Helvetien hat es architektonisch dick hinter den Ohren: Unser Land hat keine Skrupel konsensfähige, aber hässliche Kolosse in bildschöne Umgebungen zu pflanzen. Deshalb würdigen wir hier nun 11 moderne Bauten von Schweizer Architekturstudios, die durch ihre kühne Vision und ihren ästhetischen Wert bestechen.
26.07.2017, 17:5627.07.2017, 11:51
Das gelbe Haus, Flims
Architekturguru Valerio Olgiati renovierte ein von seinem Vater an die Gemeinde Flims überlassenes, zuvor lange brach liegendes Bauernhaus auf radikale Art und Weise.
Dem ehemaligen gelben, namensgebenden Verputz wurde auch in der neuen Fassade Rechnung getragen.
Und das ist nur von aussen zu sehen? Nein, der augenschmeichelnde Kubus ist Gastgeber eines kleinen, feinen Kunstmuseums.
Die Pädagogische Hochschule Zürich
Was verbirgt sich hinter Max Dudlers erfreulicher konzeptioneller Strenge?
Es ist nicht nur der feuchte Traum eines jeden Glasliebhabers, sondern auch eine Brutstätte der zukünftigen Schulgurus der Nation.
Soviel ist sicher: Wer sein Studium mit höchstmöglicher Eleganz verfolgen möchte, sollte in diesem Bacchanal von dunklem Stahl und Lichtzufuhr studieren!
Das Musée de l'Ethnografie, Genf
Wer Genf kennt, weiss, dass nicht nur ansehnliche Gemäuer die Stadt zieren.
Aber diese faszinierende Fassade darf sich selbstredend sehen lassen.
Das Architekturstudio, Graber Pulver, spricht von einer «ikonografischen Präsenz». Dem ist zuzustimmen!
Wen die Studie von kulturellen Phänomenen bis jetzt nicht nach Genf gelockt hat, wird spätestens durch diese architektonische Meisterleistung eines Besseren belehrt!
Linard Bardills Atelier in Scharans
Der Schweizer Liedermacher Linard Bardill benötigte ein neues Atelier.
So entwarf er zusammen mit Valerio Olgiati in einem fünfjährigen Prozess einen durch seine radikale Formsprache bestechenden Bau.
Nackter Beton wurde dafür rot eingefärbt und mit über 150 Rosetten bestückt, die der Bauernkultur entstammen.
Der Bruch mit der Tradition befreit: Weder Fenster, noch ein Dach der alten Schule sind vorhanden und der Innenhof nimmt rund zwei Drittel der Grundfläche ein. Welch eine Vision!
Das Roche Diagnostics Forschungszentrum in Rotkreuz
Ein Stöckli im Balsthal
Dieses von einer Bauernfamilie beauftragte und 2007 fertiggestellte Werk stellte Architekt Pascal Flammers Debüt dar.
Flammers Werk ist 75 cm tief in den Boden gebaut. Der Architekt doziert inzwischen an der ETH Zürich.
Die auftraggebende Bauernfamilie darf sich freuen: Bei ihrer Pension werden sie dann von innen das Verändern der Natur beobachten können.
Bis dann werden Flammer und seine Familie im Genuss des Stöcklis bleiben.
Ui ui ui… so viel Genialität auf einmal … aber was wenn Architekturstudios und Designer das Hirn abschalten?
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Diese 17 Bilder zeigen, dass auch Architekten und Designer mal einen schlechten Tag haben
Moll, wirklich toll.
Bild: imgur Der Freitag-Turm, Zürich
Gigon & Guyers Teil der Europaalle in Zürich
Kritiker der Zürcher Europaallee monieren deren stark negativen Effekt auf die Mietpreise im unmittelbaren Umfeld. Und, dass die Europaallee nichts mehr als ein Durchgangsbereich sei. Und, dass der durchschnittliche Cocktail rund 20 Franken kostet.
Und, dass es nur Luxuswohnungen gibt, die monatlich pro Person gefühlte 5000 Franken kosten … aber kann man auf diese Fassade wirklich böse sein?
Verdient diese wunderbare Spiegelung der Sonne so viel Hass?
Links Gigon/Guyer, rechts David Chipperfield. Der Innenhof ist einen Besuch wert.bild: instagram/pandora173 Nein, das tut sie nicht. Danke, Gigon/Guyer für diesen Prachtbau, nicht alle Teile der Europaallee sind ein Augenschmaus!
Das Kunstmuseum Appenzell
Das Wort «pläsierlich» bedeutet so viel wie «angenehm», «erfreulich» oder «erquicklich».
Die Architekten Gigon/Guyer wiederholen im Dach die Formen der Umgebung.
Die SAC-Hütte auf dem Monte Rosa
Wer trotzt den extremen Bedingungen hoch über dem Nebelmeer? Richtig, der von der ETH Zürich erarbeitete «Bergkristall». Majestätisch reflektiert er das Abendglühen!

