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Der Mann kriegt einen Preis. Wieso schon wieder? Ach ja, fürs Lebenswerk. Vielleicht aber auch ein bisschen für fiese Sprüche wie diesen: «Reden auf Vegetarierbanketten sind erfreulich kurz, weil man Angst hat, dass sonst das Essen verwelkt.»
Es soll tatsächlich Menschen geben, die gehen während des Festivals lieber in die Badi als ins Kino. Hm. Ehrlich? Ja, ehrlich. Die Kinos sind dunkel, die Filme gelegentlich sperrig. Der Lago Maggiore ist dunkel und immer geschmeidig. Der wunderbare 300-Meter-Sandstrand des Bagno Pubblico von Ascona zum Beispiel ist gratis, der Cappuccino nach einem Morgenschwumm der beste (und günstigste). Und die grosse Bar in der Bezahlbadi nebenan hat und kann alles.
Ein sehr prominenter Schweizer Promi – sagen wir mal, er ist die schmalere Hälfte eines andern Schweizer Promis – nutzt das Filmfestival alljährlich, um in der enorm altmodischen Boutique Jasmin in Ascona neue Calida-Lingerie zu kaufen. Beziehungsweise im unergründlichen Lagerbestand der Boutique auch Modelle zu finden, die es in der Deutschschweiz nicht mehr gibt. Ein Kultgeheimtipp.
Eine Viertelstunde dauert die Bahnfahrt von Locarno nach Verscio im Centovalli, an jenen Ort also, der dank Dimitri jahrzehntelang sowas wie der heimliche Herzschlag des Tessins gewesen ist. Jetzt steht das Herz still. Aber die alten Mauern von Verscio haben gewiss noch etwas Wärme aus dem grossen Lachen von Dimitri gespeichert.
Den Coop am hinteren Ende der Piazza Grande kennt jeder. Die kleine Via Bossi daneben vielleicht nicht. Und die von aussen unscheinbare Locanda Locarnese mit den paar Terrassetischchen in der Gasse vielleicht noch weniger. Dabei ist sie ein verdammter Gourmet-Tempel! Einen Stern hätte sie verdient! Das ist delikate, saisonal angepasste mediterrane Kochkunst und trotz der hohen Preise die Nummer eins von Locarno auf Tripadvisor.
Hier gilt die unschlagbare Gastroregel: Was weder am See liegt noch eine schöne Aussicht hat, aber trotzdem gern von Einheimischen besucht wird, ist vertrauenswürdig. Besonders Fleischtiger werden in der Bottega del Vino in Locarno superglücklich, das Rindstatar vom Fassona Rind alla Piemontese ist auf rustikale Art super, der Weinkeller ebenfalls.
Das edle Boutiquenhotel La Rinascente im historischen Uralt-Gemäuer (1550!) nahe der Piazza dürfte während des Festivals ausgebucht sein. Aber einen Platz im 14-Punkt-Restaurant (das sind viiiel zu wenig Punkte!) von Mario Hüttenmoser findet sich sicher noch. Sehr, sehr schön, sehr, sehr fein (hach, der Hummer mit Zitrusfrüchten ...), Spitzenservice, grossartig für einen Verwöhnabend, nicht ganz billig.
Roger Corman ist 90. Er hat schon über 400 Horrorfilme produziert und 56 gedreht. Darunter diese legendären Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen mit Vincent Price, etwa «House of Usher» oder «The Pit and the Pendulum». Horror hilft offenbar beim Altwerden. Nach Locarno kommt er mit «The Masque of the Red Death» und «The Intruder». Das wird schön. Sein Motto: «Ich liebe es, Filme zu machen. Genauso befriedigend ist allerdings, dass die meisten davon auch Geld machen.»
Matt Damon mag heuer in «Jason Bourne» der weltgrösste Star sein, der auf der Piazza-Leinwand zu sehen ist. Für die grössten Hysterien sorgt aber Bollywood-Beau Hrithik Roshar aus dem indischen Mythen-Spektakel «Mohenjo Daro». Bevor er seine Freundin aus Kindertagen heiratete, erhielt er am Valentinstag jeweils 30'000 Heiratsanträge. Sein schöner Leib sorgte für einen Fitnessboom in Indien, seine Bartstoppeln für einen Stoppelboom, und wenn er nicht arbeitet oder Autogramme schreibt, besucht er todkranke Kinder in Spitälern. «Mohenjo Daro» wird sowas wie eine 150-minütige Mischung aus «Game of Thrones» und Bollywood-Musical. Also toll.
