Die Kehrtwende ist spektakulär: Noch im Dezember wollte die FDP bei der Diskussion des CO2-Gesetzes im Nationalrat nichts wissen von Eckpunkten wie verbindlichen Reduktionszielen im Inland oder von einer Flugticket-Abgabe. Die FDP hat mit ihrer Politik die Vorlage im Parlament bachab geschickt. Teenager gingen bei den Klimademos aus Protest mit «FDP: Fuck de Planet»-Plakaten auf die Strasse.
Der Druck der Schüler wirkt bereits: Um die CO2-Vorlage zu retten, bietet Petra Gössi nun plötzlich doch Hand für ein Inlandziel und Abgaben auf Flugtickets: «Wir wollen eine wirksame Klimapolitik», sagt sie im Interview mit den Tamedia-Zeitungen. «Da ist es selbstverständlich, dass man die Politik anpassen kann.»
FDP-Vizepräsident Christian Wasserfallen hat aus der Zeitung von Gössis abruptem Klima-Schwenker erfahren. Er zeigt sich auf Twitter not amused. «Wir sind nicht für eine wirkungslose Flugticketabgabe», grätscht er seiner Präsidentin rein. Man müsse jetzt kühlen Kopf im Wahljahr bewahren.
Was man alles aus der Zeitung erfährt:
— Christian Wasserfallen (@cwasi) February 16, 2019
❌Wir sind nicht für wirkungslose #Flugticketabgabe. International handeln ist besser.
✅Kühlen Kopf im Wahljahr bewahren
✅Position im #CO2Gesetz halten & gezielt Kompromisse z.B. beim Inlandziel suchen
✅clevere Lösungen statt Verbote
Mit seinem Tweet kritisiert der einstige AKW-Enthusiast Gössi. Für weitere Ausführungen war Wasserfallen am Samstagnachmittag auf watson-Anfrage nicht erreichbar.
Politologe Mark Balsiger bezweifelt, dass der Kurswechsel der FDP für Erfolg bei den Wahlen sorgt: «Bis eine Neupositionierung beim Publikum ankommt, braucht es mehrere Jahre, vorausgesetzt, dass sie überzeugend vollzogen wurde», schreibt er auf Twitter.
Kurswechsel sind heikel: 2011 forcierte der damalige Präsident Fulvio Pelli eine echte Weissgeldstrategie. Die Basis (DV) stoppte sie, #FDP blieb die Partei der Banken. NR-Wahlresultat 2011: - 2.5%. https://t.co/ocaRzo3Z9K #Klimawandel #ZeichenDerZeit cc @DFoppa @Stefan_Haene
— Mark Balsiger (@Mark_Balsiger) February 16, 2019
Gössi kündigte im Interview zudem eine parteiinterne Debatte zur Klimapolitik an. Geplant sei, dass die FDP in den nächsten Wochen eine Befragung aller ihrer 120'000 Mitglieder durchführe. «Wir wollen von der Basis wissen, welche Ziele ihr in der Umweltpolitik wichtig sind.» Die Befragung solle Klarheit bringen in der Frage, wo die FDP umweltpolitisch überhaupt stehe. Klar ist für Gössi dabei bereits: «Wir unterstützen die Energiewende und fordern keine neuen AKW.»
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi wirft Gössi vor, sich «bei den Linken» anzubiedern:
Im Wahlkampfmodus biedert sich@FDP-Gössi bei Linken und Grünen an und schreckt nicht einmal vor einer Benzinpreiserhöhung zurück. Verlässliche Politik ist anders! Nur die SVP setzt sich konsequent für den Mittelstand ein #freiundsicher #SVPwählen pic.twitter.com/zBA33GOB3A
— Thomas Aeschi (@thomas_aeschi) February 16, 2019
Der Co-Kommunikationschef der CVP, Michaël Girod, sieht schon einen Boxkampf im FDP-Präsidium ...
#Wasserfallen Vizepräsident #FDP versus #Gössi Präsidentin: Round 1️⃣ pic.twitter.com/tEmuD7IJpb
— Michaël Girod (@micgirod) February 16, 2019
SP-Nationalrat Cédric Wermuth kauft der FDP die Strategie nicht ab.
Die @FDP_Liberalen kündigen eine Wende in der Klimafrage an. Wer's glaubt, wird selig. pic.twitter.com/AmqwUhZmRU
— Cédric Wermuth (@cedricwermuth) February 16, 2019
(amü)