bild: ETH-Studio Monte Rosa/Tonatiuh Ambrosetti, 2009
Die Einzelteile der Hütte wurden aufgrund der extremen Bedingungen nicht mit einem Kran, sondern mit einem Helikopter zusammengestellt.

bild: ETH-Studio Monte Rosa/Tonatiuh Ambrosetti, 2009
Urchig diniert, wer vor dem beschwerlichen Aufstieg nicht zurückschreckt. Und das erst noch ökologisch: 90 Prozent der von der Hütte benötigten Energie wird vor Ort produziert. Da sind fast keine Generatoren mehr nötig.

bild: ETH-Studio Monte Rosa/Tonatiuh Ambrosetti, 2009
Das Trübelwohnhaus in Dielsdorf
Zu guter letzt betrachten wir noch ein innovatives Haus, das in einen Rebberg in Dielsdorf hinein gebaut wurde.

Andere Architekten taten die Grundfläche von 9 mal 5 Metern als nicht bebaubar ab. L3P Architekten hingegen erstellten ein einzigartiges, platzsparendes Haus ohne dicke Mauern.

Speziell innovativ: Die Räume des Hauses werden durch Treppen anstelle von Mauern voneinander getrennt.

Und was kostet dieses scharfkantige Spektakel? Nicht mehr als ein gewöhnliches Typenhaus. Das ist grandios!

Und du bist durch! Die Kommentarspalte sei eröffnet für weitere Gebäude, die euch besonders gut gefallen.
Eine Randnotiz
Weitere Beispiele für traumhafte Bauten finden sich bei Savioz Fabrizzi, Lilitt Bollinger, Felippi Wyssen und Wespi de Meuron Romeo. Warum wurden diese Gebäude nicht gleich hier einbezogen?
Das Gros der Architekturstudios gibt Fotoaufnahmen von Neubauten zwar in Auftrag, erwirbt aber nicht die vollständigen Nutzungsrechte daran. Das hätte bedeutet, dass die Kosten dieses Artikels auf über tausend Franken gestiegen wären, aufgrund der Entlöhnung der Rechteinhabenden.
Dieses Lizenzmodell ist in der digitalen Welt wohl eher von begrenztem Nutzen.
Und weil mehr immer mehr ist: Spektakuläre Architektur aus aller Welt
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Die weltbesten Bauwerke
Spektakulärer Blick vom Berg: Dieses Gebäude von Zaha Hadid Architects befindet sich 2275 Meter über dem Meeresspiegel im Südtirol und beherbergt ein Museum. Es ist eines von 343 nominierten Bauwerken für den Titel «Gebäude des Jahres» des World Architecture Festivals.
Alle Welt behauptet, die Schweiz sei für Touristen eine Traumdestination. Von wegen!
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Seit die Universität Zürich eine neue Studie zu sexuellen Übergriffen publiziert hat, fassen viele Opfer Mut und erzählen ihre Geschichte. Die Bistümer berichten von 40 neuen Fällen. Auch bei den privaten Opferstellen sind es Dutzende.
«Es gibt ein grosses Redebedürfnis. Einige Menschen weinen am Telefon. Manche berichten zum ersten Mal über das Leid, das sie vor Jahrzehnten erfahren haben», sagt Vreni Peterer. Die 62-jährige Appenzellerin, Präsidentin der IG für missbrauchsbetroffene Menschen im katholischen Umfeld (IG Miku), kennt das Phänomen aus eigener Erfahrung. Sie wurde in ihrer Jugend vom Dorfpfarrer vergewaltigt und vertraute diese Geschichte erst etwa 50 Jahre später einem anderen Menschen an. Jetzt berät sie selber Opfer.