Der Bundesrat dürfte nach seiner heutigen Sitzung einen Entscheid von historischer Tragweite verkünden. Knapp zwei Jahre sind vergangen, seit er Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen verboten und damit eine erste Massnahme zur Bekämpfung des neuartigen Virus Sars-Cov-2 beschlossen hatte. Viel bewirkt hat sie bekanntlich nicht.
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Seither hat sich das Land mehr oder weniger erfolgreich durch die Pandemie gehangelt. Es gab bessere und schlechtere Phasen, mit und ohne Lockdown, mit Spitälern, die am Rande der Überlastung waren. Eine Ausgangssperre gab es im Gegensatz zu anderen Ländern nie, aber so vorbildlich, wie manche behaupten, war der «Schweizer Weg» nicht.
Nun aber deutet alles darauf hin, dass ein «Freudentag» bevorsteht, wie Gesundheitsminister Alain Berset kürzlich in Aarau sagte. Die epidemiologische Lage hat sich entspannt, sowohl bei den Fallzahlen wie in den Spitälern. Obwohl sich mit der Omikron-Variante so viele Menschen wie nie zuvor infizieren, gibt es relativ wenige schwere Krankheitsverläufe.
Der positive Trend hat sich seit der letzten Sitzung vor zwei Wochen fortgesetzt. Deshalb stehen die Zeichen auf eine weitgehende Aufhebung der Massnahmen. Selbst SP und Grüne äusserten sich optimistisch, mahnten aber weiter zur Vorsicht. Die warnenden bis alarmistischen Stimmen in den sozialen Medien stehen auf verlorenem Posten.
Zwei Varianten hat der Bundesrat in die Vernehmlassung geschickt. Die erste sieht vor, dass praktisch alle Schutzmassnahmen per 17. Februar aufgehoben werden: die Zertifikatspflicht für Restaurants, Veranstaltungen oder Freizeit- und Kulturbetriebe, die Einschränkungen privater Treffen und die Bewilligungspflicht für Grossveranstaltungen.
Einzig für Alters- und Pflegeheime sowie in Spitälern sollen weiterhin Massnahmen gelten. Für den Fall, dass die epidemiologische Lage noch zu unsicher ist, will der Bundesrat in einer zweiten Variante schrittweise vorgehen. Die Maskenpflicht, die 2G-Regel und die Bewilligungspflicht für Grossanlässe in Innenräumen sollen erst später aufgehoben werden.
Einzig Basel-Stadt, Jura und Zürich sprachen sich für die vorsichtige Variante aus. Alle anderen sind für die «Turbo-Öffnung». Ein schrittweises Vorgehen sei zu kompliziert für die Bevölkerung, schrieb die Glarner Regierung. Es gibt jedoch Nuancen. Diese betreffen vor allem die Maskenpflicht. Sie soll im öffentlichen Verkehr vorerst beibehalten werden.
Die Maskenpflicht im öV ist auch in der Bevölkerung akzeptiert. In einer Umfrage des Bundesamts für Gesundheit (BAG) von Anfang Jahr sprachen sich 84 Prozent dafür aus. In einer aktuellen Tamedia-Erhebung sind es immer noch 66 Prozent. Relativ hoch ist die Zustimmung zum Maskentragen in Läden und bei Veranstaltungen in Innenräumen.
Der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und die SBB pochen laut den Tamedia-Zeitungen auf eine Gleichbehandlung. Sie fürchten, dass eine Maskenpflicht nur im öV «ein schwieriges Signal» aussendet, etwa dass Tram, Bus und Zug gefährlicher seien als andere Innenräume. Denn nach wie vor zögern viele Menschen, die Verkehrsbetriebe zu benützen.
Laut der Tamedia-Umfrage sind 53 Prozent der Befragten für ein schrittweises Vorgehen, und nur 40 Prozent für die «Turbo-Öffnung». Nach zwei Jahren Pandemie scheinen viele dem «Frieden» nicht zu trauen. Angesichts der Vernehmlassung wäre es dennoch eine Überraschung, wenn der Bundesrat sich für Variante 2 entscheiden würde.
Es ist absehbar, dass der Bundesrat die sofortige Aufhebung der Massnahmen verkünden wird. Die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr dürfte vorerst bleiben. Ob der Donnerstag tatsächlich ein «Freudentag» sein wird, muss sich zeigen. Angesichts der Skepsis in der Bevölkerung könnten manche Lokalitäten weiter freiwillig auf Maske und Zertifikat setzen.
Die Aufhebung praktisch aller Corona-Massnahmen bedeutet allerdings noch keine Rückkehr in die «normale Lage» gemäss Epidemiengesetz. Diesen Schritt plant der Bundesrat gemäss «CH Media»-Recherchen für Ende März. Zuvor müssten noch Zuständigkeitsfragen mit den Kantonen geklärt werden, sagte Berset vor zwei Wochen.
Die Bundesratssitzung findet jeweils am Morgen statt, anschliessend tritt der Bundesrat vor die Medien. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass dies frühestens um 14 Uhr der Fall sein dürfte. Watson wird die Medienkonferenz live tickern.
Nicht von euch auf den Rest der Schweiz schliessen! Wir können nichts dafür, wenn Glarner damit überfordert werden.
gestern "Die Situation in 3 Punkten" / heute "Grünes Licht für Bersets "Freuden-Tag""
nochmals, auch nach 2 Jahren Pandemie entscheidet der Bundesrat gemeinsam, es ist nicht ein Departement oder ein Bundesrat...