In der Schweiz wächst die Skepsis gegenüber der EU weiter: Heute befürwortet weniger als ein Drittel der Bevölkerung eine politische Annäherung. Eine grosse Mehrheit wünscht sich aber eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Das hat die Studie «Sicherheit 2017» der Militärakademie und des Center for Security Studies der ETH Zürich ergeben, die am Freitag in Bern vorgestellt worden ist. Dafür waren im Januar gut 1200 Stimmberechtigte befragt worden. Die Studie wird seit 1999 durchgeführt.
Damals hatten sich noch 70 Prozent der Befragten für eine politische Annäherung an die EU ausgesprochen. Dieses Jahr ist der Wert auf einen Tiefststand von 31 Prozent gefallen. Vor zwei Jahren waren es noch 39 Prozent gewesen, letztes Jahr 35 Prozent. Für einen EU-Beitritt sprachen sich dieses Jahr nur noch 15 Prozent aus. Hingegen wünschen sich 81 Prozent mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit.
Eine Mehrheit befürwortet auch ein stärkeres Engagement im Rahmen der UNO, mehr Entwicklungshilfe oder eine aktivere Rolle der Schweiz bei internationalen Konferenzen. Jede institutionelle Anbindung kommt dagegen schlecht an. Für einen NATO-Beitritt zum Beispiel sind nur 19 Prozent. Der Anteil der Bevölkerung, der möglichst unabhängig bleiben will und auch der UNO kritisch gegenübersteht, ist dieses Jahr sprunghaft von 32 auf 37 Prozent gestiegen.
Als mögliche Gründe für den düsteren Blick über die Grenze nennen die Autoren die anhaltenden Spannungen zwischen Russland und der EU, den Brexit, die Flüchtlingsdebatte oder die Anschläge von Berlin und Istanbul. In schroffem Gegensatz dazu steht die optimistische Wahrnehmung der Schweiz.
82 Prozent der Bevölkerung sehen die Zukunft des Landes optimistisch – ganze sieben Prozent mehr als im Jahr zuvor. Parallel dazu hat sich das allgemeine Sicherheitsempfinden verbessert. Heute fühlen sich 93 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer im Allgemeinen sicher.
Im öffentlichen Raum hingegen ist das Sicherheitsgefühl etwas kleiner geworden. Rund ein Fünftel der Befragten fühlt sich unsicher. Fast 90 Prozent sind denn auch der Meinung, dass Terrorismus und politischer Extremismus noch stärker als bisher bekämpft werden müssten.
Zur positiven Grundstimmung passt das hohe Ansehen, das die Behörden und Institutionen geniessen. Die Polizei belegt von allen Behörden mit 7,9 Punkten auf einer Zehnerskala den Spitzenplatz, gefolgt von den Gerichten mit 7,4 und dem Bundesrat mit 7,1 Punkten. Medien und politische Parteien bilden das Schlusslicht dieser Bewertung.
Auch die Armee geniesst mit 6,5 Punkten ein hohes Ansehen in der Bevölkerung. Über 80 Prozent halten die Streitkräfte für notwendig, nur etwa ein Drittel der Befragten will die Wehrpflicht abschaffen oder das Armeebudget kürzen. Eine Berufsarmee wird nach wie vor nur von einer Minderheit befürwortet.
An der Neutralität wollen nahezu alle Befragten festhalten. Für die meisten hat das mit der Identität des Landes zu tun, aber auch damit, dass die Schweiz dank der Neutralität in Konflikten vermitteln und international gute Dienste leisten kann. Doch gibt es verbreitet Zweifel daran, dass sich die Neutralität gar nicht mehr militärisch glaubhaft schützen lässt. (nfr/sda)