Okay, man darf mit Carla Juri in Locarno nicht über «Blade Runner» reden, man darf mit Carla Juri in Locarno nicht über «Blade Runner» reden, man darf ... Aaaahhh! Dabei sind wir doch so stolz, dass die junge Tessinerin aus «Feuchtgebiete» bald neben Ryan Gosling, Harrison Ford und Robin Wright im Sequel, Prequel, Interquel oder Paraquel von «Blade Runner» vor der Kamera stehen wird. Aber vielleicht kann man mit ihr in Locarno über was anderes reden, zum Beispiel über ihren Piazza-Film «Paula».
In diesem zur Verfressenheit neigenden Listicle darf ein Koch nicht fehlen. Also: Es war einmal ein junger Mensch, der hatte mit Melanie Winiger Sex und Stress deswegen. Den Sex hatten sie im Film «Achtung, fertig, Charlie!», der junge Mensch heisst Michael Koch, damals war er 21, heute ist er 34 und selbst Regisseur. In Locarno läuft sein erster Spielfilm «Marija» über eine ukrainische Coiffeuse in Deutschland gleich im grossen internationalen Wettbewerb.
Meine amore per sempre unter den Restaurants ist das Antico Borromeo in Ascona. Der schönste Garten weit und breit, der kühlste Merlot, das zarteste Vitello Tonnato, ein perfektes Ossobucco. Einfache, gute, preiswerte Küche, ein Ort zum Heimkommen.
Die Minigolfanlage von Ascona wurde erstens vor genau 62 Jahren als erste der Welt vom Gartenarchitekten Paul Bongni gebaut und ist zweitens eine rare Schönheit: Der exotische Prachtgarten, durch den sie sich schlängelt, ist ebenfalls alt und zu einem Traumdschungel zusammen gewachsen. Auch die Kioskbar ist charmant, bloss die Mücken sind hier (feucht, warm, dschungelig) noch stechverrückter als anderswo im Tessin. Unbedingt das Antibrumm Forte einpacken, sonst wird man gefressen.
Braucht man, um stundenlang auf der Piazza Grande einen Sitzplatz zu besetzen, Sitzplatzbewacher bei WC-Gängen zu organisieren, mehrere Plätze für Freunde, die gemütlich beim Essen sind, zu reservieren, 7999 Menschen, die zunehmend ungehalten fragen, ob die immer noch leeren Plätze der Freunde nicht frei seien, nachhaltig zu vertreiben.
Die Ordelie ist ein schmackhafter Fisch aus dem Lago Maggiore, ihr Fleisch ist rosa und dem des Saiblings nicht unähnlich. Das Ordelien-Tatar in der Osteria di Orselina ist weit über die Landesgrenzen hinaus beliebt ... Nein, alles Quatsch. Aber den naheliegendsten Begriff mit O, die Originalfassung mit Untertiteln, muss man nicht näher erklären. Die ist den Kinogängern ganz einfach heilig.
Es ist grossartig. Es ist entspannt, liebt die Piazza und die Pizza, ist neugierig und offen. Es schaut sich Filme an, für die es sonst das ganze Jahr über nie freiwillig Geld ausgeben würde (gut, die meisten Festivalfilme kommen gar nie ins Kino) und lernt die Welt neu kennen. Es ist ein Schatz von einem Publikum.
Beliebtes Getreide für Gluten- und Weizenallergiker. Im Tessin vollkommen überflüssig. Willkommen im Paradies von Polenta und Risotto.
