Schweiz
Coronavirus

Kaum jemand lässt sich noch impfen – die Folgen

Kaum jemand lässt sich noch impfen und ein neuer Booster ist nicht in Sicht – die Folgen

Und plötzlich ist das Vakzin kein Thema mehr. Gerade noch 1000 Personen lassen sich pro Woche in der Schweiz impfen. Den obersten Impfchef Christoph Berger beunruhigt das aber nicht. Gleichzeitig will eine Basler Firma einen nasalen Impfstoff entwickeln.
17.03.2022, 05:4617.03.2022, 15:23
Bruno Knellwolf / ch media
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Die Impfkurve ist total abgeflacht. Nur noch rund 1000 Personen lassen sich pro Woche zum ersten Mal impfen. Seit die Zertifikatspflicht am 17. Februar beendet worden ist, sind nur noch rund 4500 Erstimpfungen dazu gekommen. So verharrt die Impfquote bei 70.1 Prozent der Schweizer Gesamtbevölkerung.

Eine MPA bereitet Spritzen vor mit Impfstoff der Firma Moderna fuer die Impfung gegen Covid-19 bei der Firma Saurer, aufgenommen an einem Medienanlass des Kanton Thurgau zum Start der Impfkampagne in  ...
Die Zahl der Impfungen nimmt in der Schweiz kaum mehr zu.Bild: keystone

Viel mehr werden es kaum mehr werden. Der Chef der Eidgenössischen Impfkommission Christoph Berger hält die stagnierende Impfquote aber nicht für problematisch. Viele der Ungeimpften seien inzwischen nach einer Omikron-Infektion genesen und somit immunisiert.

Zudem hat die Pandemie ihren Schrecken mit Omikron etwas verloren, weil Immunisierte durch die neue Variante nicht mehr so stark gefährdet sind. Impfanreize wie das Zertifikat gibt es im Moment nicht mehr und obwohl täglich etwa 30000 Neuinfektionen gemeldet werden, bleiben die Spitaleinlieferungen und Todesfälle weiterhin recht stabil.

Impfchef betont die Wirkung der Impfung

Berger hält die Immunität in der Bevölkerung für sehr hoch. Die Covid-Taskforce rechnet zum Ende dieses Winters damit, dass die allermeisten Menschen in der Schweiz eine gewisse Immunität gegen Sars-CoV-2 haben, also weit über 90 Prozent immunisiert sind.

Berger betont die Wirkung der Impfung auf das Pandemiegeschehen.

«Vergleichen Sie diesen Winter mit der zweiten Welle vor einem Jahr. Wir hatten damals viel mehr Hospitalisationen und Todesfälle, obwohl die Fallzahlen viel tiefer waren als diesen Winter. Das heisst, die schweren Erkrankungen haben massiv abgenommen. In einer ungeimpften Bevölkerung hätte das anders ausgesehen.»

Weitere Impfungen machen für Berger aber weiterhin Sinn. «Bei den Hospitalisationen sieht man immer noch mehr Ungeimpfte als Geimpfte. Obwohl der Anteil Geimpfter in der Bevölkerung viel höher ist. Gerade bei den über 60-jährigen, von denen über 85 Prozent geimpft sind.»

Christoph Berger, Praesident, Eidgenoessische Kommission fuer Impffragen EKIF, spricht an einem Point de Presse zur Covid 19 Situation, am Dienstag, 26. Oktober 2021, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneide ...
Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (EKIF).Bild: keystone

Bald kommt Novavax

Vielleicht werden noch einige Impfungen dazu kommen, wenn in Kürze der Proteinimpfstoff von Novavax eine Zulassung und Empfehlung für die Schweiz erhalten wird. Das wird Ende März oder Anfang April erfolgen. Einen Sprung der Impfrate wird dieser «Totimpfstoff» aber nicht auslösen. Das bewirkte auch die Zulassung des Vektorimpfstoffs von Janssen nicht. Mit diesem liessen sich bis heute in der Schweiz rund 50'000 Menschen impfen.

Auch die Booster-Impfungen haben sich abgeflacht, noch etwa 12'000 in einer Woche. Der Rückgang hat auch damit zu tun, dass sich viele doppelt Geimpfte zur Zeit mit Omikron anstecken und so einen natürlichen Booster erhalten. Die Auffrischimpfung wird für diese deshalb für die nächsten Monat unnötig.

Weniger Impfungen gibt es auch bei den Kindern. Kinder, die einmal geimpft seien, sollte die zweite Impfung aber trotzdem noch machen lassen, empfiehlt Berger. Weil es den Schutz vor schweren Verläufen erhöht, auch wenn das Risiko für Kinder sehr klein ist.

Vierte Impfung wird nicht empfohlen

In Deutschland hat die Impfkommission Stiko derweil schon Mitte Februar eine zweite Auffrischimpfung für Risikopersonen empfohlen. In der Schweiz ist das nicht geplant. «Wir empfehlen das im Moment nicht, weil jene, die nach Schweizer Schema geimpft sind, also zweimal für die Grundimmunisierung und einmal geboostert, gut geschützt sind. Das zeigen die aktuellen Hospitalisationszahlen», sagt Berger. Man wolle die schweren Infektionen verhindern und das sei in der gut immunisierten Bevölkerung der Fall. Eine vierte Impfung brauche es im Moment nicht.

