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Bundesratswahl: Knatsch in der FDP Waadt – der Profiteur heisst Ignazio Cassis

La Conseillere d'Etat Jacqueline de Quattro, cheffe du Departement du territoire et de l'environnement (DTE), visite le site, lors de l' inauguration de l'installation de biogaz ag ...
Die Kandidatur von Jacqueline de Quattro stösst in der eigenen Kantonalpartei auf Widerspruch.Bild: KEYSTONE

Bundesrats-Knatsch im Waadtland – der Profiteur heisst Ignazio Cassis

Die Kandidatur von Jacqueline de Quattro für den Bundesrat lässt in der Waadtländer FDP eine alte Rivalität neu aufleben. Dem Tessiner Kronfavoriten Ignazio Cassis kann das nur recht sein.
25.07.2017, 15:2526.07.2017, 04:09
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Die Tessiner FDP hat früh Präsenz markiert: Am 11. Juli hat der Parteivorstand Nationalrat Ignazio Cassis als einzigen Kandidaten für die Nachfolge von Didier Burkhalter nominiert. Die Delegierten dürften den Einervorschlag in einer Woche am Nationalfeiertag absegnen. Der FDP-Fraktionschef im Bundeshaus gilt als Kronfavorit, auch weil sich die Konkurrenz bislang bedeckt hielt.

Am Samstag hat sich eine erste Herausforderin aus der Deckung gewagt. Die Waadtländer Staatsrätin Jacqueline de Quattro bestätigte einen Bericht der «Schweiz am Wochenende», wonach sie als Kandidatin zur Verfügung stehe. In der Südschweiz aber hält sich die Aufregung in Grenzen, was nicht nur daran liegt, dass de Quattro ausserhalb ihres Kantons wenig bekannt ist.

«Cassis ist und bleibt der Favorit», titelte der «Corriere del Ticino» am Montag auf seiner Frontseite. Die Zeitung stützt ihren Optimismus auf eine Einschätzung von CVP-Präsident Gerhard Pfister. «Ignazio Cassis ist für mich schon so gut wie gewählt», sagte der Zuger im Interview mit der «Ostschweiz am Sonntag» und der «Zentralschweiz am Sonntag».

Français in der Offensive

Seit Burkhalters Rücktrittsankündigung laufe alles auf Cassis hinaus, sagte Pfister. Das gilt umso mehr, als die Kandidatur von Jacqueline de Quattro für Irritationen sorgt. Das betrifft weniger die Tatsache, dass die Waadtländerin auch die italienische Staatsbürgerschaft besitzt, weshalb sie der Nidwaldner SVP-Nationalrat Peter Keller im «Blick» als «nicht tragbar» bezeichnete.

Deutlich kritischer wurde registriert, dass die 57-Jährige ihre Bewerbung über ihre persönliche Mitarbeiterin ankündigen liess und selber abgetaucht ist. Gegenüber «Le Temps» liess de Quattro verlauten, sie werde sich bis zum Entscheid der Parteileitung am 10. August nicht mehr öffentlich äussern.

Das tat dafür ein anderer: Ständerat Olivier Français sagte dem Westschweizer Fernsehen, er wäre «sehr geehrt», wenn man ihn zu einer Bundesratskandidatur auffordern würde.

Von de Quattro ausmanövriert

Der 61-Jährige gilt als Aussenseiter für die Burkhalter-Nachfolge. Gegenüber der NZZ stellte Français am Montag klar, dass er sich zur Verfügung stelle, falls er angefragt werde. Sein Vorprellen und das Schweigen von Jacqueline de Quattro werfen dennoch ein schlechtes Licht auf die Waadtländer Freisinnigen, die lange eine Art Abo im Bundesrat besassen. Während 150 Jahren waren sie mit wenigen Unterbrüchen fast durchgehend in der Landesregierung vertreten.

Seit dem Rücktritt von Jean-Pascal Delamuraz 1998 ist diese Serie gerissen. Nach fast 20 Jahren würden die Vaudois gerne daran anknüpfen, doch mit den Querelen um die Burkhalter-Nachfolge machen sie sich selbst das Leben schwer. Denn zwischen Jacqueline de Quattro und Olivier Français herrscht eine Rivalität, seit die gebürtige Zürcherin den damaligen Lausanner Stadtrat 2007 im internen Duell um einen Sitz in der Kantonsregierung ausmanövriert hatte.

Moret zögert weiter

Obwohl er vor zwei Jahren in den Ständerat gewählt wurde, soll Français diese Niederlage nie verwunden haben. «Wenn Jacqueline de Quattro bei Parteiversammlungen ans Mikrophon tritt, flieht er aus dem Saal», schrieb der Tages-Anzeiger. Gegenüber der NZZ sagte Olivier Français, die Geschichte von 2007 sei längst vergessen: «Wir sind Partner, keine Gegner.»

Im Fernsehinterview am Samstag allerdings äusserte er sich kaum zu de Quattros Kandidatur. Dafür lobte er Nationalrätin Isabelle Moret, die als aussichtsreichste Herausforderin von Ignazio Cassis gilt. Doch Moret zögert. Laut dem «SonntagsBlick» sondiert sie ihre Chancen in der Deutschschweiz, wo man dazu tendiert, den Anspruch des Tessins zu respektieren.

Ob Isabelle Moret antritt, ist offen. Im Gegensatz zu Olivier Français ist sie Jacqueline de Quattro freundschaftlich verbunden. Ihre Kandidatur würde die Konfusion in der FDP Waadt verstärken. Auch andere mögliche Bewerber aus der Romandie sind noch unentschlossen, etwa Nationalrat und Bauernverbands-Direktor Jacques Bourgeois in Freiburg oder Staatsrat Pierre Maudet in Genf. Die übrigen Westschweizer Kantonalparteien wollen dem Tessin den Vortritt lassen.

Weshalb Gerhard Pfister wohl recht hat: Ignazio Cassis dürfte auf dem Weg in den Bundesrat kaum zu stoppen sein. Ausser er stellt sich selbst ein Bein. Bislang aber ist der Arzt aus Montagnola allen Fallstricken ausgewichen.

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