Die Ehe soll für homosexuelle Paare geöffnet werden, inklusive Zugang zur Adoption. Das will die Rechtskommission des Nationalrates. Den Zugang zur Samenspende für miteinander verheiratete Frauen stellt sie zur Diskussion.
Die Kommission hat mit 19 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung einen Gesetzesentwurf verabschiedet, welcher die wesentlichen Elemente zur Öffnung der Ehe für alle beinhaltet, aber keinen Zugang zur Samenspende.
Sie stellt in der Vernehmlassung allerdings auch eine Variante mit Zugang zur Samenspende zur Diskussion, wie die Parlamentsdienste am Donnerstag mitteilte. Eine knappe Mehrheit lehnt diese Variante ab: Die Kommission sprach sich mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung dagegen aus.
Heute steht die Samenspende nur gemischtgeschlechtlichen Ehepaaren offen. Die Kommission stellt zur Diskussion, mit einer Änderung des Zivilgesetzbuches die Samenspende auch miteinander verheirateten Frauen zu ermöglichen.
Die Gegnerinnen und Gegner argumentieren, dies würde zu einer Ungleichbehandlung zwischen lesbischen und schwulen Ehepaaren führen, da Eizellenspende und Leihmutterschaft verboten blieben. Ausserdem befürchten sie, dass die Kernvorlage damit überladen wäre und zu einem politischen Risiko für die Öffnung der Ehe werden könnte.
Der Gesetzesentwurf geht auf eine parlamentarische Initiative der Grünliberalen zurück. Heute steht die Ehe in der Schweiz nur heterosexuellen Paaren offen. Für gleichgeschlechtliche Paare besteht die Möglichkeit der eingetragenen Partnerschaft.
Diese ist aber nicht mit denselben Rechten und Pflichten verbunden. Unterschiede gibt es beispielsweise bei den Einbürgerungsvoraussetzungen. Zudem besteht in eingetragenen Partnerschaften kein Recht auf die gemeinschaftliche Adoption von Kindern. Künftig sollen die Bestimmen, die sich auf die Ehe beziehen, auch auf gleichgeschlechtliche Ehen Anwendung finden. So würden für alle dieselben Adoptionsbestimmungen gelten.
Neue eingetragene Partnerschaften gäbe es nicht. Jene, die bereits in eingetragener Partnerschaft leben, sollen das aber weiterhin tun dürfen. Sie sollen zudem die Möglichkeit erhalten, die Partnerschaft ohne bürokratische Hürden in eine Ehe umzuwandeln.
Die Kommission will in den nächsten Wochen die Vernehmlassung zum Gesetzesentwurf eröffnen. Die Weichen hatte sie bereits letztes Jahr gestellt. Sie beauftragte die Verwaltung, eine Vorlage auszuarbeiten, welche nur die wesentlichen Elemente zur Öffnung der Ehe enthält.
Damals traf sie auch den Grundsatzentscheid, auf eine Verfassungsänderung zu verzichten und die Umsetzung auf Gesetzesstufe anzugehen. In der Lehre wird kontrovers diskutiert, ob eine Verfassungsänderung nötig ist oder nicht.
Das Bundesamt für Justiz hatte sich in seinem Bericht zuhanden der Kommission auf den Standpunkt gestellt, dass eine Gesetzesänderung ohne Verfassungsänderung möglich ist.
Was den Zugang zu Verfahren der Fortpflanzungsmedizin betrifft, ist dies weniger klar. Gemäss vorherrschender Lehrmeinung beruhe der Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare von Fortpflanzungsverfahren direkt auf der Bundesverfassung, schrieb das Bundesamt.
Der Grund sei, dass der verfassungsrechtliche Begriff der Unfruchtbarkeit nur auf heterosexuelle Paare anwendbar sein könne. Damit würde der Zugang zur Fortpflanzungsmedizin für gleichgeschlechtliche Ehepaare in jedem Fall eine Verfassungsänderung bedingen.
Am Donnerstag hatten zwischen 50 und 100 Menschen auf dem Berner Bärenplatz demonstriert. Sie forderten, dass lesbische Frauen Zugang zur Fortpflanzungsmedizin erhalten. Zur Kundgebung aufgerufen hatte der Dachverband Regenbogenfamilien und mehrere weiterer Organisationen. Für lesbische Paare sei die Samenspende von grosser Bedeutung, betonten die Demonstrierenden. Sie sollte gleichzeitig mit der Einführung der «Ehe für alle» zugelassen werden. (kün/sda)