Die Arbeitslosenkasse des Kantons Waadt ist vermutlich Opfer eines Millionenbetrugs geworden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen rund 20 Baufirmen sowie zwei Angestellte der Gewerkschaft Unia.
Zwischen Dienstag und Donnerstag dieser Woche seien in mehreren Kantonen Hausdurchsuchungen durchgeführt und Personen festgenommen worden, teilte die Behörde am Donnerstag mit. Laut bisherigen Erkenntnissen wurden der Arbeitslosenkasse offenbar eine grosse Anzahl von Arbeitern auf missbräuchliche Art gemeldet, indem falsche Angaben zu ihrem Anstellungsverhältnis gemacht wurden.
Konkret wurde der Caisse Cantonale de Chômage (CCC) angegeben, die genannten Arbeiter seien bei den mutmasslich am Betrugsfall beteiligten Baufirmen angestellt, obwohl dies nicht den Tatsachen entsprach. Dies habe es den gemeldeten Personen beziehungsweise den Unternehmen erlaubt, bei einem späteren Konkurs der Baufirmen und darauffolgender Zahlungsunfähigkeit auf missbräuchliche Art an Entschädigungszahlungen heranzukommen.
Durch den unrechtmässigen Bezug dieser Insolvenzentschädigungen gingen der Kasse vermutlich Millionen verloren, schreibt die Staatsanwaltschaft.
Die Gewerkschaft Unia teilte am Donnerstag mit, die Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt habe ein Verfahren gegen zwei ihrer Mitarbeiter eingeleitet, «wegen angeblicher Unregelmässigkeiten mit Geldern der kantonalen Arbeitslosenkasse».
Die Unia habe ein grosses Interesse daran, dass die Vorwürfe rasch und vollumfänglich aufgedeckt würden. Sie werde alle dafür notwendigen Informationen bereitstellen und eng mit den Behörden zusammenarbeiten.
Die Gewerkschaft hat die beschuldigten Angestellten freigestellt. Sollten die Vorwürfe zutreffen, will sie die beiden Mitarbeiter fristlos entlassen. Bis dahin gelte aber die Unschuldsvermutung, ruft die Unia in Erinnerung.
Zu den betroffenen Unternehmen macht die Staatsanwaltschaft keine Angaben. Der Waadtländer Branchenverband «entrepreneurs!» reagierte am Donnerstag umgehend auf die Bekanntmachung der Ermittlungen.
Ihres Wissens sei keines seiner Mitglieder in den mutmasslichen Betrugsfall involviert, hielt der Verband fest. Sollte das Gegenteil der Fall sein, müsse das Unternehmen ausgeschlossen werden.
Die Staatsanwaltschaft nahm ihre Ermittlungen zu diesem Fall bereits vor einem Jahr auf. Sie führt die Voruntersuchung gemeinsam mit den für Wirtschafts- und Finanzdelikte zuständigen Behörden.
Auslöser für die Untersuchung war der Moment, als Mitarbeitende der Arbeitslosenkasse im vergangenen Jahr auf Ungereimtheiten stiessen und ihren Verdacht dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) meldeten.
«Danach haben wir in Absprache mit dem SECO die Staatsanwaltschaft informiert», sagte der Vorsteher des Waadtländer Wirtschaftsdepartement, Philippe Leuba, auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Die Staatsanwaltschaft will erst am 2. Mai weitere Informationen zum Fall kommunizieren. (aeg/sda)