Kandidatur wurde bis zum Meldeschluss am letzten Montag wie erwartet nicht deponiert.
Nachdem die SVP ihre beiden Kandidaten für die Nachfolge von Ueli Maurer nominiert hat, gilt es nun bei der SP ernst. Am Freitag wird der neue Parteirat die Personalie beraten und allenfalls eine Empfehlung abgeben. Tags darauf findet die Nomination durch die Bundeshausfraktion statt. Sie hatte sich am letzten Freitag auf ein Zweierticket festgelegt.
Eine der drei Frauen müsste folglich über die Klinge springen. An vier öffentlichen Hearings konnten sie sich diese Woche für die Aufgabe empfehlen. Zum Auftakt des dritten Anlasses am Mittwoch, zwei Wochen vor der Wahl, im Zürcher Volkshaus schwärmte Co-Präsident Cédric Wermuth in den höchsten Tönen von den drei «ausgezeichneten» Bundesratskandidatinnen seiner Partei.
Allemann, Baume-Schneider und Herzog hätten zusammen «über 20 Jahre Erfahrung in Bundesbern, über 30 Jahre Regierungserfahrung und 74 Jahre Erfahrung auf allen Ebenen des Staates», rechnete der Aargauer vor. Freuen konnte er sich auch über das Interesse. Im Blauen Saal des Volkshauses mussten zusätzliche Stühle herbeigeschafft werden.
Wie aber schlugen sich die drei Anwärterinnen?
In Zürich bestätigte sich der Eindruck, den watson bereits am ersten Hearing am Montag in Luzern gewonnen hatte. Die in SP-Rot gewandete Ständerätin Eva Herzog zeigte einen souveränen Auftritt. Ihre Voten waren schnörkellos und präzise. Gleichzeitig bemühte sich die frühere Basler Finanzdirektorin, ihr Image als «Rechtsabweichlerin» zu korrigieren.
Ihr Manko ist die Ausstrahlung. Herzog wird wohl nicht zu Unrecht nachgesagt, ein «Kontrollfreak» zu sein, ähnlich wie Simonetta Sommaruga. Doch während die scheidende Bundesrätin eine gewisse Wärme ausstrahlt, kommt Eva Herzog unterkühlt herüber. Nur in einzelnen Momenten waren ihr Sinn für Humor und ein gewisser Schalk erkennbar.
Elisabeth Baume-Schneider hingegen punktete mit Charme und Witz. Den grössten Lacher erntete die Jurassierin mit einem verdeckten Seitenhieb auf Möchtegern-Bundesrat Daniel Jositsch. Ihr Nachteil bleibt die Herkunft. In Zürich war nicht zu überhören, dass mit ihr eine vierte Person aus der «lateinischen» Schweiz in den Bundesrat einziehen würde.
Das lag auch daran, dass die Diskussion wegen einer (!) Zuschauerin (die SP nimmt den Minderheitenschutz wirklich ernst) auf Hochdeutsch geführt wurde. Damit tut sich Baume-Schneider schwer. Immer wieder suchte sie nach den richtigen Worten. Schweizerdeutsch beherrscht die Jurassierin viel besser, wie sich im Gespräch zeigte.
In den Hearings mit den anderen Fraktionen könnte die Sprache für Baume-Schneider zum Stolperstein werden, sofern sie nominiert wird. Bei vielen Deutschschweizern dürfte sich die Begeisterung über einen weiteren Bundesratssitz für die Romandie in Grenzen halten. «Es wird schwierig», räumte die Ständerätin aus dem Jura gegenüber watson ein.
Schwierig dürfte es auch für Evi Allemann werden. Die Bernerin verfügt weder über die argumentative Schärfe von Herzog noch über den Charme von Baume-Schneider. Die NZZ bezeichnete sie etwas boshaft als «Politikerin ohne Ecken und Kanten». Im Gespräch mit watson quittierte sie die Bezeichnung mit einem Lachen, doch ganz falsch ist sie nicht.
In ihren bald 20 Jahren als National- und Regierungsrätin hat Allemann wenig Spuren hinterlassen. Sie ist eher die stille Schafferin im Hintergrund, wie sie selber einräumt. Die 44-Jährige wäre die erste Bundesrätin mit schulpflichtigen Kindern. Das aber wird für eine Nominierung kaum genügen. Ein potenzielles Handicap ist auch ihre Berner Herkunft.