Die Maggia ist ein wirklich schöner Bach mit einem echt schönen Veloweg. Etwa 45 Minuten dauert die landschaftlich enorm idyllische Velofahrt von Locarno ins Maggiatal rein, vorbei an den Badebuchten bei Losone bis nach Ponte Brolla. Dort steht das Ristorante Centovalli. Die Legende sagt, es serviere den besten Risotto der Welt. Die Wahrheit ist: Es serviert zumindest einen sensationellen Risotto. Bei Bedarf auch mit Fleisch. Toller Garten, erlesen schön renoviertes Lokal.
War das schön, als letztes Jahr die Woman of the Moment Amy Schumer nach Locarno kam und total gutgelaunt mit einem Bötchen auf dem Lago herumfräste. Heuer sind die Megastars, na ja, woanders. Kann man nichts machen. Gut, Bill Pullman und Harvey Keitel kommen, das ist super, aber wo ist Matt Damon? Locarnos Chef, Carlo Chatrian, schwärmt lieber von Filmen, die «auf Bilder verzichten» (hallo Kino?) und statt Stars vor allem «Dunkelheit» zeigen (wir verraten nicht, welcher, lasst euch überraschen). Tja.
Die Wertschöpfung des Filmfestivals für die Region Locarno-Ascona ist enorm. Zwar kostet das Festival 13 Millionen Franken. Aber die Festivalgäste geben ihrerseits 30 Millionen Franken für Übernachtungen, Essen, Shoppen etc. aus. Die Ausgaben werden also durch 2,4-fache Einnahmen mehr als wett gemacht. watson-Wirtschaftsguru Philipp Löpfe bestätigt, dass das Festival als Unternehmen damit irrsinnig erfolgreich ist.
«Mädchen in Uniform», «Es geschah am helllichten Tag», «Der Arzt von Stalingrad», «Der Tiger von Eschnapur», «Die Trapp-Familie in Amerika», «Rosen blühen auf dem Heidegrab», «Am Tag, als der Regen kam», «Weisses Blut», «Schwarzer Kies», «Die Rote» und, und, und. Wer im Lieblingskino der Eltern oder Grosseltern schwelgen möchte: Die Retrospektive zum deutschen Film der 50er und frühen 60er-Jahre macht's möglich. Titel wie Groschenromane, Filme wie dunkel glitzernde Nachtfalter.
Kommt bloss nicht auf die spontane Idee, ein Velo mieten zu wollen! Es gibt dann nämlich keine mehr! Nirgendwo! Und schon gar nicht am Wochenende! Nehmt eures mit oder lasst es zwei Tage vor Abreise von der SBB an den Bahnhof Locarno transportieren, es lohnt sich. Taxis gibt es im Fall auch fast keine. Sowieso und ganz besonders während des Festivals.
Definitiv mein Lieblings-Film-Titel 2016. Drin ist, was draufsteht: Eine nasse Frau im Wind. Kommt aus Japan, heisst im Original «Kaze ni nureta onna» und soll irgendwas mit einer Sonderform des japanischen Wetterpornos zu tun haben.
Gerade jetzt kann man Kollers Flüchtlingsdrama «Reise der Hoffnung» gar nicht warm genug empfehlen. Leute: Geht. Da. Hin! Unser Oscargewinner 1991 ist in Locarno in einer digital restaurierten Fassung zu sehen. Mit dem schwer vermissten Matthias Gnädinger.
Hmmm, schwieriger Buchstaben. Wir haben an dieser Stelle schon mal den Yachthafen von Ascona empfohlen, aber der bringt's, ganz ehrlich, nicht sooo sehr, ausser man will dreiviertelreichen Paaren dabei zuschauen, wie sie sich wegen einer falsch gepackten Picknick-Box auf ihrem Boot in die Haare kriegen. Natürlich wimmelt es im Festivalprogramm von Ypsilonen wie in MondaY, bY oder GermanY, aber das ist nicht einmal haha-funnY. Aus voller Überzeugung empfehlen wir deshalb ganz eigennützig den Yonnihof-Blog unserer bezaubernden Yonni Meyer.
Auch heuer gilt: Sie sind überall. Und: Auch sie sind bei gutem Wetter netter.
Solltet ihr weitere, bessere, noch nettere und krassere Tipps haben: Alle Festival-Freaks und Tessin-Touristen sind für eure Kommentare dankbar.