«Sorry, Ihre E-Mail konnte nicht zugestellt werden. Ihre Mitarbeiterin geniesst gerade ihre wohlverdiente Freizeit.» So oder ähnlich könnte die automatisch generierte Antwort lauten, die ein Chef erhält, wenn er spätabends per Mail noch rasch die Aufträge für den nächsten Tag verteilt.
Die Idee einer solchen Mail-Sperre nach Feierabend wird in Deutschland gerade hitzig diskutiert. Anlass ist ein entsprechender Appell von Uwe Hück, Betriebsratsvorsitzender beim Autobauer Porsche. «Abends noch Mails vom Chef lesen und beantworten ist unbezahlte Arbeitszeit, die den Stress erhöht – das geht gar nicht», sagte er vergangene Woche in Stuttgart.
Geht es nach ihm, sollen geschäftliche Mails, die zwischen 19 Uhr abends und 6 Uhr morgens eintrudeln, künftig automatisch gelöscht respektive an den Absender zurückgeschickt werden. Ebenso Nachrichten, die am Wochenende und in den Ferien verschickt werden.
Mit der gleichen Idee wartete in der Schweiz vor Jahresfrist der Berner SP-Nationalrat Corrado Pardini auf. In einem offenen Brief forderte er seine Parteikollegen dazu auf, «handfeste» Massnahmen zum besseren Schutz der Arbeitenden zu ergreifen. In seinem Forderungskatalog hiess es unter anderem: «Zwischen 19 und 7 Uhr ist internetfreie Zeit.»
Die Reaktionen liessen in beiden Fällen nicht auf sich warten: Als «Populismus pur» bezeichnete ein Sprecher des deutschen Arbeitgeberverbands Gesamtmetall die Aussagen Hücks. Auch in der Schweiz liessen Arbeitgeber und politische Gegner kein gutes Haar am Forderungskatalog Pardinis. Dieser sei «antiquiert und nicht kompatibel mit der heutigen Arbeitswelt», liess etwa Thomas Aeschi (SVP) verlauten.
Während der Vorschlag hierzulande denn auch kaum mehrheitsfähig sein dürfte, gibt es in Frankreich seit Anfang dieses Jahres ein Gesetz, das es Beschäftigten explizit erlaubt, geschäftliche E-Mails in der Freizeit zu ignorieren. Es stammt aus der Feder von Arbeitsministerin Myriam El Khomri und gilt für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern.
Auch in Deutschland gibt es bereits einzelne Firmen, die mit Mails ausserhalb der Arbeitszeiten kurzen Prozess machen. So hängt Autohersteller Volkswagen – der Mutterkonzern von Porsche – die Smartphones seiner Angestellten nach Feierabend vom Mailserver ab. Und beim Konkurrenten Daimler treffen die Mitarbeiter nach Ferienende ein leeres Mailkonto an, wenn sie das wünschen. Nachrichten, die während ihrer Abwesenheit eingehen, werden in dem Fall automatisch gelöscht.
(jbu)