Nach den Hearings ist eigentlich klar: Eva Herzog müsste für einen der beiden Plätze auf dem Ticket gesetzt sein. Dafür sprechen ihr Auftreten, ihr Leistungsausweis und ihre Herkunft aus der wirtschaftlich starken, aber von Bundesbern häufig «übersehenen» Region Basel. Als Sympathieträgerin taugt sie kaum, doch das ist kein Hinderungsgrund.
Das Problem für Herzog liegt woanders. In Basel wie auch in einzelnen Medien wird über ein mögliches «Komplott» von Bernern und Westschweizern in der SP-Fraktion spekuliert, um Allemann und Baume-Schneider zu portieren. Von watson darauf angesprochen reagierte die Ständerätin kurz angebunden. Das deutet auf eine gewisse Nervosität hin.
Die SVP-Fraktion hatte es am letzten Freitag vorgemacht. Bei ihr hatte sich eine ähnliche Konstellation formiert, der es um ein Haar gelungen wäre, neben Albert Rösti mit Ständerat Werner Salzmann den zweiten Berner auf das Ticket zu hieven. Der Zürcher alt Nationalrat Hans-Ueli Vogt setzte sich im vierten Wahlgang mit nur einer Stimme Vorsprung durch.
Das Wahlverfahren bei der SP kommt einem «Päckli» mit Evi Allemann und Elisabeth Baume-Schneider entgegen. Denn während bei der SVP nur je ein Name pro Wahlgang notiert werden konnte, müssen die SP-Fraktionsmitglieder zwei Namen angeben. Das könnte die Chance von Eva Herzog nicht beseitigen, aber stark einschränken.
Es gibt jedoch Gründe gegen eine solche Absprache. Die SP-Deputierten sind in der Regel weniger diszipliniert als jene der SVP. Besonders Westschweizer Männer, die auf die Berset-Nachfolge aspirieren, dürften Mühe haben mit der Vorstellung, dass eine Frau aus ihrer Sprachregion aufs Ticket kommt und womöglich ihre Hoffnungen zunichtemacht.
Zum Glücksfall für Eva Herzog aber könnten die öffentlichen Hearings werden. Ihre Auftritte waren derart überzeugend, dass die SP im Fall ihrer Nicht-Nomination in noch grössere Erklärungsnot geraten dürfte als bei der Ausbootung von Daniel Jositsch. Heikel werden könnte es auch, wenn Albert Rösti zum Nachfolger von Ueli Maurer gewählt werden sollte.
Er bleibt der klare Favorit, trotz des teilweise bizarren Hypes um Hans-Ueli Vogt. In diesem Fall müsste die Bundesversammlung womöglich zwischen (noch) einer Bernerin oder einer «welschen» Mehrheit im Bundesrat wählen. «Das könnte zu vielen Jositsch-Stimmen führen», meinte eine im Volkshaus anwesende Politologin nur halb im Scherz.
Einen nicht sehr eleganten, aber simplen Ausweg aus dem Dilemma gäbe es: Die Fraktion setzt am Samstag alle drei Frauen aufs Ticket. Eine Dreiernomination hatte sie am letzten Freitag eigentlich schon abgelehnt, doch selbst Cédric Wermuth wollte im Gespräch mit watson nicht kategorisch ausschliessen, dass die Fraktion auf den Entscheid zurückkommt.
Der Parteirat könnte am Freitag die Weichen stellen, indem er eine entsprechende Empfehlung abgibt. Ein solcher Entscheid würde der SP mit Sicherheit nicht nur Lob einbringen. Und klar ist auch, dass die Türe zum Bundesratszimmer für Eva Herzog dann weit offen stünde. Kommuniziert werden soll die Nomination am Samstag um 13.30 Uhr.
Es ist so typisch Schweiz, dass die Diskussion wegen 1 Person auf Hochdeutsch geführt wurde. Mer wännd's immer allne rächt mache ;-)
Aber weshalb die Sprache ein Handicap für Baume-Schneider sein soll erschliesst sich mir nicht.
Und wegen drei Romands im Bundesrat sehe ich auch kein Sakrileg begangen.
Parmelin und Berset zeigen keine Neigung die grösste Minderheit in der CH zu bevorteilen. Wieso sollte es Baume-Schneider machen.
Soll es sich die SP doch einfach machen und alle drei aufstellen. Zum Schluss entscheidet eh die Bundesversammlung.