Erfolg mit vierter Impfung in Israel

In Israel wird die 4. Impfung seit Anfang Jahr verabreicht. Eine aktuell auf medRxiv publizierte israelische Studie zeigt nun, dass der zweite Booster das Risiko eines schweren Verlaufs um den Faktor 4 reduziert im Vergleich zur dritten Impfung. Auch der Schutz gegen Infektion verdoppelt sich nach der vierten Impfung.

Zur Zeit werden an Omikron angepasste mRNA-Impfstoffe entwickelt. Ob ein angepasster Impfstoff von Moderna oder Biontech/Pfizer überhaupt notwendig wird, sei noch offen, sagt Berger. Zuerst müsse man beobachten, wie sich das Virus weiter entwickle, wie lange der Schutz bei Geimpften und Genesenen wirklich halte. «Im Moment sind wir zufrieden mit den Impfstoffen, die wir haben», sagt Berger.

Kommt Covid-23?

«Mit der aktuellen Situation kommen wir ans Ende der Pandemie», betont der Impfchef. Gefährlicher wird es erst, wenn eine ganz neue besorgniserregende Variante dominant wird. «Dann ist das aber vielleicht nicht mehr Covid-19, sondern Covid-23 sein», sagt Berger.

Auch ohne neue gefährliche Variante, könnte es auch mit einem endemischen Sars-CoV-2 im Herbst neue Wellen geben. Vielleicht sei dann nochmals ein Booster nötig, insbesondere für die Risikopersonen. Darauf müsse man sich zumindest vorbereiten. «Covid-19 wird nicht verschwinden, macht aber keine Pandemie mehr. Die Mehrheit der Bevölkerung hat eine Immunantwort und ist nicht mehr so verletzlich», sagt Berger. Für hochbetagte Risikopersonen kann ein Sars-Virus aber immer eine Gefahr darstellen.

Die Aufhebung der besonderen Lage und damit die Aufhebung aller Massnahmen, wie sie der Bundesrat für Ende März plant, hält Berger deshalb für vertretbar, aber dennoch für mutig. «Die Fallzahlen sind schon sehr hoch und sollten nicht mehr hinaufgehen.» So wie auch die Hospitalisationszahlen, die zur Zeit leicht ansteigen. Berger rechnet aber nicht damit, dass es deswegen zu einer dramatischen Situation kommen könnte.

Es ist aber nicht so, dass die vielen täglichen Neuinfektionen keine Konsequenzen haben. Sie belasten die Spitäler und Gesundheitseinrichtungen auch, weil wegen Covid viel Personal erkrankt und tagelang ausfällt. «Das ist schwierig im Moment», sagt der Zürcher Kinderarzt.

Basler Firma entwickelt nasalen Impfstoff der zweiten Generation

Derweil hat die Basler Firma RocketVax ihre Pläne für einen Impfstoff der zweiten Generation präsentiert. Zusammen mit der Universität und dem Unispital Basel sowie dem Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut soll ein Impfstoff entwickelt werden, der auf abgeschwächten Lebendviren basiert und mit einem Nasenspray verabreicht werden soll. Das Konsortium wird angeführt von Immunologie-Professor Volker Thiel von der Universität Bern, einem Pionier in der Coronavirus-Forschung.

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96 Kommentare
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suiMARC
17.03.2022 07:54registriert Juli 2014
Wieder dieses Drama mit dem Booster. Der Impfstoff ist vorhanden. Lasst doch einfach die Menschen einen zweiten Booster haben, die es wollen - ähnlich wie mit der Grippeimpfung. Einfach zu sagen "Ne, gibt es nicht." ist eine enorm schwache Haltung.
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Haarspalter
17.03.2022 07:28registriert Oktober 2020
Mir sind während der gesamten Pandemie noch nie so viele Coviderkrankte begegnet, wie in den letzen 3 Wochen.

Kein einziger Tag, an dem ich nicht jemanden treffe welcher entweder selbst gerade in Isolation war, oder bei welchem das engere Umfeld kürzlich betroffen war, vom Säugling bis zum 60-Jährigen:

Teilweise hohes Fieber, völlig schlapp, Geruchsinn weg. Auch viele „milde“ Verläufe.
Nach 10-14 Tagen dann wieder einigermassen fit.

Nach dem Impfstatus frage ich derweil schon lange nicht mehr.

Ich trage in der Öffentlichkeit immer noch FFP2 (natürlich als Exot)
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wilhelmsson
17.03.2022 07:57registriert Dezember 2015
"In Israel wird die 4. Impfung seit Anfang Jahr verabreicht. Eine aktuell auf medRxiv publizierte israelische Studie zeigt nun, dass der zweite Booster das Risiko eines schweren Verlaufs um den Faktor 4 reduziert im Vergleich zur dritten Impfung. Auch der Schutz gegen Infektion verdoppelt sich nach der vierten Impfung."

Wieso wird angesichts dessen ein 2. Booster psuschal nicht empfohlen? Ja, der Schutz ist bereits gut, aber wieso soll er nicht sehr gut sein? Infizieren und darüber immunisieren wird man ohnehin. Ich würde die Impfung auch selbst bezahlen...
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