Schweiz
Interview

Sommaruga spricht sich an der Pride für die Ehe für alle aus

Federal Councillor Simonetta Sommaruga speaks during the "Pride Ouest Berne" in the city of Bern, Switzerland, Saturday, August 26, 2017. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Bild: KEYSTONE
Interview

Sommaruga zur Ehe für alle: «Da fragt man sich schon: Worauf warten wir eigentlich noch?»

In Bern demonstrierten heute bis zu 10'000 an der «Pride Oest 2017». Bundesrätin Simonetta Sommaruga sprach sich in einer Rede auf dem Bundesplatz für die Ehe für alle aus. Im Interview erklärt sie, warum es diese in der Schweiz noch immer nicht gibt.
26.08.2017, 20:1027.08.2017, 15:02
Mehr «Schweiz»

In Bern demonstrierten am Samstag Schwule, Lesben, Bi-, Trans- und Intersexuelle an der «Pride Ouest 2017» für eine vielfältige Gesellschaft. Laut den Organisatoren kamen auf allen acht Eventplätzen 8'000 bis 10'000 Menschen zusammen.

Die «Pride Ouest 2017» hatte am Freitag begonnen und dauert noch bis Sonntag. Sie steht unter dem Motto «The Power of Diversity», also etwa «Die Stärke der Vielfalt». Die Veranstaltung soll aufzeigen, dass Vielfalt ein Plus sein kann.

Auf dem Bundesplatz wandte sich Bundesrätin Simonetta Sommaruga an die Demonstrierenden. In ihrer Rede sprach sie sich für die Ehe für alle aus. Sie sagte, selbst das katholische Irland habe aufgehört, Homosexuelle bei der Ehe zu diskriminieren. «Da fragt man sich schon: Worauf warten wir eigentlich in der Schweiz noch?»

epa06164832 Participants attend the 'Pride Ouest Berne', in Bern, Switzerland, 26 August 2017. This year's slogan is 'The Power of Diversity.' EPA/PETER KLAUNZER
Bild: EPA/KEYSTONE

Im Interview mit watson sagt Sommaruga, warum es so lange dauert, bis auch in der Schweiz Homosexuelle endlich heiraten dürfen.

Frau Bundesrätin, im Parlament haben sich Meinungen zu Homo-Ehe und Stiefkindadoption in den letzten Jahren verändert. Sogar SVP-Männer Thomas Hurter oder Mauro Tuena sprechen sich für eine Ehe für alle aus. Rücken wir damit in die Nähe einer baldigen Legalisierung der Ehe für homosexuelle Paare?
Simonetta Sommaruga: Die Gesellschaft hat sich verändert und das wirkt sich auf die Politik aus. Viele haben erkannt, dass mit der «Ehe für alle» niemandem etwas weggenommen wird: Wer heiraten will, kann das weiterhin tun. Und warum sollen das nicht auch homosexuelle Paare tun können? Es ist ein wichtiger Weg, den das Parlament eingeschlagen hat. Aber es braucht noch etwas mehr Zeit.

Aber worauf warten wir dann noch? Das fragten Sie sich in Ihrer heutigen Rede selbst. 
Inzwischen dürfen Homosexuelle ja in 14 europäischen Staaten heiraten, jetzt auch in Deutschland und sogar im katholischen Irland. In der Schweiz sind wir auf dem richtigen Weg, und es ist in diesem Fall das Parlament, das das Tempo für die Verwaltung vorgibt.

Ärgert es Sie, dass dies in der Schweiz länger dauert, als in unseren Nachbarländern?
Es ist eine Realität, dass die Schweiz in gewissen Dingen langsamer ist, als unsere Nachbarländer. Das ist unser politisches System.

Sie sprachen heute auch an, dass es inakzeptabel ist, dass noch heute Homosexuelle angefeindet werden. Doch gerade kürzlich wurde in der Schweiz beschlossen, dass auf die Einführung einer Statistik über Straftaten gegen Homosexuelle verzichtet werden soll. Warum tut sich da nichts?
Der Bundesrat hat die Einführung einer Statistik über Straftaten gegen Homosexuelle positiv beurteilt. Nur hat dann die Mehrheit der Kantone gesagt, dass sie nicht in der Lage seien, die Daten für eine solche Statistik zu liefern.

«Für mich ist diese Diskussion aber noch nicht gelaufen. Der Bundesrat hat diesbezüglich ein klares Signal gesendet.»

Bräuchte es da nicht den Effort der Politik, um da nochmals nachzuhaken?
Ohne diese Daten der Kantone gibt es nun mal keine Statistik. Für mich ist diese Diskussion aber noch nicht gelaufen. Der Bundesrat hat diesbezüglich ein klares Signal gesendet. Und wer weiss, vielleicht kommen die Kantone ja auf ihren Entscheid zurück. Ich würde das begrüssen.

Wann wird es homosexuellen Paaren in der Schweiz möglich sein, Kinder zu adoptieren?
Neu ist in der Schweiz die Stiefkindadoption möglich. Gegen diesen Entscheid wurde kein Referendum ergriffen. Das zeigt, wie selbstverständlich dieses Anliegen ist. Bei der anstehenden Diskussion über die Ehe für alle werden wir auch über die Volladoption diskutieren. Es liegt nun am Parlament, darüber zu beraten. Zuerst müssen aber noch verschiedene offene Fragen geklärt werden. Zum Beispiel welche anderen Gesetze für die Ehe für alle noch geändert werden müssen. Das Bundesamt für Justiz klärt das zurzeit im Auftrag des Parlaments.

Hat die Schweiz ein Homophobie-Problem?

Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
51 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Julian2001
27.08.2017 10:28registriert Februar 2017
Warum verstehen (hauptsächlich konservative) Leute immer noch nicht, dass man mit der ,,Ehe für alle'' niemandem etwas wegnimmt oder benachteiligt..? Es spielt doch keine Rolle ob sich eine Frau und ein Mann, oder eine Frau und eine Frau, oder ein Mann und ein Mann lieben...
#LoveIsLove
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Aufeinwort
27.08.2017 11:18registriert August 2017
Ich bin absolut für die Ehe für alle. Weshalb sollen es die besser haben, als wir Verheirateten?
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
pamayer
27.08.2017 11:28registriert Januar 2016
«Da fragt man sich schon: Worauf warten wir eigentlich noch?»

Dem ist nichts beizufügen.
11
Melden
Zum Kommentar
51
Hunderttausende Katzen nicht registriert – jetzt prüft der Bund eine Chip-Pflicht

In der Schweiz leben derzeit rund zwei Millionen Katzen – damit sind sie das beliebteste Haustier des Landes. Die genaue Anzahl Büsis im Land ist allerdings unklar. Etwa weil vermutet wird, dass es Hunderttausende streunende Tiere gibt. Vor allem aber, weil Katzen im Gegensatz zu Hunden nicht gechippt und damit nicht registriert sind.

Zur Story