Er galt bisher als Favorit im 8-Milliarden-Rennen um neue Schweizer Kampfflugzeuge. Die Franzosen, so die Einschätzung mancher Beobachter, standen mit ihrem Rafale-Kampfjet in der Poleposition. Weil das Flugzeug bewährt ist, aus einem Nachbarland kommt, und weil der zuständige Verteidigungsminister, der Romand Guy Parmelin, als Frankreich-Freund gilt.
Chancen rechnet sich ebenso der europäische Airbus-Konzern mit seinem Eurofighter aus. Auch dieser Jet kommt aus Nachbarländern, Deutschland ist dabei federführend. Und manch ein Politiker würde den Kampfjet-Kauf gerne als Trumpf in den schwierigen Verhandlungen mit der EU benutzen.
Durch solche Rechnungen machen hohe Offiziere nun einen dicken Strich. Geht es nach ihnen, kommen weder der Franzosen-Jet noch der Eurofighter für die Schweiz infrage.
Andreas Bölsterli, Chefredaktor der von der Schweizer Offiziersgesellschaft herausgegebenen «Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift» (ASMZ) und Divisionär im Ruhestand, erklärt im neusten Editorial: Rafale und Eurofighter seien zu alt, ihre Technologie nicht mehr auf dem neusten Stand.
Es gehe bei den geplanten Milliarden-Investitionen in die dritte Dimension «nicht nur um den Ersatz von Flugzeugen, sondern um die eigentliche Existenz der Luftwaffe und damit auch um das Gesamtsystem der Armee», so der Zweisternegeneral. «Bis zur Wirksamkeit dieser Investitionen wird sich die Technologie noch einmal verändern. Dann werden mindestens drei Flugzeugtypen, die heute im Gespräch sind, technologisch überholt sein.»
Für den ehemaligen Kommandanten der Territorialregion 2 steht fest: «Wenn soviel Geld eingesetzt wird, dann müssen Flugzeuge der 5. Generation und nicht der aktuellen und bereits überholten 4. Generation beschafft werden.»
Im Klartext heisst das: Die Schweiz muss den amerikanischen Tarnkappenbomber F-35 kaufen. Als einziges der fünf offiziell zur Debatte stehenden Flugzeuge gehört der Jet des Herstellers Lockheed Martin der modernen 5. Generation an.
Wie Divisionär Bölsterli auf Nachfrage sagt, kommt er zum Schluss, «dass der Eurofighter und der Rafale sicher nicht 5. Generation sind». Auch die anderen Jets nicht, die Verteidigungsminister Parmelin ins Auge fasst: Der Gripen E gilt als Generation 4+, der Super Hornet ebenfalls.
Die Jets der 5. Generation inklusive ihrer Bewaffnung sind für Radare weniger sichtbar, sie sind multifunktional, besonders manövrierfähig und schnell und verfügen über höhere Kampfkraft, wie es etwa heisst. Die EU-Staaten haben derzeit keinen solchen Jet zu bieten. Sollte die Schweiz nach einer Alternative zum F-35 Ausschau halten wollen: Solche Kampfjets produzieren neben den USA allen voran die Chinesen (Chengdu J-20) und die Russen (Suchoj Su-57).
Der Vorstoss der Offiziere scheint gut eingebettet. US-Hersteller Lockheed Martin ist derzeit sehr präsent in der Schweiz, er hat bei Militär, Politik und Wirtschaft eine Charmeoffensive gestartet. Lobbyisten versuchen zu widerlegen, dass der F-35 für die Schweiz viel zu teuer ist. So sagte Viersternegeneral Gary North kürzlich, der Super-Jet solle bald «nur» noch 80 Millionen Dollar pro Stück kosten.
In den Augen von Lewin Lempert von der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) haben die Offiziere im Milliardengeschäft Kampfjetbeschaffung den Boden unter den Füssen verloren. «Der F-35 ist ein absoluter Luxusjet, ein Tarnkappenbomber, der sich nicht gut für luftpolizeiliche Dienste eignet und der sehr teuer ist. Man muss doch auch an die Finanzen denken!»
Aber Lempert und die GSoA wären nicht unglücklich, wenn Armee und Politik tatsächlich auf den Super-Jet setzen sollten: «Wenn die Typenwahl wirklich auf den F-35 fällt, zeigen die Militaristen ihr wahres Gesicht. Es geht ihnen nicht um eine vernünftige Lösung, sondern sie wollen immer das neueste und teuerste Flugzeug haben, den US-Ferrari unter den Kampfjets. Auf diese Volksabstimmung würden wir uns freuen.» (aargauerzeitung.ch)