In den letzten Jahren ist es ruhig geworden um die Anti-WEF-Bewegung. Kaum jemand mochte noch gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos demonstrieren.
Jetzt ist alles anders. Nachdem sich US-Präsident Donald Trump angekündigt hat, rechnen die Kapitalismusgegner mit Zulauf. Sie planen für Dienstag, den 23. Januar, eine Demonstration in Zürich. Dies sagte ein Sprecher der «Bewegung für den Sozialismus» auf Anfrage. «Wenn die Polizei uns das Recht auf freie Meinungsäusserung und Versammlung nicht verweigert, wird das die grösste Anti-WEF-Demonstration, welche die Schweiz seit langem gesehen hat», sagt er. Die Demonstration soll um 18 Uhr am Helvetiaplatz beginnen und über die Bahnhofstrasse führen. Die Stadtpolizei prüft zurzeit das Bewilligungsgesuch.
Die Demonstration steht unter dem Motto «Trump not welcome». Der Besuch von Trump spielt den Aktivisten in die Hände. In den letzten Jahren griff das WEF Themen wie Umweltverschmutzung oder Geschlechterungleichheit auf und nahm den Demonstranten damit den Wind aus den Segeln. Nun haben sie wieder ein Feindbild. Gemäss der «Bewegung für den Sozialismus», die das Gegenforum «das andere Davos» organisiert, zeige das WEF sein «wahres Gesicht». Dass der Mann eingeladen werde, der aus dem Pariser Klimaabkommen ausstieg und als notorischer Sexist bekannt sei, spreche Bände.
Schon diesen Samstag ist in Bern eine Demonstration gegen das WEF angekündigt. Auch die dortigen Aktivisten rechnen mit Zulauf. «In der Tat erwarten wir mehr Leute an der Demo vom Samstag», schreibt die «Revolutionäre Jugend Gruppe» in einem E-Mail. Zudem rechnen die Linksaktivisten mit «weiteren Aktionen und einem breiten Kampf gegen Trumps neoliberale Agenda». Die Aktivisten legen Wert darauf, dass der Besuch von Trump nichts an ihrer generellen Kritik am WEF ändere. Zwischen den Zeilen liest man den Ärger der eingefleischten Revolutionäre über Schönwetteraktivisten, die nur auf die Strasse gehen, wenn dank dem Promifaktor die Publizität stimmt. Tatsächlich scheint Trump auch die institutionelle Linke wieder hinter dem Ofen hervorzulocken. Zumindest im Internet überbieten sich Sozialdemokraten mit Anti-Trump-Rhetorik.
Ehemalige und aktuelle Jungsozialisten von Cédric Wermuth über Fabian Molina bis Tamara Funiciello wollen Trump gar nicht erst landen lassen. Schliesslich habe man schon anderen Hasspredigern die Einreise verweigert. Auf einer Kampagnenwebsite kamen indes am Dienstag gegen 3000 Unterschriften gegen den Besuch von Trump zusammen. Auch Bündner Sozialdemokraten empören sich über Trump. Ob sie aber auch auf die Strasse gehen, ist noch nicht klar. In Davos selber wurde bisher noch keine Demonstration angemeldet, wie der Davoser Landschreiber Michael Straub auf Anfrage sagt. Er gibt aber zu bedenken, dass Kundgebungen bis spätestens 48 Stunden vor dem Anlass angemeldet werden können. «Es ist also durchaus möglich, dass noch Anfragen beziehungsweise Gesuche eingehen», so Straub. Dem Kleinen Landrat, der Regierung der Gemeinde Davos, sei es wichtig, dass Demonstrations- beziehungsweise Meinungsäusserungsrechte in Davos auch während der Woche des WEF gelten.
Allerdings ist wenig wahrscheinlich, dass ein klassischer Demonstrationsumzug bewilligt wird. In den letzten fünf Jahren kam dies nie mehr vor. Die Davoser Behörden argumentieren mit der Sicherheit. Die beiden Hauptstrassen in Davos würden als Rettungsachse für Spital, Feuerwehr und Polizei benötigt. In der Regel werden darum nur Kundgebungen auf dem Postplatz ausser Hör- und Sichtweite des Kongresszentrums bewilligt. Der WEF-Ausschuss des Kantons Graubünden gibt sich angesichts wahrscheinlicher Proteste gelassen. Man sei vorbereitet. In die Karten blicken lassen will man sich nicht. In früheren Jahren baute die Polizei in Fideris einen Checkpoint auf, um Demonstranten zu filzen. «Eine Schleuse in Fideris wäre eine mögliche Massnahme und könnte kurzfristig eingerichtet werden», sagt André Kraske vom WEF-Ausschuss auf Anfrage.